von 18.09.2013

taz Hausblog

Wie tickt die taz? Das Blog aus der und über die taz mit Innenansichten, Kontroversen und aktuellen Entwicklungen.

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Von Markus Völker

 

coca-colaEs steht nicht gut um die Zahlungsmoral der Großkonzerne. Etliche schulden der taz eine Summe von 72.332,13 Euro. Mahnungen ignorieren sie. Kaum einer reagiert auf Schreiben der taz. Es geht um unbezahlte Anzeigen im Sportteil der gedruckten taz. Die säumigen Firmen sind Coca-Cola, Red Bull und TDK, Evonik, Areva, Deutsche Bahn und Daimler, Gazprom, Toyota, Tipico Sportwetten, die Telekom und IBM. Allein Daimler hat zuletzt 7,718 Millarden Euro vor Steuern verdient und Evonik 1,612 Milliarden. Aber sie drücken sich davor, taz-Anzeigen im Wert von läppischen 11.140,78 bzw. 10.620,50 Euro zu bezahlen. Das ist schäbig. Müssen wir erst die Schufa informieren?

 

Zugegeben: Die auf den “Leibesübungen” gedruckten Anzeigen waren ungewöhnlich. Es handelte sich strenggenommen um normale Fotos, auf denen Sportler mit Trikotwerbung oder eben Werbebanden zu sehen waren. Normalerweise verpixeln wir diese Reklame, die sich als ungebetener Gast in die Zeitung einschleichen will. Wir versperren ihm den Zugang. Warum auch nicht? Der Gast löst kein Ticket, zahlt keinen Eintritt. Alle anderen Zeitungen lassen die parasitäre Werbung zu. Dieses Gebaren hat sich als Subventionierung des Kommerzsportes etabliert.

 

Nun haben wir aber in dieser einen Woche im August die Sportfotos unverpixelt gezeigt und wie Anzeigen gekennzeichnet. Anschließend verschickten wir Rechnungen, später Mahnungen. Gemeldet haben sich nur drei Firmen. Nichts anfangen mit den Rechnungen konnten offensichtlich Toyota und die Telekom. Letztere schrieb, ihr sei die taz-Rechnung “unschlüssig”, Toyota wollte partout keine Anzeige auf der Seite entdecken und konnte – richtigerweise – unserer Rechnung keinen Auftrag zuordnen.

 

Intensiv hat sich indes Evonik mit der taz-Rechnung auseinandergesetzt. Markus Langer, Leiter Konzernmarketing und PR, spricht von einer “netten Überraschung”, die ihm die taz mit dem Schreiben bereitet habe. Er schreibt: “Eine herrliche Aktion, die zeigt, was gutes Kabarett leisten muss: einen neuen Blick eröffnen auf Dinge, die die ganze Welt für selbstverständlich hält.”

 

Er hat sich mit olympischer Empathie in den taz-Sport hineingedacht und vermutet, die Leibesübungen begriffen den Sport als “eine Verfallsgeschichte, an deren Anfang die Welt noch unbefleckt vom kommerziellen Firnis war”. Aber es gehe natürlich nicht ohne “Sponsoren, Fernsehrechte und Merchandising-Konzept”. Und weil das letztlich auch die taz wisse, gratuliert er uns zur “subtilsten Form der Aufklärung”: “Wir sind schon ein bisschen neidisch, dass wir nicht selbst darauf gekommen sind.”

 

Das hört sich alles gut an, und Evonik überrascht uns auch noch mit einer weiteren Geschäftsidee, wie man am Trikotverkauf partizipieren könnte, am Ende bleibt aber auch hier trotz der elaborierten Auseinandersetzung mit der Materie nur die ernüchternde Erkenntnis: Auch Evonik zahlt nicht. Nicht einen Cent.

 

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https://blogs.taz.de/hausblog/unverpixelte-sponsorenwerbung-konzerne-wollen-nicht-zahlen/

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kommentare

  • Auf einen derart affigen Scheiß würde ich auch nicht reagieren.
    Bezahlt ist die Werbung schon längst – von den Vereinen.
    Das scheint Herrn Völker und seinem oberpfiffigen Kollegen Rüttenauer entgangen zu sein.

    Ich mag es, wenn die taz öffentlichwirksame Akionen startet, die zum Nachdenken über die Sache anregen könnten. Der Boykott der Leichtathletik-WM 2009 war so eine.
    Bei diesem Eiapopeia-Gekasper werde ich auch zwar Nachdenken angeregt, aber auf eine ganz andere Art und Weise.
    Zum Beispiel was ich als Leser tun könnte, damit Flitzpiepen, die sich so einen wirren Schwachsinn aus”denken” (denken?.. pfffr.), schnellstmöglich vor die Tür gesetzt werden, damit ich das bekomme, was ich mir in erster Linie von der taz wünsche und wofür ich gern bezahle:
    reflektierten, kritischen und intelligenten Journalismus.

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