vonhausblog 07.06.2017

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Die taz macht mit der Stiftung FUTURZWEI das neue Magazin für Zukunft und Politik: taz.FUTURZWEI. Warum wir jetzt Allianzen brauchen, erklärt taz.FUTURZWEI-Chefredakteur Peter Unfried.

„Du mit deiner sozialökologischen Transformation“, sagen Leute zu mir. Auch taz-Kollegen. Ich bin jedes Mal und immer wieder verwundert, weil mir erst in diesen Momenten klar wird, wie viele das für eine liebenswerte Schrulle halten. Oder bestenfalls für eine Minderheitenbewegung, die es halt auch noch gibt. Obwohl wir mit der Weiterentwicklung des taz-Magazins zeozwei 2015 vom Umweltmagazin zu einem politischen Dreimonatsheft geworden sind und mehr Abonnenten und mehr Reichweite gewonnen haben, ist der Eindruck bei vielen haften geblieben, da schrieben Ökos für Ökos in der Ökonische. Sicher lobenswert, aber man selbst hat ja nun leider anderes zu tun in diesen Zeiten.

Viele Leute sagten auch: „zeozwei ist toll. Aber der Name ist ein Problem.“ Bei C02 denke man an das Problem, nicht an Lösungen. Das Namensproblem ist gelöst. Wir sind jetzt FUTURZWEI. Allerdings kommen jetzt andere Leute und sagen: „Wie könnt ihr euren Namen aufgeben? Wir könnt ihr eure Marke aufgeben, wir könnt ihr eure Autonomie aufgeben?“

Mir ist inzwischen eines klar: Wir kommen nicht mehr weiter, wenn wir machen, was wir immer machen. Wenn wir denken, was wir immer denken. Wenn wir zu denen sprechen, zu denen wir immer sprechen und uns dann gegenseitig zunicken. Wenn wir unser Ding unter uns machen wollen.

Wir brauchen neue Allianzen, die uns herausfordern, die unbequem sind, aber mit denen wir intellektuell, diskursiv und gesellschaftlich wachsen können. Wir brauchen andere, denen wir nicht die Welt erklären, sondern die es womöglich sogar besser wissen. Kann ja sein. Deshalb haben die taz-Geschäftsführer Kalle Ruch und Andreas Bull, sowie Hanna Gersmann und ich als zeozwei-Chefredakteure das „Projekt Allianzen“ gestartet und sind in doppelter Hinsicht fündig geworden.

Neuer Journalismus für eine neue Weltlage

Wir haben eine inhaltliche Allianz geschlossen mit der Stiftung und Zukunftswerkstatt FUTURZWEI und ihrem Mitgründer Harald Welzer. Und wir haben eine Kooperation mit dem Deutschen Naturschutzrings (DNR) geschlossen, dem Dachverband von zehn Millionen Umweltbewegten.

Mit FUTURZWEI machen wir künftig gemeinsam das Magazin taz.FUTURZWEI. Verleger ist die taz, Herausgeber ist Welzer, Chefredakteure sind Hanna Gersmann und ich. Und für Abonnenten liegt ab sofort noch zusätzlich movum bei, das sind die Umweltbriefe des DNR.

Harald Welzer, Hanna Gersmann und ich hatten im Grunde die gleiche Erkenntnis: Eine neue politische Weltlage braucht einen Journalismus, der darauf mit neuen Angeboten reagiert. taz.FUTURZWEI ist das neue Angebot, von dem wir den Eindruck haben, das es im Magazinjournalismus fehlt. Wir sehen eine neue Politisierung der Gesellschaft – und zwar in verschiedene Richtungen. Spätestens seit dem Morgen der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten des USA sind nun auch die aufgewacht, die bisher in der bürgerlichen Mitte Frieden, Demokratie, Wohlstand, emanzipatorische Errungenschaften für selbstverständlich genommen haben und dachten, das kann nur in eine Richtung weiter gehen.

Kann es nicht. „Alles könnte anders sein“, unser erstes Titelthema, bedeutet: Es kann alles schlechter werden. Es kann aber auch immer noch alles besser werden. Die Frage ist: Wie? Die neue gesellschaftliche Bewegung, die wir sehen, ist noch noch ohne feste Form und Richtung. Wenn so etwas entsteht, braucht es ein politisches Magazin, das Analysen, Stichworte und Debatten zur Zeit liefert und „Zukunft wieder als Zentrum des Politischen versteht“, wie Welzer gesagt hat.

„Sie brauchen Verbündete und zwar solche, die nicht sowieso schon zu ihrer eigenen Gruppe gehören.“

Die sozialökologische Wende ist nicht die einzige Antwort auf alle Probleme, Kriege, Völkerwanderung, globale Gerechtigkeit, Armutsbekämpfung, Glücksversprechen – aber ohne sozialökologische Wende gibt es überhaupt keine Antwort. Insofern bleibt das zentral für taz.FUTURZWEI. Es mündet aber nicht in Brennelementesteuer-Analysen.

In der ersten Ausgabe „Alles könnte anders sein“ beschreibt Harald Welzer die größte Gerechtigkeitsbewegung der Gegenwart – die Flüchtlingsbewegung. Das ist so eine Verschiebung des Denkens, um die es uns geht. Der langjährige Bundesaußenminister Joschka Fischer spricht im FUTURZWEI-Gespräch über Kriege. „Ich wollte der Pazifismus hätte Recht“, sagt Fischer. „Aber die Erfahrung hat mich eines besseren belehrt“. Regina Schmeken, einer der besten Fotografinnen Deutschlands hat ihre besten Fotos von Bewegungen und Revolutionen für FUTURZWEI zusammengestellt. Und der (erfolgreiche) serbische Revolutionär Srjda Popovic ist liefert das Ein-mal-Eins einer Bewegung: So verändern Sie die Realität in fünf Schritten. Schritt 3 lautet: „Sie brauchen Verbündete und zwar solche, die nicht sowieso schon zu ihrer eigenen Gruppe gehören.“

Das ist für mich der wichtigste Satz, den man verstehen muss, wenn man Zukunft gewinnen will.

PETER UNFRIED, Jahrgang 1963,  ist Chefreporter der taz und Co-Chefredakteur von taz.FUTURZWEI

Bild: Harald Welzer und Peter Unfried auf dem taz.lab 2014 (Urheber: Wolfgang Borrs)

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kommentare

  • derarme harakd welzer als kulkturWISENSCHAFTler. da werden ihm doch die HÄNDE SCHMUTZIG gemacht. joshka FIscher nutzt – oder lässt nutzen – professionel die steilvorlage zur vetretung von kulturellem & wissenschaftlem supersondergiftmüll – der ökologie des geistes gleich der garaus gemacht.
    instrumentalisert zur verrohung und “vereinnahmung” der massendenkgewohnheiten.,

  • Das Cover der FuturZwei, Ausgabe 12. Dezember 2017: “Wer keine Visionen hat, soll zum Arzt gehen” – zum Thema Utopien – mit Helmut Schmidt auf dem Titel! Von dem stammt allerdings das Gegenteil dieser Utopistenselbstbeweihräucherung: “Wenn ich Visionen hätte, würde ich zum Psychiater gehen”. Schöner Neuer Journalismus.

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