vonandreas bull 08.02.2016

taz Hausblog

Wie tickt die taz? Das Blog aus der und über die taz mit Innenansichten, Kontroversen und aktuellen Entwicklungen.

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Der Epochenwandel im Zeitungsmarkt geht fast ungebremst weiter – auch für die taz

Am 26. April wird der GAU im AKW Tschernobyl 30 Jahre her sein. Für die Jüngeren unter den taz-Lesenden ein Ereignis aus dem letzten Jahrtausend. Die taz eroberte als Zeitung mit starken Wurzeln in der Anti-Atomkraft-Bewegung mit ihrer besonders glaubwürdigen und kompetenten Berichterstattung damals ihren Platz als angesehene Wettbewerberin unter den journalistischen Publikationen.

Vor allem in der Redaktionsstuben der Republik war und ist die taz unverzichtbare Lektüre und Quelle des Widerspruchs zum Mainstream der veröffentlichten Meinung. Aber sie ist auch eine Zeitung mit einer vergleichsweise kleinen Auflage geblieben. So klein, dass sie optisch unbedeutend bliebe, würde man sie an einer Größenachse mit den anderen darstellen müssen. Doch die Bezugsgrößen beginnen sich zu verschieben und die taz ist zunehmend weniger Nische.

Auskunft darüber erteilt die Auflagenentwicklung am Tageszeitungsmarkt. Wie man aus der Grafik oben gut erkennen kann, schneidet die taz in dieser Hinsicht noch recht gut ab. Aber wir sind erkennbar Zeitzeugen einer Entwicklung die mit Desaster zu bezeichnen ein Euphemismus wäre. Die Auflage von Zeitungen ist bei der journalistischen Publizistik nicht mehr das allein bestimmende Referenzkriterium.

Grafik zu den Auflagen im vierten Quartal 2015: Fast alle Kurven weißen abwärts. Die Titel der Springer-Gruppe verloren seit 2006 45,8% ihrer Auflage. Die taz verlor 14,9%, konnte aber bei der Samstags-Ausgabe um 3,4% zulegen.

Auch wenn immer noch festzustellen ist, dass die wirtschaftliche Finanzierung von professionell betriebenem Journalismus zum überwiegenden Teil aus diesen Auflagen stammt, verlagern sich Reichweiten und damit Relevanz und Interventionsmöglichkeiten von Publikationen ins Internet und die sozialen Medien. Doch nennenswerte Deckungsbeiträge für die Arbeit von Redaktionen sind daraus bisher kaum zu erzielen.

Die Verlage wählen verschiedene Wege, dem Dilemma zu entrinnen. Geschäfte mit „native advertising“, in dem Werbekunden zu Partnern gemacht werden, ist eine Option, das Schlüpfen in die Arme der Internetgiganten Google und Facebook eine weitere. Dem Journalismus wird sowas nicht gut tun.

Die taz hingegen ruft ihre Lesenden dazu auf, regelmäßig Beiträge zur Finanzierung der Publikationen ihrer Redaktion im Internet zu leisten und hat dafür „taz.zahl ich“ erfunden (siehe Text mittig). Mittlerweile beteiligen sich mehr als 7.000 LeserInnen an diesem Modell der freiwilligen Zahlung für das, was im Internet durchaus auch umsonst zu haben ist: den einzigartigen unabhängigen Journalismus der taz.

ANDREAS BULL, Geschäftsführer der taz

Zahlen, Zeitungen, Krisen und die taz:
www.taz.de/bull-analyse

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