von 15.07.2009

taz Hausblog

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Wir schreiben das Jahr 2009. Frauen dürfen inzwischen wählen, sie dürfen auf die Universität gehen, eigenständig über ihren Beruf entscheiden und sogar Bundeskanzlerin werden. Aber so richtig ebenbürtig sind sie den Männern doch noch nicht, was sich unter anderem daran zeigt, dass sie nicht ausschließlich über ihre Leistungen und Meinungen, sondern immer noch auch über ihr Äußeres charakterisiert werden. So etwa die neue taz-Chefredakteurin Ines Pohl. Die Autorin eines Pohl-Portraits in der Frankfurter Rundschau arbeitet sich in ihrem ganzen ersten Absatz an den äußerlichen Unterschieden zwischen Ines Pohl und ihrer Vorgängerin Bascha Mika ab:

Ines Pohls Stimme ist tief und klangvoll. Auch wenn sie in dem Café in Berlin-Mitte nicht laut redet, bekommt man eine Ahnung, wie sie ihre Stimme in großen Räumen und Konferenzen einsetzen kann. Wie hell, zerbrechlich und leise spricht dagegen Bascha Mika. Das Erscheinungsbild der beiden Frauen, die eine noch, die andere bald Chefredakteurin der taz, verstärkt den Eindruck der Gegensätzlichkeit. Mika, eine kleine, zierliche, blonde 55-Jährige mit blauen Augen. Pohl, eine große, sportliche 42-Jährige mit ungefärbtem dunklem Kurzhaar und braunen Augen, die dem Gegenüber nicht ausweichen.

Äh, hallo? Interessiert das jemanden? Ist das irgendwie relevant? Kann man sich vorstellen, dass über einen Mann sowas geschrieben würde? Unglaublich.

Sebastian Heiser ist Redakteur für Landespolitik in der taz Berlin

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kommentare

  • Wie, da beginnt jemand ein Portrait mit einer Beschreibung der äußeren Erscheinung? Mit dem ersten Eindruck, mit den durch die Sinne zuerst wahrnehmbaren Einflüssen?
    Sowas aber auch. Käme mir nie in den Sinn…
    Machen auch nur Chauvinistenschweine.

    Also, mal ehrlich, schlimm wäre es, wenn sich der Artikel einer Tageszeitung darin erschöpfen würde (tut er nicht). Als Einstieg ist das doch völlig in Ordnung, wenn man jemanden kennenlernt, funktioniert das doch ganz genau so.
    Das erste, was man wahrnimmt, sind Gesicht, Augen, Haare, Stimme, Gestik etc. – und für die geneigte Leserschaft der FR ergibt sich so ein rundes, plastisches Bild, das über eine simple Fotografie hinaus geht.

    Genaugenommen würde doch sogar etwas fehlen, wenn jemand ein persönliches Portrait schreibt und kein Wort darüber verliert, wie derjenige den Portaitierenden gewirkt hat.

  • Kann man sich absolut vorstellen und ist darüber hinaus auch nicht weiter tragisch, weder im einen noch im anderen Fall. Ich werde nie verstehen, warum einige immer und überall Frauenfeindlichkeit und Benachteiligung wittern müssen. Aber wer suchet, der findet.

  • Also, ich finde das ehrlich gesagt auch nicht so tragisch. Der Autor/Autorin wollte halt die Gegensätze der beiden aufzeigen und arbeitet sich möglicherweise “von außen nach innen”, habe jetzt nur den Abschnitt gelesen. Als Stilmittel ist sowas doch durchaus vertretbar, ich habe auch schon viele Artikel (übrigens auch in der taz) gelesen, in denen Männer auf solcherlei Weise beschrieben wurden!

  • Ja, man kann sich vorstellen, dass über einen Mann so was geschrieben wird!

    Und zwar (hier) von einer Frau!!!!!!
    http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,191490,00.html

    „Gefärbt oder nicht gefärbt: Vor dem Hamburger Landgericht hat ein Stab von Juristen über einen Bericht der Nachrichtenagentur ddp verhandelt, in dem es um die Natürlichkeit der Haarfarbe von Bundeskanzler Schröder ging.“

    Ach ja, die Emma hat es auch aufgenommen:
    http://www.emma.de/j-preis_kurbjuweit_2008_4.html

    Unter Rot-Grün kam zudem ein neues Element in die Politik, äußerliche Attraktivität. Schröder zeigte gern seine junge, attraktive Frau. Er zeigte sich gern in schicken Anzügen und Mänteln. Es ging ständig um Äußerlichkeiten. Sind Schröders Haare gefärbt oder nicht? Ist Fischer dünner oder dicker geworden? Bei den großen Testosteronpolitikern ging es ein bisschen zu wie bei den “Golden Girls”. Es war der Auftakt zur Körperpolitik.

    Wie war die Frage noch mal :-)

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