vonhausblog 12.05.2016

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Die taz-Autorin Emilia-Smechowski und der taz.nord-Redakteur Henning Bleyl sind für ihre Texte in der taz.am Wochenende ausgezeichnet worden, ein weiterer taz-Autor wurde nominiert.

Der deutsch-polnische Tadeusz-Mazowiecki Preis und der Alternative Medienpreis gehen in diesem Jahr an die taz. Emilia-Smechowski wurde für ihre Reportage „Ich bin wer, den du nicht siehst“ prämiert, außerdem erhielt taz-Autor Paul Tötzke für seine Reportage „Sehnsucht nach dem Vater“ eine Nominierung zum Tadeusz-Mazowiecki Preis. Henning Bleyl wurde für seinen Text „Die Kühne-Story“ (OT: „Kühne & Sohn“)  geehrt.

Seit mehr als einem Jahr arbeitet der taz.Nord-Bremen-Redakteur Henning Bleyl zu den NS-Machenschaften der Bremer Großspedition Kühne+Nagel. Dem Unternehmen gelang es im Dritten Reich, quasi zum Monopolisten beim Abtransport und der Verwertung von Wohnungseinrichtungen deportierter jüdischer BürgerInnen aufzusteigen: „Fast 70.000 Wohnungseinrichtungen deportierter Familien aus Frankreich, Belgien und den Niederlanden transportierte sie nach Deutschland zu den ‘Judenauktionen’“, schreibt Bleyl etwa in einem Text über die NS-Verstrickungen des Unternehmens, von denen man bei K+N bis heute nichts wissen will.

Weshalb taz-Redakteur Henning Bleyl schließlich auch zum Aktivisten wurde und die Crowdfunding-Aktion „4qm“ ins Leben rief, bei der taz-LeserInnen 26.000 Euro spendeten – für den Kauf von vier Quadratmetern eines Grundstücks, welches das Land Bremen dem Logistikkonzern für den Bau seiner neuen Firmenzentrale zusprechen wollte. Auf diesen vier Quadratmetern sollte ein Mahnmal zur Erinnerung an die Machenschaften von K+N errichtet werden. Zwar hat das Land Bremen zwischenzeitlich die Kaufofferte der taz ausgeschlagen, formulierte jedoch zugleich seine Zustimmung für die Idee des Mahnmals. Und auch die 26.000 Euro warten noch darauf für das Projekt ausgegeben zu werden.

henning_tazscreenshot2Der Alternative Medienpreis wird von der Nürnberger Medienakademie e. V. und der Stiftung Journalistenakademie vergeben und ist mit 500 Euro dotiert. Ausgelobt wird der Preis in den Kategorien Print, Hörfunk, Online, Video und Medienkritik. Lesen Sie die Laudatio auf Henning Bleyl hier als pdf: „Kritischer Journalismus muss als politischer Akteur auftreten“.

Wie ein Chamäleon

emilia_tazscreenshot2„Heute gibt es kein Volk, das zahlreicher nach Deutschland einwandert, als wir Polen es tun. Seit Jahren schon. Nur: Als Migranten sieht man uns kaum. Wir sind unsichtbar. Wir sind quasi gar nicht mehr da, so gut gliedern wir uns ein.“

So erklärt uns Emilia Smechowski die Ausgangslage in ihrem Text, der vor gut einem Jahr in der taz.am Wochenende erschien. Smechowski verbindet dabei die Ergründung eines Phänomens, nämlich jenes der größten und zugleich nahezu unsichtbarsten Einwanderergruppe Deutschlands, den Polen, mit ihrer eigenen Familiengeschichte. Als Tocher eines Ehepaares, welches Ende der 80er das damalige sozialistische Polen Richtung Deutschland verließ.

„Wer Strebermigranten studieren will, der kann uns als Musterfamilie nehmen. Meine Eltern, beide Ärzte, bekamen Arbeit, wir lernten Deutsch, mein Vater stieg auf, meine Mutter weniger, wir bauten ein Haus. Wir fuhren erst einen Mazda, dann einen BMW, dann einen Chrysler, und später eine Limousine von Audi. Ich besuchte ein humanistisches Gymnasium, lernte Klavier und Ballett, mit Polen wollte ich erstmal nichts zu tun haben, ich ging nach Paris und Rom.“

Die Jury des Tadeusz-Mazowiecki-Journalistenpreises betonten die besondere emotionale Stärke von Smechowski Text und führte weiterhin aus:

„Der Text öffnet Lesern, die in Deutschland geboren sind, die Augen dafür, weshalb Neuankömmlingen hierzulande die echte Integration so schwer fällt. Beim Lesen bleiben Sätze wie der folgende hängen: ‘Wie Chamäleons haben wir gelernt, uns in der deutschen Gesellschaft zu verstecken.’“

Der Deutsch-Polnische Tadeusz-Mazowiecki-Journalistenpreis wird jährlich von der Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit, dem Freistaat Sachsen und der Robert Bosch Stiftung in den Kategorien Print, Hörfunk und TV, sowie in der Kategorie „Journalismus in der Grenzregion“ vergeben und ist mit jeweils 5000 Euro dotiert. Lesen Sie Emilia Smechowskis preisgekrönten Text hier nach: www.taz.de/supermigranten

Liberal leben, nationalkonservativ wählen

paul_tazscreenshot2In der Kategorie Print des Tadeusz-Mazowiecki-Preises wurde zudem der junge taz-Autor Paul Toetzke für seinen Text „Sehnsucht nach dem Vater“ nominiert, welchen er für das taz-Ressort Reportage und Recherche schrieb. Darin berichtet er von einer jungen und eigentlich liberalen Generation von Polen, die bei der letzten Parlamentswahl paradoxerweise ihre Stimmen ausgerechnet der nataionalkonservativen PiS-Partei von Jarosław Kaczyński gaben:

„Jakub hat bei den Parlamentswahlen für die nationalkonservative Partei PiS gestimmt. ‘Dabei bin ich schwul’, sagt der 33-Jährige in perfektem Britisch-Englisch und lächelt. Die meisten, denen er das erzählt, reagieren mit Unverständnis. Eine Partei, die sich offen gegen die Rechte von Schwulen und Lesben ausspricht und deren Anführer gegen ‘homosexuelle Propaganda’ in Schulen wettert? Für Jakub ist das kein Widerspruch. ‘Ich bin bereit, einen Teil meiner persönlichen Freiheit aufzugeben für eine bessere soziale Absicherung.’ Tatsächlich ist PiS – auch dank dem Versagen der polnischen Linken – die einzig ernst zu nehmende Arbeiterpartei.“

Wir gratulieren unseren KollegInnen Emilia, Henning und Paul aus ganzem Herzen zu diesen Würdigungen ihrer Arbeit.

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