Auzug:
Wir sind stolz, in einem Land zu leben, in dessen Grundgesetz, Art. 1, I es heißt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ (…) Und doch werden Sie am kommenden Wochenende in ein Land reisen, daß seit 1967 palästinensisches Territorium besetzt und seit ebenso langer Zeit ein riesiges Gefängnis für die Menschen ist. Die tagtäglichen Menschenrechts- und Völkerrechtsverletzungen sind in der Region fast beispiellos.
Hier folgt der gesamte offene Brief:
Bundeskanzleramt
Frau Dr. Angela Merkel
Bundeskanzlerin
Willy-Brandt-Platz 1
11011 Berlin
Berlin, 14. März 2008
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
Wir sind stolz, in einem Land zu leben, in dessen Grundgesetz, Art. 1, I es heißt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Und haben Sie, Frau Bundeskanzlerin, nicht erst kürzlich auf einem Symposium der Konrad-Adenauer-Stiftung betont, daß „unsere Wertvorstellungen nicht an unseren Grenzen oder den Grenzen der Europäischen Gemeinschaft enden dürfen?
Und doch werden Sie am kommenden Wochenende in ein Land reisen, daß seit 1967 palästinensisches Territorium besetzt und seit ebenso langer Zeit ein riesiges Gefängnis für die Menschen ist. Die tagtäglichen Menschenrechts- und Völkerrechtsverletzungen sind in der Region fast beispiellos. Westbank und Gaza-Streifen weisen nunmehr den Charakter eines Guantanamo auf, dessen Bewohner de facto in einem Rechtsvakuum leben.
Kontinuierlich mißachtet Israel seit vier Jahrzehnten sämtliche UN-Resolutionen. Wurden nicht in der vergangenen Woche abermals neue Siedlungspläne bekannt gegeben? In Jerusalem sollen Siedlungen, wie Givat Seev oder Pisgat Seev um insgesamt 750 neue Wohnungen erweitert werden, gleiches wurde zuvor in Gabal Abu Gneim angekündigt – und das nur drei Monate nach der Friedenskonferenz von Annapolis.
Hat nicht der Internationale Gerichtshof in Den Haag die Mauer, die Israel in der Westbank auf palästinensischem Gebiet errichten läßt, für völkerrechtswidrig erklärt und bestimmt, das diese abzubauen ist? Während Sie, Frau Bundeskanzlerin, diese Zeilen lesen, sind fast 70% dieses perfiden Monstrums fertig gestellt – inklusive einer genozidaler Politik der Landannektierung, Vertreibung und ethnischen Säuberung.
Muß nicht auf einer Fläche von 5.860m² die palästinensische Bevölkerung permanent Schikanen, Erniedrigungen, Entwürdigungen an den rund 580 israelischen Checkpoints über sich ergehen lassen? Massaker, Mißhandlungen und Entführungen gehören ebenso zum Alltag. Sind nicht noch immer mehr als 10.000 Palästinenser, darunter ein Drittel Frauen und Kinder, in israelischen Gefängnissen inhaftiert? Wurde nicht Israel mehrfach aufgefordert, die in freien und demokratischen Wahlen – übrigens von der Roadmap vorgesehen – gewählten Parlamentarier unverzüglich freizulassen?
Kein palästinensischer Bauer kann, während Sie, Frau Bundeskanzlerin, diese Zeilen lesen, ohne Angst vor Besatzern und gewaltbereiten Siedlern sein Feld bestellen! Keine in Not geratene Frau ist sicher, während Sie diese Zeilen lesen, daß sie das rettende Krankenhaus rechtzeitig erreichen wird! Und wirklich keine palästinensische Familie weiß, während Sie diese Zeilen lesen, ob Sie das verbliebene Land auch morgen noch ihr Eigentum nennen, Kinder in die so wichtigen Lehr- und Bildungseinrichtungen gehen können und ob alle Familienmitglieder unversehrt sind.
Israelischer Friedensrhetorik müssen endlich auch Friedenstaten folgen!
In seinem vor rund zwei Wochen dem UN-Menschenrechtsrat vorgelegten Bericht stellt Rechtsprofessor John Dugard fest, daß es außer Israel keine andere mit dem Westen verbündete Regierung gibt, die einem Volk Selbstbestimmung und Menschenrechte derart verwehrt. Kolonisation, Apartheid und Okkupation – diese Politik verfolgt Israel bis heute in der Westbank und im Gaza-Streifen. Zudem ermöglicht die technologische Entwicklung, die Menschen in Gaza auch ohne permanente militärische Präsenz zu kontrollieren – dank israelischer Hoheit über Luft, Wasser und die Grenzen in und um den abgeriegelten Küstenstreifen.
Seit der israelischen Abkoppelung im August 2005 müssen nunmehr rund 1,5 Millionen Palästinenser im abgeschotteten, gefangenen und besetzten Gebiet des Gaza-Streifens ausharren – unmenschlich grausame Besatzungspolitik erstickt jeglichen Hoffnungsschimmer der heranwachsenden Generation. Nicht minder schrecklich sind die israelischen Angriffe auf palästinensische Zivilisten, Frauen und Kinder. Und während Sie diese Zeilen lesen, betrauern wieder Familien die jüngsten Opfer dieser Aggressionen.
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
mehr denn je benötigt das palästinensische Volk internationalen Schutz und Begleitung! Helfen Sie mit, UN-Resolutionen umzusetzen, eine dauerhafte Friedenslösung auf Basis des Völkerrechts zu ebnen und einen lebensfähigen souveränen Staat Palästina im Gaza-Streifen und in der seit 1967 besetzten Westbank, einschließlich Ost-Jerusalem fest zu verankern.
Erinnern Sie Israel daran, daß die Vorgaben der Roadmap, wie auch in Annapolis bestätigt, umgesetzt werden müssen! Ein dauerhafter Friede in der Region setzt voraus, daß auch das palästinensische Volk ein Leben in Achtung und Würde führen kann. Und letztendlich möchten wir Sie erinnern, daß Wertvorstellungen nicht an den Grenzen der Bundesrepublik oder den Grenzen der Europäischen Gemeinschaft enden dürfen.
Hochachtungsvoll
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Die palästinensische Gemeinde Berlin e.V.
Palästinensische Studenten Vereinigung in Berlin
Verein palästinensischer Ingenieure in Berlin
Palästinensische Ärzte und Apotheker Verein in Berlin
Dr. Nabil Bushnaq
Palästinensische Gemeinde Koblenz e.V.
Palästinensische Gemeinde Stuttgart e.V.
Nachtrag:
Treffend, passend und sehr empfehlenswert ist auch der Artikel von Anis Hamadeh:
Und hierzu Merkels Antwort.
Wohl unter so vielem Anderen das schaebigste was dieses Frau bisher losgelassen hat.
http://jakester-express.blogspot.com/2008/03/schlagzeilen-neues-premierminister-in.html
Gruss J.
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Der Datenscheich:
Ja, danke!!
Dazu paßt auch aktuelle die Haarez-Anzeige von Gush Shalom / Uri Averny:
Kanzlerin Merkel
Made a pilgrimage to Israel
And groveled before
Olmert and Barak.
Before and after her,
Other world leaders
Did the same
They did not do
Any good to Israel.
They hurt it.
Real friends of Israel
Would not encourage
Olmert and Barak
To continue on a road
That leads to disaster.