vonhausblog 02.03.2020

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Ein Lobgesang sondergleichen auf Blogwart und taz-Urgestein Mathias Bröckers seines langjährigen Kollegens Jan Feddersen.

Irgendwann war er mal nicht in der taz, er hatte anderes zu tun, Bücher schreiben, sehr oft wurden dies Beststeller. Solche über die Segnungen des Hanf beispielsweise. „Hanf im Glück“ hieß ein Titel seines Werks – auch dies mag als Hinweis auf sein begnadetes Redakteurstalent gelesen werden: Die kleine sprachliche Überraschung, die aus Hans ein Hanf macht – und das Anliegen umso feinsinniger zur Geltung bringt. Mathias Bröckers, soviel lässt sich hier schon sagen, ist ein Sprachkönner, ein Virtuose der ironisch gewendeten Verknappung und Pointierung.

Irgendwann, so oder so, war er jedoch zurück – und wurde der Blogwart des Hauses, so steht es ja auch im Impressum. Er betreute die Blogs von Freund:innen und Kolleg:innen, die jenseits der offiziellen Publizistik der taz unter ihrem digitalen Gesamtschirm veröffentlicht werden konnten.

Leidenschaftlich, lustig und diskursiv

Bröckers, und damit ist man beim Wesen dieses Kollegen, ist ein Liberaler durch und durch. Er würde dieses Wort, zumal es als Lob gemeint ist, nicht mögen: Liberale, sind das nicht die Lambsdorffs und Genschers und Möllemanns – Witzfiguren, die liberal sagen und Subventionen für die Milieus der Anwälte und Architekten, Menschen, die ungefähr so freisinnig sind wie Lobbyisten es eben sein können? Nein, die Freisinnigkeit des Kollegen Bröckers ist eine fundamental-publizistische, eine Tugend, die in diesen socialmediageplagten Zeiten eher ein rares Gut ist: Die andere Meinung, die andere Perspektive, die andere Weltanschauung gelten lassen können.

Er erfand die Seite der „Wahrheit“ in den achtziger Jahren, eine Seite des täglichen Irren und Wirrens, die bei anderen Zeitungen als „Vermischtes“ rubriziert ist – wobei Bröckers niemals vermischte Meldungen abfällig als unwichtig genommen hätte. Er wollte nur in die damals eher – gemessen am heutigen Themenspektrum – dröge taz eine Seite etabliert wissen, die sich den nur scheinbaren Nebensächlichkeiten des Meldungswesens widmet.

Und wie er das tut – wer ihm damals beim Seitenmachen zuguckte, weiß, wie leidenschaftlich, lustig und diskursiv Zeitungsmachen sein kann: Ein Leben jenseits der Üblichkeiten von Wahrnehmung. Noch aus tierischen Nachrichten schlug er funken, ohne dass sie in die Rubrik „Liebliche Putzigkeiten“ gepasst hätten.

Auch Tom stimmt mit einem persönlichen Touché für Mathias Bröckers in den Lobgesang ein.

Bröckers hat so viel gemacht, und politisch war es meinerseits eher so, dass wir nie auf einem gemeinsamen grünen Zweig saßen. Bröckers und 9/11, Ken Jebsen und andere Verschwörungskomplexe der Welt: Da war alles different. Aber, das ist zu sagen das eigentlich Wichtige, wir konnten das nicht nur aushalten, wir fanden und finden das inspirierend, interessant und welthaltig: Bloß nicht einer Meinung sein.

Er ist in diesem Sinne der freundlichste, ja, integerste Kollege, den ich in der taz je kannte und bitte ja immer noch kenne. Er macht aus seinen Haltungen keine menschlich-allzu-unmenschliche Abgrenzungsgeschichte. Für ihn, den versierten Sprachler und Journalisten, ist Unterschiedlichkeit das Grundgewürz der taz, mehr noch als jeder Pfeffer und jedes Salz: Gesinnungsqualm der gemeinsam zu atmenden Sorte: Ohne ihn! Gut so …

Er geht ab sofort in Pension, Rente oder wie man ein Leben jenseits der taz-Büros sonstwie nennen möchte. Man möchte meinen: Der hat noch so viel vor, zu schreiben, zu performen oder einfach nur zu sprechen, dass man dies nur als Unruhestand nehmen kann, was jetzt für ihn kommt. Er war mir immer angenehm – und das Gegenteil von alternativem Topcheckertum. Glückwunsch zu so viel Geradlinigkeit!

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