vontazlab 14.04.2012

taz Hausblog

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Von Alexander Kohn

Foto: Wolfgang Borrs
Foto: Wolfgang Borrs
„Macht ihr mit, wenn wir Häuser besetzen?“, fragt eine Frau aus dem Publikum mit dem grauen Schimmer im blonden Haar. Betretenes Schweigen auf dem Podium bei den drei Menschen, die hier angetreten sind um ihre Stadtentwicklungsprojekte vorzustellen. Anders wollen sie Berlin gestalten, keine Gentrifizierung mehr, dafür Freiräume. Aber Häuser besetzen?

Eigentum, Lippenbekenntnisse, Perspektiven – solche Begriffe fliegen am frühen Samstag durch den Raum, wo trotz der fröhlichen Morgensonne 60 Menschen sitzen und aus noch leicht verschlafenen Augen in Richtung Podium lunzen. Ein Baby schläft in seinem Fahrradanhänger. Die rote Fahne wackelt, als die Mutter darum herumwerkelt und behutsam eine Trinkflasche herausholt.

„Wir sind kein Künstlerparadies“, sagt Daniela Brahm vom Berliner Projekt ExRotaprint vorne auf dem Podium. Fast 10.000 Quadratmeter teilen sich dort seit dem Jahr 2005 Künstler wie sie, aber auch Handwerker und Mitarbeiter einiger sozialer Einrichtungen. Wie kam es dazu? Und wie kann man selbst seine Stadt mitgestalten?

„Künstler können ja eh nicht rechnen“, beschreibt Brahm die Hürden, die ihre Mitstreiter und sie am Anfang hatten, um ihr Projekt aufzubauen. Können sie doch, stellt die Kreative klar und rechnet vor, dass ein Bankkredit schlechter für sie gewesen wäre als die Finanzierung durch Stiftungen. „Jetzt haben wir das Gelände für 99 Jahre sicher“, sagt sie.

Das Baby wird aus dem Fahrradanhänger gehoben und die rote Fahne wackelt ein bisschen. Vergaberecht, Liegenschaftsfons, stadträumlicher Mehrwert – schallt es vom Podium herüber. In der vorletzten Reihe des kleinen Raumes, in dem trotz der fröhlichen Morgensonne draußen 60 Menschen sitzen, ist der grüngelbe Schnulli für das Kleine irgendwie viel spannender. Doch die Mutter, nun schon etwas wacher, hört gespannt zu, wie Andreas vom Modulor Projekt erzählt, wie aus einer total runtergekommenen und leerstehenden Klavierfabrik am Moritzplatz ein Künstlerparadies gemacht werden konnte.

Im Jahr 2006 ging es los. „Kinder nach oben“, sei die Devise gewesen. Im obersten Stockwerk, wo früher der Fabrikchef saß, sei jetzt ein Kindergarten. Das ganze Gelände ein Treffpunkt und Marktplatz für unzählige Kreative, die hier teils auch arbeiten. Langweilig, findet das Baby und spielt an Mutters Ohr rum. Der wird das bald zu lästig und sie geht mit dem Krümel auf dem Arm am Podium vorbei und durch die Glastür dahinter raus in die Morgensonne. Dort hört sie wippend weiter zu.

Drinnen erzählt jetzt eine Aktivistin von der Kampagne „Schokoladen verteidigen“. Die geballte Aktion hat Fürchte getragen: 20 Mieter können hier weiterhin wohnen, auch die Ateliers und die beiden Kneipen können weiter bestehen.

Staatgewalt, Zombieparade, Kahlschlagsanierung – das Baby hängt mittlerweile auf dem Schoße der Mutter. Kapuze drüber. Erst mal ein Nickerchen. Gisela ist sich sicher: „Entschlossener und gut vernetzter Widerstand – so kann die Verdrängung von Kreativen aus Berlin gestoppt werden.“

Aber es brauche auch Ansprechpartner, einen „Raumbeauftragten“ vielleicht, an den sich Leute mit einer Projektidee wenden können, fordert Daniela Brahm. Das habe ihren Leuten damals schmerzlich gefehlt: „Wir haben mit Schrotflinten auf die Berliner Politik geschossen, bis sich nach Monaten endlich jemand angesprochen gefühlt hat.“

Aber Häuser besetzen? Vielleicht macht das das Baby ja mal. Sobald es ausgeschlafen hat.

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https://blogs.taz.de/hausblog/morgensonne-und-schrotflinten-im-kunstlerparadies/

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kommentare

  • Wäre der Autor mal besser in einen alternativen Kindergarten gefahren, wenn es das ist was ihn interessiert. Dieser Blogbeitrag ist einfach nur eine Verlächerlichung eines ernsthaften Themas und die Fokussierung auf Nebensächlichkeiten die keine Sau interessieren.

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