vonJakob Werlitz 29.06.2017

taz Hausblog

Wie tickt die taz? Das Blog aus der und über die taz mit Innenansichten, Kontroversen und aktuellen Entwicklungen.

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Die Printausgabe der taz wird von Grund auf erneuert. Nicht nur optisch wird sich einiges ändern, sondern auch strukturelle Veränderungen stehen an.

„Wir sind ein Stück Richtung mehr Flexibilität gegangen“, resümiert taz-Chefredakteur Georg Löwisch gegen Ende einer außergewöhnlich langen Redaktionskonferenz das Vorgestellte. Gerade eben haben er, zwei Mitglieder der Entwicklungsgruppe* „Blattreform“ sowie die zwei mit der Umsetzung betrauten Art-Direktor*innen sie präsentiert, die zukünftige taz mit neuem Layout und neuem Blattkonzept. Am 2. Oktober 2017 wird sie kommen und bis dahin natürlich streng geheim bleiben.

Dass es dieser Reform bedarf, darüber herrscht in der sonst streitlustigen taz-Redaktion großes Einvernehmen. Seit 2009 hat die taz ihr Layout und ihre Struktur nicht mehr oder lediglich marginal verändert – die letzten Veränderungen an der Werkstagsausgabe liegen sogar noch weiter zurück. Seitdem haben sich nicht nur die Lesegewohnheiten, sondern die taz selbst, ihre Inhalte und nicht zuletzt auch die technischen Möglichkeiten verändert.

Nur wie viel Veränderung ist wirklich gewünscht und wie gelingt der schwierige Spagat, einerseits der Historie der taz Rechnung zu tragen und trotzdem ein zeitgemäßes und zukunftsweisendes Layout zu konzipieren?

Der Bruch gehört zur taz

Ganz einfach, so Janine Sack, ehemalige Art Direktorin bei „der Freitag“, die zusammen mit Christian Küpker, früherer Creative Director des Sleek Magazine, von der
Geschäftsführung, Layoutleitung und Chefredaktion mit dem Auftrag zur Blattreform betraut wurde. Gerade die Titelbilder der taz seien schon immer von Brüchen und einem freien Umgang mit dem Layout geprägt gewesen.

Titelbild vom 21.10.2000 – ein Beispiel für den Layoutbruch vergangener Tage. Mehr legendäre taz-Titel unter: www.taz.de/!119148

Das neue Design schreibe diese Geschichte fort, in dem es die Grenzverletzung zur Norm mache. „Wir setzen auf das, was uns schon bisher stark gemacht hat: Auf den Mut zu fokussieren, auf den eigenen Kopf und darauf, spielerisch zu sein“, unterstreicht Georg Löwisch diesen Ansatz der Verantwortlichen.

Am Ende der Blattreform steht in den Worten der Designerin „ein einfach zu bedienender Baukasten“, der die vielen liebgewonnenen Formate der taz wie „Verboten“, „Die Zahl des Tages“ oder „was fehlt“ integriert, diese um neue Elemente ergänzt und gleichzeitig Möglichkeiten bietet, mit der Struktur zu brechen, Schwerpunkte zu betonen und so die Form dem anzupassen, was in den Redaktionen erarbeitet wird – nicht umgekehrt.

„Ist das jetzt noch retro oder ist das schon wieder in?“

Doch während Löwisch und das Entwicklungsteam betonen, alles würde akzentuierter werden, nicht wirrer, kommen in den bis dato gespannt zuhörenden Redaktionsreihen doch auch leise Zweifel auf. Gerade die hohe Variabilität bereitet Sorge: kaum ein Element, das nicht auf vielfältige Art und Weisen darstellbar ist und verlässlich auf die Leser*innen wartet. Spalten können sich verbreitern, Schriftzüge beliebig vergrößern. Das führt teilweise zu sehr unterschiedlichen und mitunter auch unübersichtlichen Gestaltungsbeispielen. Eine Tendenz, die in vielerlei Hinsicht dem gefühlten Trend hin zu Reduktion, Klarheit und Schlichtheit widerstrebt. „Ist das jetzt noch retro oder ist das schon wieder in?“, kommt die Frage aus der Redaktion.

Es ist genau dieser schmale Grat zwischen produktiver Konfusion und Abwechslungsreichtum, der das Konzept prägt. Auf ihm zu wandeln wird eine das ganze Haus betreffende Arbeit sein. Aus viel Gestaltungsspielraum erwächst eben auch ein gewisser Aufwand und die Notwendigkeit, Arbeits- und Denkprozesse an die neuen Möglichkeiten anzupassen.

Mehr „taz“ als liebgewonnene Details

Neben den vielen kleinen Anmerkungen bleibt am Ende aber die große Frage nach der Notwendigkeit einer Veränderung ungehört. Ein Zeichen dafür, dass die taz in ungewohnter Geschlossenheit weiß, wie wichtig es ist, dass sie diesen Schritt geht und dass dieser Mut zur Veränderung mehr „taz“ ist als liebgewonnene Details – ästhetischer oder struktureller Natur.

Die taz ist, was in der taz steht. Und dass es mit der Reform nun ein neues Gefäß geben wird, das sich an das Geschriebene und Fotografierte anschmiegt, ihm dort Raum gibt, wo er benötigt wird und Lücken schließt, wo sie frei werden, klingt zumindest in der Theorie sehr modern.

JAKOB WERLITZ, Redakteur taz.blogs

 

Mitglieder der Entwicklungsgruppe:

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