vonhausblog 09.07.2018

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Fußball bewegt Menschen auf der ganzen Welt. Wie sehr, beweisen nicht zuletzt die aus einer Höhle geretteten Jungen. Eine ihrer ersten Fragen nach ihrer Rettung lautete: Wie steht es mit der WM in Russland? Doch Fußball – gerade der Spitzenfußball der WM – generiert viel Ungerechtigkeit. Oft geht es um Bestechlichkeit, Doping oder Rassismus. Doch wie sehr beeinflusst Korruption den Sport tatsächlich? Gerät das eigentliche Spiel ins Abseits? Und können Megaevents wie Weltmeisterschaften per se „sauber“ sein?

Diese Fragen sollten in der Veranstaltung „Schwarz, Weiß, Transparent – Kampf gegen Korruption im Fußball“ in Kooperation mit dem Berliner Verein „Gesellschaftsspiele“ im taz Café diskutiert werden. Auf dem Podium saßen Sylvia Schenk von Transparency International, Fabio De Masi, MdB Die Linke, sowie Journalist und ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt. taz-Redakteur und Leiter des WM-Sonderprojektes der taz Jan Feddersen moderierte die Diskussion.

„Man hat es mit einem Spiel zu tun, bei dem Menschen auf einem grünen Rasen gegeneinander antreten“, beginnt Seppelt. „Der Rasen kann in Deutschland, Brasilien oder Russland sein – am Ende bleibt es ein grüner Rasen und das Spiel dauert 90 Minuten.“ Dass Fußball jedoch nicht so leicht von seiner Umgebung und vom politischen Geschehen zu trennen ist, musste Seppelt bei der diesjährigen WM am eigenen Leib erfahren. Aufgrund zu hoher Risiken, die eine Reise nach Russland für den Doping-Experten bedeutet hätten, beschloss die ARD auf Grundlage von Gefährdungsanalysen von Bundessicherheitsbehörden, darunter das Bundeskriminalamt, Nachrichtendienste und das Landeskriminalamt Berlin, Seppelt nicht zur WM zu schicken.

Weniger schalten und walten

„Man hätte diese WM nicht an Russland vergeben dürfen“, räumt Seppekt ein. „Und auch nicht nach Katar.“ Auf die Vergabe im Jahr 2010 folgte eine Welle von Korruptionsvorwürfen, die den Weltverband Fifa in eine Krise stürzte. Kann man dem Sport also überhaupt noch trauen?

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Die Fifa, erläutert Schenk, habe ihre korrupteste Phase in den 1990er Jahren bereits hinter sich. Ab 1991 sorgte damals ein Komplex von Korruptions- und Geldwäscheskandalen für Wirbel im Weltverband. Damals fand Horst Dassler heraus, dass mit den Übertragungsrechten einer WM Geld zu verdienen ist. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Wichtig sei, dass man darüber diskutiere, sagt die ehemalige Leichtathletin. Zudem hättte Giovanni Vincenzo Infantino bereits deutlich weniger „schalten und walten“ können, als der ehemalige Fifa-Präsident Joseph Blatter.

Schenk schlägt in Hinblick auf den Weltverband eher reformatorische Klänge an. Als Mitglied im unabhängigen Menschenrechtsbeirat der Fifa, nimmt sie am Diskussionsabend die unliebsame Rolle der Erklärerin ein. „Man muss auch die Zeit bedenken, in der die Weltmeisterschaften vergeben werden“, erläutert Schenk. „Zur Zeit der Vergabe an Brasilien beispielsweise, war das ein aufstrebendes Land.“

Keine Weltmeisterschaft ohne Fifa

Fabio De Masi, stellvertretender Vorsitzender und finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke, schafft es kaum in die Diskussion einzusteigen. Er spricht von Politikversagen, dem Haftungsprinzip und verweist auf die üblichen Steuertricks, die neben Google und Apple auch die Fifa anwende: Das seien „normale Mechanismen.“

Veranstaltungen wie die Fußball-WM komplett auszusetzen, fordert niemand; doch einig darin, dass etwas passieren muss, sind sich an diesen Abend alle. Wie – ob von innen, von außen, radikal oder reformatorisch – bleibt unklar. Wer Weltmeister werden will, muss auch die Fifa in kauf nehmen. Genau hier liegt das Problem und deshalb muss sich schnell etwas ändern: „Damit wir nicht in 50 Jahren zurückblicken“, schließt Seppelt, „und uns fragen, was da eigentlich los war.“

Von CHRISTOPH KAMMENHUBER

Die komplette Veranstaltung können Sie sich hier anschauen.

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