vonHans Cousto 25.05.2017

Drogerie

Aufklärung über Drogen – die legalen und illegalen Highs & Downs und die Politik, die damit gemacht wird.

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Ende Mai, wenn die Nächte nicht mehr so kalt sind, beginnt die Zeit für Partys unter freiem Himmel. Dabei wollen viele Menschen ihre Eindrücke mittels Partydrogen verstärken und so werden auf den Partys Pillen, Pappen, Pulver und Tropfen mit psychotrop wirkenden Substanzen eingenommen. Dies gilt sowohl für Privatpartys im Freundeskreis wie auch für große Festivals. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten, da der Reinheitsgehalt der am häufigsten konsumierten Partydrogen in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist.

In Österreich und in der Schweiz werden Partydrogen laufend im Rahmen von Drug-Checking-Programmen analysiert und in der Folge wird vor hoch- oder extrem hochdosierten Pillen und sehr reinen Pulver gewarnt. Im Frühling werden dann die Statistiken zum Vorjahr veröffentlicht. In Deutschland gibt es keine solche Programme und die Analysen des Bundeskriminalamtes werden zumeist erst im Dezember des Folgejahres der Analysen bekannt gegeben.

Im April wurden auf dem Internetportal von saferparty in Zürich und von Ckeckit! in Wien die Auswertungen der Daten veröffentlicht. Der Trend: Ecstasypillen sind immer häufiger hoch bis extrem hoch dosiert, Amphetamin und Kokain enthalten mehr Wirkstoff als in den Jahren zuvor. Auch in Deutschland ist ein ähnlicher Trend zu beobachten, allerdings wurden erst im Dezember 2016 die Daten für 2015 veröffentlicht. Die Daten für 2016 aus Deutschland sind noch nicht verfügbar. In Sachen Drogenaufklärung, Konsumentenschutz und Schadensminderung sind die Österreicher und die Schweizer im Vergleich zu Deutschland einfach schneller und besser.

Ecstasy

Mehr als drei Viertel (75,3%) der 2016 in der Schweiz analysierten Ecstasy-Tabletten enthielten über 120 mg MDMA-HCl (MDMA-Hydrochlorid). Seit 2011 wurden vermehrt extrem hoch dosierte Tabletten (>160 mg MDMA) getestet. Über 120 mg MDMA-HCl können zu viel sein, da Nebenwirkungen wie Kiefermahlen, Augen- und Nervenzucken, bis hin zu Krampfanfällen verstärkt auftreten können. Vergleiche hierzu: Extrem hoch dosierte Ecstasy-Pillen im Umlauf.

Die Abbildung zeigt die Entwicklung des MDMA-Gehaltes in Ecstasy-Tabletten von 2007 bis 2016 in der Schweiz. Grafik: DIZ/saferparty, Zürich

Abbildung 1 zeigt die Entwicklung des MDMA-Gehaltes in Ecstasy-Tabletten von 2007 bis 2016 in der Schweiz. Grafik: DIZ/saferparty, Zürich

Durchschnittlich enthielten die in der Schweiz analysierten Ecstasy-Tabletten im letzten Jahr 151,7 mg MDMA-HCl, 32,0 mg mehr als 2015. Die Spannweite reichte von 54,3 mg bis 264,0 mg MDMA-HCl pro Tablette. Seit 2007 stieg der durchschnittliche MDMA-HCl-Gehalt von 69,7 mg auf 151,7 mg, was einer Zunahme um 117,6% Prozent entspricht.

Auch in Österreich ist eine deutliche Zunahme der Dosierung in Ecstasy-Tabletten zu beobachten. Enthielten im Jahr 2011 nur 9,0% der analysierten Pillen mehr als 100 mg MDMA-HCL, so waren es 2016 mehr als 70%. Im Jahr 2011 wurden keine Pillen analysiert, die mehr als 150 mg MDMA-HCL enthielten. Im Jahr 2016 enthielten dann 44,4% der Pillen mehr als 150 mg und 21,2% der Pillen sogar mehr als 200 mg MDMA-HCL.

Die Abbildung zeigt die Entwicklung des MDMA-Gehaltes in Ecstasy-Tabletten von 2011 bis 2016 als Zeitreihe in Wien. Datenquelle: Checkit! Wien

Abbildung 2 zeigt die Entwicklung des MDMA-Gehaltes in Ecstasy-Tabletten von 2011 bis 2016 als Zeitreihe in Wien. Datenquelle: Checkit! Wien

Die untersuchten Proben von MDMA in Pulver-, Kristall oder Kapselform in Wien zeigen, dass der Reinheitsgehalt in den letzten Jahren signifikant angestiegen ist. Lag im Jahr 2011 nur bei 6,8% der Proben der Reinheitsgrad über 90%, so war dies im Jahr 2016 bei 40,2% der Proben der Fall.

Die Abbildung zeigt die Entwicklung des MDMA-Gehaltes in MDMA-Proben von 2011 bis 2016 als Zeitreihe in Wien. Datenquelle: Checkit! Wien

Abbildung 3 zeigt die Entwicklung des MDMA-Gehaltes in MDMA-Pulverproben von 2011 bis 2016 als Zeitreihe in Wien. Datenquelle: Checkit! Wien

In Deutschland stieg der Wirkstoffgehalt in Ecstasy-Tabletten im Zeitraum von 2009 bis 2015 gemäß Deutscher Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) von 59,5 mg auf 111,1 mg MDMA-HCl, was einer Zunahme um 87 Prozent entspricht. Hinweis: Die Angaben im DBDD-Bericht sind als MDMA-Base angegeben und wurden für die Vergleichbarkeit hier in MDMA-HCl umgerechnet. Eine Umrechnungstabelle findet man beispielsweise in der Fachinformation Ecstasy der freien Arbeitsgemeinschaft DrogenGenussKultur.

Kokain

Der durchschnittliche Kokaingehalt betrug 2016 in der Schweiz 76,7 % Kokain-HCl. Im Vergleich zum Vorjahr ist eine Zunahme von 7 % festzustellen. Seit 2009 ist der Kokaingehalt kontinuierlich gestiegen, insgesamt um 84 %. Der Kokaingehalt der analysierten Proben variierte 2016 stark und lag zwischen 7,8% und 98,5% Kokain-HCl.

Die Abbildung zeigt Kokainproben gruppiert nach dem Kokain-HCl-Gehalt von 2007 bis 2016 in der Schweiz. Grafik: DIZ/saferparty, Zürich

Abbildung 4 zeigt Kokainproben gruppiert nach dem Kokain-HCl-Gehalt von 2007 bis 2016 in der Schweiz. Grafik: DIZ/saferparty, Zürich

Auch in Österreich ist eine deutliche Zunahme des Reinheitsgehaltes bei den untersuchten Kokain-Proben zu beobachten. Beispielsweise hatten im jahr 2012 nur 4,9% der proben einen Reiheitsgehalt von 80% oder mehr, so waren es im Jahr 2016 bereits 28,4%.

Die Abbildung zeigt die Entwicklung des Kokain-Gehaltes in Kokain-Proben von 2011 bis 2016 als Zeitreihe in Wien. Datenquelle: Checkit! Wien

Abbildung 5 zeigt die Entwicklung des Kokain-Gehaltes in Kokain-Proben von 2011 bis 2016 als Zeitreihe in Wien. Datenquelle: Checkit! Wien

In Deutschland sank 2015 der Wirkstoffgehalt von Kokain im Großhandel von 69,1% (2014) auf 65,5% (2015). Auf der Ebene des Straßenhandels blieb der mittlere Wirkstoffgehalt mit 69,0% im Jahr 2015 etwa auf dem hohen Niveau vom Vorjahr (2014: 70,6%). Im Jahr 2011 lag dieser Wert im Straßenhandel noch bei 37,6%.

Amphetamin

Amphetamin ist meist in Sulfatform im Umlauf. Aufgrund der Analysemethode wird der Amphetamingehalt hier als Hydrochlorid (HCl) angezeigt. Der Durchschnittsgehalt betrug 2016 dabei 44,6% Amphetamin-HCl. Im Vergleich zum Vorjahr ist dieser Gehalt in der Schweiz um 0,7 % gestiegen. Die Reinheit der analysierten Proben variierte stark, der Amphetamingehalt lag zwischen 1,1% und 96,7% Amphetamin-HCl. Seit dem Jahr 2008 hat sich der Amphetamingehalt in den untersuchten Proben mehr als vervierfacht.

Die Abbildung zeigt Amphetaminproben gruppiert nach dem Amphetamin-HCl-Gehalt von 2007 bis 2016 in der Schweiz. Grafik: DIZ/saferparty, Zürich

Abbildung 6 zeigt Amphetaminproben gruppiert nach dem Amphetamin-HCl-Gehalt von 2007 bis 2016 in der Schweiz. Grafik: DIZ/saferparty, Zürich. Methamphetamin (Crystal Meth) ist in Zürich so gut wie kein Thema: Die gefährliche Droge, bekannt aus der Fernsehserie Breaking Bad, wurde im DIZ im vergangenen Jahr nur sehr selten getestet.

Auch in Österreich stieg in den letzten Jahren der Reinheitsgrad von Amphetamin, war jedoch nicht so hoch wie in der Schweiz. Im Jahr 2011 enthielten von in Wien getesteten Amphetamin-Proben 76,7% weniger als 10% Wirkstoff oder gar kein Amphetamin, im Jahr 2016 war dies nur noch bei 31,1% der proben der Fall.

Nachdem der Wirkstoffgehalt von Amphetamin in Deutschland von 2011 (6,9 %) auf 2012 (6,0 %) gesunken war, steigt er seitdem wieder an (2013: 9,9%; 2014: 12,2%; 2015: 14,6%). Reisende von Deutschland in die Schweiz seien hier gewarnt: In der Schweiz ist der Wirkstoffgehalt im Speed um ein Vielfaches höher als in Deutschland.

Bierpreis auf dem Oktoberfest versus Pillenpreis in Beliner Clubs

Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts kostete eine Maß Bier auf dem Oktoberfest etwa 5 Euro (1994: 9,80 DM; 1995: 10,40 DM). Im Jahr 2016 kostete die Maß gemäß Angaben der Website zur Wiesn 10,70 Euro. Seit Mitte der 90er Jahre hat sich der Bierpreis auf dem Oktoberfest mehr als verdoppelt.

Mitte der 90er Jahre kostete eine Ecstasy-Tablette in Berliner Clubs etwa 20 DM (ca. 10 Euro), also etwa so viel wie zwei Maß Bier auf dem Oktoberfest. Touristen mussten jedoch oft tiefer in die Tasche greifen und bezahlten oft deutlich mehr, manchmal sogar das Doppelte. Heute kostet in Berlin für Kenner der Szene eine Ecstasy-Tablette nur noch 5 Euro, also etwa halb so viel wie eine Maß Bier auf dem Oktoberfest. Touristen müssen auch heute oft tiefer in die Tasche greifen und mehr bezahlen. Doch im Schnitt kostet heute eine Ecstasytablette nur noch halb so viel wie in den 90er Jahren. Zieht man zudem in Betracht, dass die Pillen heute im Schnitt deutlich höher dosiert sind als damals, so fällt der Preisnachlass in Bezug auf die Wirkstoffmenge noch stärker ins Gewicht.

Vergl. hierzu in diesem Blog

[28.11.2014] Extrem hoch dosierte Ecstasy-Pillen im Umlauf

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