vonHans Cousto 07.03.2014

Drogerie

Aufklärung über Drogen – die legalen und illegalen Highs & Downs und die Politik, die damit gemacht wird.

Mehr über diesen Blog

In Deutschland wurden im Jahr 2012 gemäß Statistik des Bundesamtes für Justiz insgesamt 23.687 Anordnungen zur Überwachung der Telekommunikation einer Person richterlich genehmigt. 10.944 Fälle davon (46,2%) betrafen den Drogenhandel. Im Jahr 2000 gab es insgesamt 7.512 Anordnungen zur Überwachung der Telekommunikation, davon betrafen 1.994 den Drogenhandel (26,5%). Die Zahl aller Überwachungen hat im Zeitraum von 2000 bis 2012 um 215,3% zugenommen, die bezüglich Drogenhandel sogar um 448,8%. Im gleichen Zeitraum hat jedoch die Zahl der erfassten Delikte betreffend illegaler Handel mit und Schmuggel von Drogen gemäß § 29 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) von 70.256 auf 45.040 abgenommen. Dies entspricht einer Abnahme um 35,9%. Die Zahl der erfassten Delikte betreffend illegale Einfuhr von Drogen gemäß § 30 BtMG (in nicht geringer Menge) sank im gleichen Zeitraum von 6.338 auf 2.627, was einer Abnahme um 58,6% entspricht.

Die Zahl der allgemeinen Verstöße gemäß § 29 BtMG (Erwerb und Besitz von Drogen für den Eigenbedarf), bei denen aus rechtlichen Gründen keine Überwachung der Telekommunikation zulässig ist, ist im besagten Zeitraum von 163.541 auf 173.337 angestiegen, was einer Zunahme um 6,0% entspricht. Es ist schon bemerkenswert, dass dort, wo eine Überwachung der Telekommunikation nicht zulässig ist, eine Zunahme der erfassten Delikte zu verzeichnen ist und dort, wo sie durchgeführt wird, eine Abnahme der erfassten Delikte registriert werden musste.

TKÜ-Anordnungen aufgrund von Drogendelikten, Zeitreihe 2000 bis 2012 für Deutschland

Abbildung 1 zeigt die Zeitreihe von 2000 bis 2012 der jährlichen Anzahl der Anordnungen zur Überwachung der Telekommunikation aufgrund von Drogendelikten in Deutschland.

Seit Jahren wird in der Diskussion bezüglich Überwachung der Telekommunikation seitens der Politik immer wieder das Thema Kinderpornographie in den Fokus der Argumentation gerückt. Mit 61 Fällen (0,3% aller Fälle) im Jahr 2012 spielt die Kinderpornographie in der Praxis der Überwachung jedoch nur eine marginale Rolle. Im Jahr 2011 gab es hier sogar nur 20 Fälle (0,1% aller Fälle). Die Verlautbarungen aus Regierungskreisen zur Notwendigkeit der Etablierung von immer neuen Maßnahmen zur Überwachung der Bürger haben wenig zu tun mit der real existierenden Überwachungspraxis.

TKÜ-Anordnungen 2012 gemäß § 100a StPO

Abbildung 2 zeigt die Anlässe für die Überwachung der Telekommunikation in Deutschland 2012. Ganz oben auf Rang 1 sind die Drogendelikte. Delikte im Zusammenhang mit Kinderpornographie erscheinen an zweitletzter Stelle auf Rang 23 dieser Graphik.

In den einzelnen Bundesländern wird die Überwachung der Telekommunikation sehr unterschiedlich oft eingesetzt. Spitzenreiter ist Hamburg mit 9,1 Überwachungen pro 10.000 Einwohner, im benachbarten Schleswig-Holstein sind es hingegen nur 0,5 pro 10.000 Einwohner, im Bundesdurchschnitt 2,9.

TKÜ Vergleich Bundesländer 2012

Abbildung 3 zeigt die Häufigkeit der Telekommunikationsüberwachung der Bundesländer im Jahr 2012.

Die Zahl der abgehörten Anschlüsse ist größer als die Zahl der Anordnungen, da bei einer Anordnung sowohl ein Festnetzanschluss als auch ein Handy und ein Internetanschluss betroffen sein können. In den fünf Jahren von 2008 bis 2012 stieg die Zahl der überwachten Anschlüsse von 18.320 auf 28.482 (+55,5%), wobei der Anstieg bei den Festnetzanschlüssen am geringsten ausgefallen ist. Er stieg in diesem Zeitraum von 3.821 auf 3.960 (+3,6%), gefolgt von Handys mit einem Anstieg von 13.838 auf 20.034 (+44,8%) und Internetanschlüssen mit einem Anstieg von 661 auf 4.488 (+579,0%).

Abhör-Rekord in der Schweiz

Am 3. März 2014 veröffentlichte der Tagesanzeiger in Zürich unter dem Titel Strafverfolger brechen Abhör-Rekord“ eine Auswertung der Daten des Dienstes zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs. Im Jahr 2013 wurden 3.945 Anordnugen für Echtzeit-Lauschangriffe umgesetzt. 1.756 (44,5%) davon betrafen Drogengeschäfte.

Insgesamt stieg die Zahl der Abhörmaßnahmen von 2012 bis 2013 um 712 Fälle (+22,0%). Im Jahr 2013 wurden in der Schweiz 5,0 Abhörmaßnahmen pro 10.000 Einwohner registriert. Spitzenreiter war der Kanton Genf mit 17,2 Abhörmaßnahmen pro 10.000 Einwohner, gefolgt von den Kantonen Zürich, Waadt und Zug.

TKÜ in Schweizer Kantonen

Abbildung 4 zeigt die Rangfolge der Kantone, in denen am häufigsten abgehört respektive mitgelesen wird.

Wie auf den Seiten des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes (EJPD) zu lesen ist, will die Regierung in der Schweiz mittels einer Totalrevision des Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) die Überwachung massiv ausweiten. Das neue Bundesgesetz soll die Installation von Staatstrojanern auf Computern und Mobiltelefonen erlauben, sowie die Speicherung auf Vorrat aller Verbindungsdaten während 12 Monaten (E-Mail, Handy, IP-Adressen, usw.) sowie eine intrusive Überwachung der Mobiltelefonie mittels IMSI-Catchern ermöglichen. Gegen diese Pläne des Bundes gibt es aber Widerstand. Eine Allianz von Internet-Providern, Privatsphäre-Aktivisten und Politikern hat bereits das Referendum angekündigt, sollte das Parlament das neue Gesetz gutheißen.

Der drohende massive Eingriff in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger hat die Piratenpartei der Schweiz dazu veranlasst, eine Online-Petition gegen die geplante Revision des BÜPF zu lancieren. Die Petition ist unter http://buepf.ch erreichbar.

Petition Stopp BÜPF, NEIN zum Überwachungsstaat!

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/drogerie/2014/03/07/abhorrekorde-beim-drogenhandel/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert