vonHans Cousto 09.08.2016

Drogerie

Aufklärung über Drogen – die legalen und illegalen Highs & Downs und die Politik, die damit gemacht wird.

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LSD wird heute meist in Form von kleinen Papiertrips (beispielsweise mit Comicmotiven oder traditionellen Symbolen) auf dem Schwarzmarkt angeboten. Auf einem Trip sind durchschnittlich 70 bis 80 Mikrogramm (1 Mikrogramm = 1 Millionstel Gramm) LSD aufgeträufelt. Der Gehalt der Trips kann aber zwischen 25 und 250 Mikrogramm LSD schwanken. Besonders hoch dosiert sind meistens die in sehr kleinem Format zubereiteten Mikrotabletten (Micros). Sie enthalten nicht selten 200 bis 250 Mikrogramm LSD.

In den letzten Jahren ist es immer wieder vorgekommen, dass Trips, die in Form von Pappen (Filzli) dargeboten wurden, kein LSD, sondern andere psychotrop wirkende Substanzen enthielten. Dabei handelte es sich zumeist um sogenannte NBOMes oder um DOC (2,5-Dimethoxy-4-chloroamphetamin). NBOMes wirken wie LSD bereits nach der Einnahme von 50 Mikrogramm, DOC nach Dosierungen von 0,5 Milligramm = 500 Mikrogramm. Bei DOC sind 7 Milligramm schon eine extrem hohe Dosis.

25I-NBOMe und andere NBOMes

Die meisten bekannten NBOMes sind N-Benzyl-Derivate der sogenannten 2C-X-Stoffgruppe. Die Bezeichnung für diese psychedelischen Phenethylamine stammt von Alexander Shulgin. Er führte den Begriff ein, weil die Moleküle zwei Kohlenstoffatome (2C) zwischen dem Benzolring und der Aminogruppe enthalten. Wird nun die Aminogruppe mit 2-Methoxybenzyl ergänzt, erhält man ein sogenanntes NBOMe. Die Buchstaben „NB“ stehen für N-Benzyl und die Buchstaben „OMe“ sind eine Abkürzung für die Methoxygruppe.

Da die hier beschriebenen psychedelischen Phenethylamine an der zweiten und fünften Position des Benzolrings eine Methoxygruppe besitzen, werden die N-Benzyl-Derivate nicht nur als 2C-X-NBOMes sondern auch als 25X-NBOMes bezeichnet, wobei hier das X variabel für beispielsweise ein Iod-, Chlor- oder Bromatom steht. In Trips wurden bisher u.a. folgende NBOMes vorgefunden:

25I-NBOMe = 2C-I-NBOMe
2-(4-Iod-2,5-dimethoxyphenyl)-N-[(2-methoxyphenyl)methyl]ethanaminwieder

25C-NBOMe = 2C-C-NBOMe
2-(4-Chloro-2,5-dimethoxyphenyl)-N-[(2-methoxyphenyl)methyl]ethanamin

25B-NBOMe = 2C-B-NBOMe
2-(4-Bromo-2,5-dimethoxyphenyl)-N-[(2-methoxyphenyl)methyl]ethanamin
Abbildung 1 zeigt die Substanzen, die auf Papiertrips im Jahr 2016 vorgefunden wurden, die kein LSD enthielten. Datenquelle: Warnungen von Safer Party in Zürich.Abbildung 1 zeigt die Substanzen, die auf Papiertrips im Jahr 2016 vorgefunden wurden, die kein LSD enthielten. Datenquelle: Warnungen von Safer Party in Zürich.

Die Papiertrips, auf denen bei der chemischen Analyse NBOMes gefunden wurden, waren alle „korrekt“ dosiert – dies gilt nicht nur für die analysierten Proben aus diesem Jahr, sondern auch für die Proben aus dem Jahr 2015. Wenn jemand also nach der Einnahme eines Papers bemerkt, dass die empfundene Wirkung nicht derjenigen von LSD entspricht, muss man also nicht gleich in Panik geraten. Es sei hier aber angemerkt, dass wenn man den Papiertrip schnell herunterschlickt, dann kann die Wirkung stark verzögert eintreten. Generell sollten NBOMes auf Papiertrips sublingual eingenommen werden und nicht geschluckt werden. In der Pharmazie bezeichnet sublingual, auch perlingual, eine Verabreichungsform von Medikamenten durch Absorption durch die Zungen- und Mundschleimhaut und Wangeninnenflächen. Hierbei wird das einzunehmende Medikament, meist in Tablettenform, unter die Zunge gelegt, bis es sich auflöst. Bei der sublingualen Einnahme gelangt der Wirkstoff schneller in den Blutkreislauf, da das venöse Blut aus der Mundschleimhaut direkt in die obere Hohlvene fließt. Bei der oralen Einnahme muss der Wirkstoff erst die Leber passieren, um in den großen Kreislauf zu gelangen, wobei er eventuell chemisch verändert wird. Dies ist bei der sublingualen Einnahme nicht der Fall, die Leber wird umgangen.

Im Gegensatz zu LSD, wo eine Überdosierung zwar einen heftigen Trip hervorrufen kann, jedoch kaum zu einer körperlichen Schädigung führt, ist bei den NBOMES Vorsicht geboten. Überdosierungen können sehr unangenehme Nebenwirkungen hervorrufen und zum Tode führen. Diese Gefahr ist besonders groß, wenn die NBOMes als Substanzgemisch in Pulverform vorliegen. So wurde in Innsbruck im Juli 2016 ein Pulver analysiert, das als 2C-E zur Analyse gebracht wurde. Tatsächlich enthielt das Pulver u.a. 25I-NBOMe (573 mg/g), 25H-NBOMe (12 mg/g) und 25C-NBOMe (10 mg/g). Ein Gramm dieses Pulvers entspricht somit der Menge von 500 fetten Portionen NBOMes. Beim Hauptwirkstoff der analysierten Probe-25I-NBOMe-handelt es sich um jene Substanz nach deren Konsum am Silvesterabend in Innsbruck 13 Personen mit Symptomen einer Überdosierung (Herzrasen, Krämpfe, Agitiertheit, Angst- und Panikattacken, Paranoia, Zittern, unwillkürliche Muskelkontraktionen etc.) ins Krankenhaus eingeliefert wurden.
Abbildung 2 zeigt die üblichen Dosierungen von LSD und 25C-NBOMes und 25I-NBOMe mit Angabe der Wirkungsintensität. Abbildung 2 zeigt die üblichen Dosierungen von LSD und 25C-NBOMes und 25I-NBOMe mit Angabe der Wirkungsintensität.

NBOMes wirken körperlich und geistig stimulierend, stimmungsaufhellend bis euphorisierend, psychedelisch und halluzinogen. Der allgemeine Bewusstseinszustand ändert sich und es werden u.a. die auditiven, visuellen und taktilen Sinneswahrnehmungen intensiviert und verfremdet bis hin zu echten Halluzinationen. NBOMes intensivieren und verfremden die sinnliche Wahrnehmung wie andere Psychedelika. Nicht selten ist man sehr intensiven optischen Halluzinationen ausgesetzt. Die von den Augen wahrgenommene Umwelt wird vom Gehirn in andere Formen, Farben und Bilder uminterpretiert. Aber auch Gehör-, Geruchs-, Geschmacks- und Tastwahrnehmungen werden intensiver erlebt als gewöhnlich und sind zum Teil außerordentlich stark verändert. Es kann manchmal auch zu Synästhesien kommen, das sind Überlagerungen der Sinne. Man glaubt dann beispielsweise, Töne in besonders bunten Farben zu sehen und Musik zu erfühlen.

Die Befindlichkeit, die Stimmung und die Gefühle können sich zum Teil abrupt verändern. Fröhliches Kichern kann plötzlich in Angst und Entsetzen umschlagen und umgekehrt. Wenn man sich gut fühlt und sich gut auf seinen Trip vorbereitet hat (Set) und man sich für seinen Trip eine gute Umgebung mit (einem) vertrauten Menschen ausgesucht hat (Setting), ist die Wahrscheinlichkeit, dass einen plötzlich Angstzustände überkommen, äußerst gering. Nimmt man hingegen seinen Trip planlos und völlig unvorbereitet, dann kann es schon passieren, dass ein unerwünschter Stimmungsumschwung den Trip plötzlich völlig verdirbt.

Die NBOMes wurden erst nach der Jahrtausendwende synthetisiert. Es gibt deshalb wenig Literatur und Erfahrungsberichte zu diesen Substanzen. Mit die präzisesten Berichte findet man bei Nitemares Substanzinfos im Forum von Eve & Rave Schweiz.

DOC
2,5-Dimethoxy-4-chloroamphetamin
1-(4-Chloro-2,5-dimethoxy-phenyl)propan-2-amin

DOC ist bei Psychonauten nicht sonderlich beliebt, obwohl es starke visuelle Effekte (bei offenen und geschlossenen Augen), Euphorie und eine intensivierte Wahrnehmung von Musik und Bewegungen hervorruft, da es einerseits oft anstrengend lange wirkt (bis zu 20 Stunden) und andererseits nicht selten zu Brustschmerzen, Gefäßverengungen und Übelkeit führt. Die übliche Dosierung liegt zwischen 0,5 und 6 Milligramm, der Wirkungseintritt erfolgt bei oraler Einnahme (geschluckt) nach einer bis drei Stunden und die Wirkung hält 10 bis 20 Stunden an.

Vergleiche hierzu in diesem Blog

[12.04.2013] LSD-Falsifikate im Umlauf

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https://blogs.taz.de/drogerie/2016/08/09/trips-die-nbomes-statt-lsd-enthalten/

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