von 05.12.2013

taz Hausblog

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Von Nina Apin

Im September, als alle Welt über die einstige Pädophilenfreundlichkeit der Grünen diskutierte, erreichte die taz ein Brief. Er war sechs Seiten lang und handelte von “sexueller und körperlicher Gewalt und Demütigungen” an einem Reforminternat in den 80er Jahren. Der Autor des Briefs, selbst ehemaliger Internatler, wollte Gerechtigkeit für sich und die anderen Opfer. Sofort kamen Gedanken an die grausigen Missbrauchsfälle in der Odenwaldschule auf. Nicht schon wieder ein Internat!

Beim Treffen im Café schilderte der Mann, wie der Direktor damals Mitschülerinnen sexuell bedrängte. Obwohl sich bereits Opfer von Übergriffen gemeldet hätten, spiele die Privatschule die Vorfälle herunter. Zum Abschied übergibt der Mann ein Buch, das er selbst geschrieben hat. Einen Internatsroman.

Im Buch hören Oberschüler mit, wie der Direktor eine Mitschülerin vergewaltigt, am nächsten Morgen ist das Mädchen spurlos verschwunden. Die Freunde, die zur Polizei gehen, werden schikaniert. Der Direktor sorgt persönlich dafür, dass der Protagonist durch das Abi fällt.

Anruf beim Autor: Er habe das Buch “Roman” genannt, aus Angst vor den Anwälten des Internats. Aber eigentlich seien die geschilderten Ereignisse real.

Anruf beim Altschülerverein: Es habe “die ein oder andere Fummelei” gegeben beim damaligen Direktor, der mittlerweile starb. Aber nichts Ernstes und “nur mit über 16-Jährigen”. Und die Vergewaltigung? Nie davon gehört. Der Roman, sagt der Vorsitzende, sei trotzdem nicht aus der Luft gegriffen. “Da war schon was.” Aber was?

Anruf beim Verein Glasbrechen, an den sich laut Autor mehrere Opfer gewandt hätten. Dort weiß man nur von einem Fall: Eine Altschülerin habe den Schulpsychologen der Übergriffigkeit bezichtigt, man habe diesen dann vorzeitig pensioniert. Und der Direktor? Auf der Polizeidienststelle in der Nähe des Internats erinnert man sich an keine Anzeige wegen Vergewaltigung. Über den Direktor weiß man nur, dass in seiner Amtszeit “die Schülerzahlen dramatisch gesunken” seien. Aber warum?

Besuch im Internat am Waldrand. Die Direktorin sagt, Aufklärung liege ihr am Herzen. Man habe eine Ansprechperson installiert. Aber es habe sich bisher kein Opfer gemeldet. Trotzdem hat die Direktorin die Porträts ihrer Vorgänger aus der Eingangshalle entfernt.

Telefonate mit Freunden des Autors, die sagen, er habe sich da in etwas verrannt. Mails an Vorstandsmitglieder, die unbeantwortet bleiben. Gespräche mit einer Redakteurin, deren Redaktion von den Rechtsanwälten des Internats massiv unter Druck gesetzt wurde. Ihr Artikel erschien nie.

Was bleibt, ist Unsicherheit: Erfindet da einer Verbrechen, die nie stattgefunden haben? Oder wirkt der lange Arm eines gut vernetzten Täters noch über dessen Tod hinaus? Am Ende fehlen für eine Veröffentlichung die Beweise, die nur die Opfer von damals erbringen können. Wenn es sie denn gibt.

Dieser Artikel erschien in der taz-Sonderausgabe “Die Kinder der sexuellen Revolution

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https://blogs.taz.de/hausblog/wenn-missbrauchsopfer-sich-melden-und-die-beweise-fehlen/

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kommentare

  • ich habe eine frage, bitte seht mir die schlechte orthografie nach, ist technisch bedingt nicht besser möglich.

    ich wurde als Kind sexuell missbraucht von einer ganzen gruppe,
    jahre später begegnete ich dem sohn eines der Täter während ich meinn Abitur machte, er war zu besuch auf dieser schule und gerade 7 jahre alt, wollte schauen auf welches Gymnasium er später gehen wollte.

    er zeigt Interesse an mir ich war in der 11. klasse, ich empfand auch enorme Zuneigung, und ich wusste intuitiv das das überhaupt der grund war wieso diese dinge mir damals 1985 angetan wurden, meine Empfindungen waren unabhängig von der schande die ich unter anderem 1985 durchlebte. da stand er nun und meine Empfindungen waren alles andere als triebhaft, ihm etwas anzutun was er nicht wollte, war das unwilligste was ich mir im sein vorstellen konnte. ich liebte ihn von ersten augenblick an, als seine Eltern und ihre sekte über mich herfielen war diese liebe schon in mir drin, es war der grund überhaupt wieso sie mich dafür ausgewählt hatten für diese okkulte ritual, es war die hölle.
    ich versuchte ihm auszuweichen, aber er gab mir keinen Gelegenheit dazu, er schenkte mir Erdbeeren.

    ich war damals 18 er 7. zu sexuellen handlungen irgendeiner art kam es dabei nicht. aber ich empfand schon enorme zuneidgung und nicht aus einem Syndrom heraus, sondern meine liebe zu ihm war überhaupt der grund das ausgerechnet mir das angetan wurde, das wusste ich instinktiv intuitiv und nach meine reinen Vernunft.

    ich schwieg dadrüber und versuchte mir nichts anmerken zu lassen, aus optionslosigkeit. ich war 18 und war in einer sehr schwierigen lage familiär, finanziell, schulisch.
    es gab viele Faktoren in meinem leben und meiner Entstehung die mir das leben und die komptenzbildung daran enorm erschwerten.

    nahc dieser Begegnung an diesem Gymnasium, lauerten mir sein vater und ein befreundeter Arzt dessen sohn mit ihm in die gleiche schule gehen sollte. die warteten ihm Auto vor der wohung führen mir nach, belagerten und lauterten mir nach, und beschimpften mich als pädophiler kranker, schizophrener aus ihrer Unsicherheit heraus und im ringen um ihre Glaubwürdigkeit. ihr selbstbild und ihr streben forderten es leider von ihnen. von meineer seite gab es keine handlungen bezüglich dieser Familie, ich war überhaupt garnicht in der finanziellen oder sozialen lage selbst wenn ich es gewollte hätte.
    die üble nachrede die Diffamierung Denunziation wurde so dekapitalisierend das ich die schule abbrechen musste, ich wurde weiter isoliert, dennoch gelang es mir 13 jahre später einen platz zum Medizin Studium zu erlangen. ich wollte mich wenigsten beruflich noch verwirklichen, mir war immer gleichgültig was andere von der Humanmedizin hielten und dachten, wusste immer das das mein beruf war und sein sollte, nicht ausgewählt, ja garnicht mal um menshcen zu helfen, es ging mir um mich und das was mich belgen konnte beruflich, einem Virus begegnen, eineer Wucherung, meine liebe mein und mein beruf waren natüröich direkt miteinander verwoben, nicht erschöpfte erfüllte ganz gleic wie schwierig es schien.

    ich stand an der Hochschule und da stand uch er als junger mann nun 20jahre alt und der sohn von diesem befreundeten Arzt war auch da und eine menge anderer freunde von ihm, mir blieb keien andere Wahl ich musste das Studium abbrechen. nun sitze ich hier und ich bin komplett isoliert diskretidiert und hab keinen Ausweg.

    ich weiss nicht was ich tun soll?
    meine Eltern und Familie waren direkt involviert an den missbrauch an mir als Kind.

    alles was ich noch will ist mein Seelenfrieden, das er bekommt was er für sich will, den ich liebe ihn nicht aus einer manie deression, Schizophrenie oder abtraktionsuntreue heraus, oder aus einem Masochismus oder Sadismus heraus, sondern aus kernbelang. ich könnte ihn nie gegen seinen lieben, er ich die frau für mich der mann.
    sein wille wär von kernbelang in meinem leben.

    nun zur frage, ich bin finanziell juristisch sozial in einer aussichtslosen ausweglosen lage, und weiss nicht was ich tun soll, dekapitalisiert, deoptionalisiert depersonalisiert.

    meine Glaubwürdigkeit ist praktisch nicht vorhanden. nicht aus Dummheit oder Unzulänglichkeit, sondern perspektivisch bedingt. hat jemand einen juristischen rat?

    im übrigen zeigte er auch an der dieser schule Interesse an mir, das einzige interese das von ihm ausging üersönlicher Natur, viele andere an dieseer Fakultät waren enorm interessiert liefen ihn an fanden ihn ja fast neurotisch attraktiv. er hatte aber ausschliesslich Interesse an mir. ich war durch ihn völlig belegt mental, er konnte dinge in mir erreichen, die nie eine andere Person erreichen konnte, wie ein unednlicher passender code, aber irgendwie schienen alle dort darauf ausgerichtet jeglichen kontakt zwischen mir und ihm zu unterbinden und zu korrumpieren, ich wurde erpresst wegen ihm und mir wurde durchgehend gedroht, beispielsweise, er stellte diese Interesse gänzlisch ein, als er merkte das alles um ihne rum sein gedammter freundes famileinkreis sein soziales Umfeld sich gegen ihn stellen würde, aus ihrer eigenen geschichte heraus, wenn er kontakt zum mir aufbauen würde oder in irgend eine Assoziation mit mir treten würde. naja es sind halt Prozesse die si
    ch durch jahrezehnte ausdehnen, das hier ist nur ein auszug.

    er hat mittlerweile eine Freundin und steht kurz vor der Approbation.
    meine ziele sind eigentlich das es ihm gut geht und das er das für sich bekommt was er will und das ich da kriege was ich für mich will. kennt jemand leute die ähnliches vergleichbaren im muster durchlebt haben?
    ic stelle dies zu debatte hierrein weil man im rechtssystem doch auch leute hat die ziel von missbrauch und fotler wurden, wie ist für euch das leben damit wie kommt ihr klar damit ich suche nicht von psycho Therapie oder dergleichen, sondern frage wie ist eure Integrität damit. ich möchte leute kennenlernen die ein Bewusstsein dafür haben und wissen welche folgen es nach sich zieht. ich will Erfahrungen austauschen und ielleicht etwas Sicherheit für mich die ich auch gern bieten will, in rechtsund lebenstreue.
    bei dem letzten sexuelle missbrauch direkt durch seinen vater war ich 7 jahre alt.
    es ging über tage und es waren seine zukünftige frau und meine Eltern wie der bruder meiner mutter ihre schwester beteiligt.
    ich gebe ihm keine schuld daran was sein vater getan hat, aber all die jahre stand ich unter einfluss dieser Personen und ihrer Willkür und ihrem Selbstbetrug.
    meine Empfindungen sind keine Ableitungen von dem was mir angetan wurde. nein, es wurde mir angetan eben weil ich so war wie ich bin. nicht pädophil und nicht schizophren.
    im Gegenteil ich war auffällig gedächtnisstark bewusst ehrlich und selbstkritisch. Kompetenz und realtitätstreu.
    er muss und musste mich nicht lieben, aber in dieser rechtsuntreue und dekapitalisation die auch in der Ursache ja der motivlage der Täter liegt, it bei dieser personalisierungs verflichtungs optionalisierungs kapitalisations begabungs und talentierungsform fällt es mir extrem schwer ohne Objektivierung nicht als kranker oder unglaubwürdiger herzustellen damit ich mein leben leben kann. im Gegenteil jegliche kompetenzbildung von mir ob beruflich wohnlich körperlich beziehungstechnisch sozial wurde und wird permanent torpediert, sie fühlen sich damit im unrecht und in einer neurotischen form bedroht, über jahre,, das fängt schon bei meiner Körperpflege an, sie fühlen sich schon bedroht wenn ich mir die haare schneide oder die zähne putze, ich fühle mich wie ein antistar oder eine speermullwand, arguemtnationsgrundlage für den geschlechts und sozialverkehr dieser leute, mich räumlich zu entfernen wurde und wird mir unmöglich gemacht, habe ich mehrmals versucht, ic
    h lief schon als Kind zu einem Amtsrichter erhalf mir nicht, er meinte das er keinen Eltern ein Kind wegnnehmen könne weil es homosexuell ist, und nicht mit den eigenen Eltern klar kommt, ich war bei Jugendamt bei der Polizei die meinten sie hättten genug mit den eigenen kinder zu schaffen damals war ich nichtmal 10.
    mich als paranoid hinzustellen ist fachlich ähnlich kompetent wie sie vor eine spermüllwand zu stellen und die wand als paranoid und schiizophren zu beschimpfen, den schliesslich haben diese wörter doch ihre Funktion oder nicht?
    meine Glaubwürdigkeit komplett zu vernichten indem man mich unwahren Diagnosen beschift und stigmatisiert kann doch nicht toleriert werden.
    wie geschrieben ichh versuche und versuchte schon mehrmals diesem sozialen missbrauch zu entkommen in eine andere Stadt aber ich bin völlig isoliert dekapitalisiert meine Glaubwürdigkeit und kreditwürde ist vernichtet. im augenblick, stehe Elemente aus dieser sekte um mich rum, und rechtfertigen sich bezüglich ihrer taten weil er nun doch nicht homsexuell sei wie ich und sogar eine Freundin hätte und es getan hat ich nicht, sie fühlen sich in einem permanenten Rechtsstreit mit mir, bezüglich schuld und Unschuld, oder unterstellen mir ich würde von der “Erbsünde” leben wollen.
    ich will mein leben leben, wie und was es auch ist.
    an den pranger gestellt zu werden wie man es aus büchern und Erzählungen kennt, bei der Hexenverfolgung der Judenverfolgung der Christenverfolgung etc. ist kein leben. als Projektionsfläche für die Sexualisierung anderer Personen herzuhalten ob ich will oder nicht.
    das kann doch alles nicht so fern von jedem Sachverstand liegen!
    mit den jahren hab ich festgestellt das alle leute um ihm rum entweder direkt beteilgt waren an diesen untaten oder es instinktiv intuitiv aus irgendeinem Masochismus attraktiv fanden, und deshalb kontakt zu ihm aufbaute, sowohl leute aus dem Ausland als auch verwandte freunde Lehrer etc….
    hat jemand ähnliche Lebenserfahrungen und sucht einen austauschpartner?
    die glaubwürdigkeit alle seiner freunde seiner Familie ist über diesen missbrauch bestimmt und geprägt, es ist form d er optionalisierung, Kapitalisierung talentierung Begabung Personalisierung durch den eingriff in die Integrität eines lebens, von der Geburt bis heute.
    das hier ist nur ein auszug aus dem was ich erlebte. es sprengt so schon den rahmen eines beitrages ich hoffe ihr seht das als anreiz zur kometenzbildung in Lebenswille und treue.

    als er das erste mal eine frau deflorierte wurde ich in die psychatrie zwangseigewiesen und gefoltert über Monate.
    bei seiner jetztigen Freundin werde ich als schwuchtel hingestellt von den leuten hier und als kranker.
    die treibt sich ihn damit ein und seine Eltern bedienen ihre lebenslüge und ihren schuldhandel wie meine Eltern auch, die haben sich so personalisiert begabt talentiert, häuser gebaut. alle leute laufen ihn an ob von Brasilien die USA Japan etc und ich bin am pranger.

  • Eine Verurteilung ohne Beweise wäre das Ende des zivilisierten Rechtstaates – doch um die Verurteilung des Direktors geht es ja nicht, da er längst gestorben ist.
    Wer missbraucht wurde, hat die Scham und scheut sich daher an die Öffentlichkeit zu gehen. Wer nicht missbraucht wurde aber aus anderen Gründen noch eine “Rechnung” offen hat, mag je nach Persönlichkeit den Opferbonus suchen und eigene Erlebnisse aufbauschen.
    Wieso kann ein Bericht nicht veröffentlicht werden, wenn darin Behauptungen gegen einen Toten enthalten sind, die nicht bewiesen werden können – gleichzeitig aber eine als Verleumderin bekannte Reporterin einen Menschen ungestraft mit Lügen ins Gefängnis bringen?
    Wenn Karl Dall sich selbst die Schuld gibt, von einer kranken Reporterin unschuldig ins Gefängnis gebracht zu werden, dann sind wir wieder auf der Ebene angelangt, an denen die Opfer zu den Schuldigen gemacht werden: Jetzt heisst es nicht mehr, dass sie selbst Schuld sei, weil sie aufreizend gekleidet gewesen wäre. Jetzt heisst es, dass er selbst Schuld sei, weil er sich mit der Reporterin alleine getroffen hätte.
    Wenn man einfach nur die Verhältnisse umdreht, schafft man noch keine Gerechtigkeit!

    • “Wieso kann ein Bericht nicht veröffentlicht werden, wenn darin Behauptungen gegen einen Toten enthalten sind, die nicht bewiesen werden können – gleichzeitig aber eine als Verleumderin bekannte Reporterin einen Menschen ungestraft mit Lügen ins Gefängnis bringen?”

      Zum ersten Teil: Auch nach dem Tod ist niemand vogelfrei. Zumal auch die Angehörigen einen Anspruch darauf haben, dass eine Zeitung keine Behauptungen in die Welt setzt, die sich nicht beweisen lassen.

      Zum zweiten Teil: Falsche Verdächtigungen können gemäß § 164 des Strafgesetzbuches mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden. Ob die Reporterin “ungestraft” davon kommt, bleibt also abzuwarten. Ob es sich bei ihrer Version um “Lügen” handelt, ist übrigens noch nicht bewiesen, auch wenn einige Indizien dafür sprechen mögen.

    • “Jetzt heisst es, dass er selbst Schuld sei, weil er sich mit der Reporterin alleine getroffen hätte.”

      Karl Dall ist seit Jahrzehnten im Showbusiness. Er ist sehr bekannt. Ein VIP. Für solche Menschen in besonders exponierter Situation gelten andere Regeln, was den Kontakt zu Journalisten angeht, als für Normalos. Sollten sich die Vergewaltigungsvorwürfe als falsch erweisen, dann wird sich Karl Dall zu recht die Frage stellen, ob er zu unvorsichtig war und Sicherheitsaspekte außer Acht gelassen hat.

      Den Generalverdacht, dem sich viele Opfer von Sexualstraftaten ausgesetzt sehen mit dieser Angelegenheit zu vergleichen, finde ich nicht angemessen. Hier liegt kein Machtgefälle vor. Im Gegenteil.

      Angelika Oetken, Berlin-Köpenick

  • Vermutlich werden die Opfer, wenn es sie denn gibt, so etwas wie eine interne Abwägung vollziehen. ‘Lohnt es sich nach all den Jahren noch?’, werden sie sich fragen. ‘Welche Risiken gehe ich ein? Welchen Nutzen kann ich stiften? Werde ich etwas zum positiven verändern oder wird mein Einsatz für die Katz’ sein?’

    Leider gehört es zu den schlimmen Folgen des Opfer werdens, dass man seine eigene Wirksamkeit und die Hilfsbereitschaft seiner Mitmenschen notorisch unterschätzt nach solchen Erfahrungen. Es ist also sehr gut möglich, dass ein Appell an die Moral der eventuell Missbrauchten (Ihr werdet gebraucht, Leute!) genau so wenig bewirkt wie ein Appell an die Moral der eventuellen Täter (Stellt euch endlich, dann seid ihr die Vergangenheit mal los und braucht euch nicht mehr fürchten vor der drohenden Enttarnung!)

    Wenn man oft genug erlebt hat, dass die eigenen Aussagen ignoriert, absichtlich fehlinterpretiert, in ihr genaues Gegenteil verkehrt oder aber schlicht bagatellisiert werden, der hält irgendwann den Mund. Wer Ohnmachtsgefühle kennt, der möchte sie in aller Regel nicht unendlich wiederholen. Hoffnungen auf die Moral seiner Mitmenschen zu setzen, ist ein Luxus, den sich nur zwei Sorten Menschen leisten können. Die eine Sorte ist nie Opfer gewesen und die andere hat rein gar nichts mehr zu verlieren. Alle anderen bilden sich felsenfest ein, sie könnte keine einzige enttäuschte Hoffnung zusätzlich verkraften. Sie seuen das Risiko – und schweigen.

    • @Anke:
      @Anke: ich stimme Ihnen in Ihrer Einschätzung voll zu.

      Und möchte die noch ergänzen: die Verantwortlichen, also Diejenigen, die TäterInnen, Mit-TäterInnen oder Missbrauchsprofiteure sind setzen auch nicht auf die Moral ihrer Mitmenschen. Zum Einen weil sie selbst keine haben, allerhöchstens medienwirksam Moral deklamieren. Zum Anderen weil sie auf viel wirksamere Mittel setzen. Einfaches Schweigen bei durchschnittlichen Fällen innerhalb von Institutionen ist ihnen 20 000 Euro wert. Handelt es sich um organisierten Missbrauch durch VIPs ist sicherlich ein Vielfaches dieser Summe drin.

      Und wenn zusätzlich gemordet wird, wie im geschilderten Fall: kommt darauf an, wer seinen Namen im Falle eines Falles nicht in der Zeitung lesen möchte.

      Grundsätzlich empfehle ich allen Missbrauchsopfern Pragmatismus. Erlauben Sie sich Menschen so zu sehen wie sie sind. Machen Sie sich klar, dass Übergriffigkeit – auch – ein gesellschaftliches Erfolgsprinzip ist und sexuelle Gewalt ein traditioneller Bestandteil unserer Sexualkultur.

      Dass man grundsätzlich Jedem Alles zutrauen und mit Allem rechnen sollte: da erzähle ich ja keinem Opfer was Neues.

      MfG,
      Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von über 7 Millionen Wahlberechtigten in Deutschland die in ihrer Kindheit Opfer schweren sexuellen Missbrauchs wurden

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