von 20.04.2013

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"Neue Arbeit" gleich morgens, Foto: Wolfgang Borrs

Von Madeleine Hofmann

Neue Arbeit. So nennen die Referenten in dieser Diskussionsrunde die Form, mit der sie ihren Lebensunterhalt bestreiten. Die meisten von ihnen sind Geschäftsführer oder Mitgründer eines Start-up-Unternehmens, arbeiten in “Projekten” – und den fragenden Gesichtern im Publikum nach zu urteilen, weiß keiner so genau, was sie nun eigentlich tun.

Doch genau darum geht es in diesem Gespräch: Um Portfoliobiographien, die Freiheit, “machen zu können, was man will” – auch, wenn diese Tätigkeit noch gar nicht existiert – und das Problem, den eigenen Job nicht erklären zu können.

“Es wird den Menschen besser gehen, wenn sie keine Anwesenheitspflicht mehr an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit haben”, versucht Holm Friebe den Einsteig. Gemeinsam mit seinem Journalistenkollegen Sascha Lobo hat er ein Buch geschrieben:  “Wir nennen es Arbeit – Die digitale Boheme oder intelligentes Leben jenseits der Festanstellung”.

Es geht ihnen um  selbstbestimmtes Arbeiten ohne Arbeitsvertrag. Zukünftig sei man nicht mehr einem einzigen Arbeitgeber verpflichtet, jeder müsse individuelle Arbeitsformen entwickeln können. Übrigens sei eine Veranstaltung zum Thema “Neue Arbeit” um 9 Uhr morgens so gar nicht seinem Arbeitspathos entsprechend.

Auch Lisa Zoth, die einzige Frau in der Runde, sitzt um diese Uhrzeit hier. Ihr Unternehmen “The Dark Horse” versucht das eigene Arbeitsmodell – offene Strukturen, keine Hierarchien – anderen Unternehmen beizubringen. Bei Betahaus Berlin ist diese Lektion nicht mehr nötig. Christoph Fahl erzählt euphorisch vom Geschäftskonzept: “Wir wollen jeden Tag aufs Neue entscheiden können, was wir im Leben tun möchten.”

Die Idee hört sich verlockend an, ist aber gleich in den ersten Monaten an ihre Grenzen gestoßen. “Irgendjemand muss immer die Flexibilität der anderen puffern und selbst nine to five arbeiten”, erzählt der 32-Jährige. Schließlich sei die neue Idee von Arbeit bei den Putzunternehmen, Steuerberatern und Hausverwaltern, mit denen man als Geschäftsführer zu tun hat, noch nicht so geläufig.  Die zukünftige Form von Arbeit sei –  Betahaus zufolge –  immer neue Projekte möglichst schnell zu  bearbeiten und nicht verpflichtet zu sein, sie zu Ende zu bringen.

Der Einwurf des Moderators Andreas Krüger drängt sich auf: Kann sich so eine Form von Arbeit tatsächlich jeder leisten? Na klar, meint Marc Piesbergen, Mitentwickler des Design Reaktor Berlin, wo Designer mit Industriearbeiten kooperieren. Sebastian Olma, Innovationsforscher bei Serendipity Lab, schüttelt den Kopf: “Es geht doch nicht darum, zu sagen, wir werden alle Co-worker!” Stattdessen müsse auch eine Kassiererin anders arbeiten können. Marc Piesbergen kritisiert die Trennung von kreativen Freiberuflern und Festangestellten. Stattdessen müsse es viel eher eine Mischung der beiden Arbeitsformen geben. Vor

allem das Arbeitsamt dürfe Arbeitssuchende nicht permanent in Schubladen sperren, sondern flexibler, arbeitsfeldübergreifend arbeiten.

Am Ende der Diskussion sind sich bei einem Thema alle einig: Der Einzelne muss in Zukunft immer flexibler werden – geradlinige Lebensläufe werden seltener. Das Publikum bleibt etwas ratlos zurück. Ist diese “Neue Arbeit” wirklich was für jeden? Auch den Handwerker?

 

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