vonHelmut Höge 07.05.2007

Hier spricht der Aushilfshausmeister!

Helmut Höge, taz-Kolumnist und Aushilfshausmeister, bloggt aus dem Biotop, dem die tägliche taz entspringt.

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Das Museum Ludwig in Budapest ist nur eins von dreizehn Museen des Kunstmäzens Ludwig, dazu gehört auch ein elektronisch versenkbarer Poller, der die Zufahrt zum Haupteingang versperrt. Das Budapester Ordnungsamt setzte ein Schild daneben, das den Autofahrern seine Funktionsweise erklärt (ein Übersetzung aus dem Ungarischen wäre hierbei wünschenswert – siehe dazu zweites Photo). Weil aber immer wieder Autofahrer versuchten, sich am versenkbaren Poller vorbeimzumogeln, stellte der Hausmeister des Museums noch einen Handmade-Poller daneben auf:DSC00315.JPGDSC00317.JPG

Zum Ludwig-Museum Budapest sei noch dies hinzugefügt – aus wdr.de von Nina Magoley:

Protestplakate, fliegende Eier, Farbbeutel: Die Aufregung ist groß, als das Kölner Museum Ludwig vor 20 Jahren, am 6. September 1986, erstmals seine Pforten öffnet. Aufgebrachte Bürger machen ihrem Ärger Luft. Dabei scheint Köln das Glück geradezu in den Schoß gefallen zu sein.

Hat doch der Aachener Schokoladenfabrikant Peter Ludwig der Stadt eine Sammlung moderner Kunst geschenkt, die in Größe und Wert weltweit einmalig ist. 340 Werke moderner Kunst nach 1945, die größte Sammlung amerikanischer Pop Art außerhalb der USA. Damaliger Wert der Sammlung: 150 Millionen D-Mark. Die Stadt Köln ist zu diesem Zeitpunkt ziemlich pleite. Warum also diese Aufregung?

“Die Macht am Rhein” titelt die “Zeit” pünktlich zur Eröffnung des neuen Museumsbaus. “Peter Ludwig war nie ein schlicht verrückter Sammler”, erklärt die Wochenzeitung weiter , “sondern immer ein machtpolitisch ambitionierter Sammlerstratege”. Schon sechs Jahre vorher, 1980, hatte Ludwig mit einem Vorschlag unmissverständlich klar gemacht, wo er sich als Person im öffentlichen Kunstbetrieb positionierte. Seine Idee, die er dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt vorlegte, war die einer “Nationalstiftung” – bestehend aus seinen eigenen Sammlungen – in der die Bundesregierung, das Land NRW, die Stadt Köln und er selbst gleichberechtigte Partner sein sollten.

Als die Zustimmung der Bundesregierung ausblieb, verkaufte Ludwig eine ebenfalls wertvolle Sammlung mittelalterlicher Handschriften für 100 Millionen D-Mark an das kalifornische J. Paul Getty Museum. Jetzt war man gewarnt. Denn, wie die Zeit weiter schreibt, “hier waren nicht nur die Kölner, sondern die halbe deutsche Nation gezüchtigt worden von einem Mann, der straft wie der Herrgott des alten Testaments”.

Bald war man sich einig, die Planung für ein neues Museum konnte beginnen. Die Abmachung: Das neue Museum musste für alle Zeiten den Namen “Ludwig” tragen und sollte Wohn- und Arbeitsräume für Ludwig und seine Frau Irene enthalten. Der mächtige Kunstmäzen, so mutmaßte die “Frankfurter Rundschau”, wolle sich “ein Denkmal setzen”, und die Ratsherren der Domstadt “tapsten blind in etwas hinein, das einem Außenstehenden fast wie eine Falle vorkommt.”

eitere Kritiker treten auf den Plan: Nicht nur erzürnte Kölner Bürger, die das neue Museum angesichts der städtischen Finanzmisere für größenwahnsinnig halten. Auch Künstler und Schriftsteller schließen sich zu empörten Bündnissen zusammen. In einem Memorandum protestieren die Direktoren von 15 nordrhein-westfälischen Museen gegen diese “unnötige” und “gefährliche” Idee. Auf der Internationalen Kunstausstellungsleiter-Tagung im Juni 1982 warnt der damalige Kulturdezernent von Mönchengladbach, Busso Diekamp, vor einer “absoluten Marktbeherrschung, ja sogar Kunstlenkungsmöglichkeit” durch den vermögenden Industriellen Ludwig: “Wenn Herr Ludwig bestimmte Richtungen fördert, so gibt es dann immer plötzlich ganz viele Maler, die in dieser Weise malen.”

Das Museum am Fuß des Kölner Doms wird gebaut, begleitet von heftigen Protesten. Mit dabei ist Martin Stankowski, Journalist und Kölner Stadthistoriker. “Es gab damals viele Aktionen”, erinnert er sich, “Anti-Ausstellungen, Anti-Grundsteinlegungen – es war die Zeit der Happenings.” Den Bürgerinitiativen geht es dabei um zwei Aspekte: “Zum einen war da die Wut über das viele Geld, das die Stadt ausgeben wollte, zum anderen darüber, wie ein einzelner mit seinen gesellschaftlichen und ästhetischen Normen so stark Politik betreiben kann.”

Peter Ludwig ist zu diesem Zeitpunkt ein reicher Mann. Mit Schokoladenmarken wie Trumpf und Lindt verdient der Kunstliebhaber ein beträchtliches Vermögen. Doch er scheint mehr zu wollen. In den folgenden Jahren entstehen weitere Dependancen des Kunstimperiums Ludwig – unter anderem in Aachen, Basel, Wien, Budapest und St. Petersburg. Klare Regel in allen Häusern: Niemals darf der Name Ludwig geändert werden. “Der Überlebenstrieb”, sagt Ludwig einmal, “ist ein Urtrieb im Menschen. Die Vorstellung vom Weiterleben nach dem Tod. Man will mit seinem Blut in die Zukunft gehen.” Auch Kinder seien “eine Frucht dieser Vorstellung”. Sammler und Künstler, so der Schluss, könnten mit dem Ergebnis ihrer Sammelleidenschaft “über ihren Tod hinaus wirken”.

Und in der Tat: Der Einfluss des Pralinenfabrikanten selbst auf die Künstler wächst ständig, so erinnert sich auch die langjährige Vizedirektorin des Museums, Evelyn Weiss. “Er wusste natürlich, dass, wenn er auf den Kunstmarkt ging, die Leute auf die Uhr geschaut haben: Wie viele Minuten ist er in der Koje gewesen, wie viele Minuten da, und wie lange hat er sich das Bild angeschaut und wen hat er begrüßt”. Ludwig aber, so versichert sie, habe “das nicht gewollt”.

Was Kritiker befürchteten, geschieht: Im Gegensatz zu anderen Museen kann Ludwig mit seinem Privatvermögen nach Lust und Laune neue Werke ankaufen. Dennoch: Es sei eine demokratische Museumspolitik gewesen, sagt Evelyn Weiss, die neue Einkäufe immer mit ihrem Team von Mitarbeitern besprach: “Es ist nie ein Werk ohne unser Jawort ins Haus gekommen.”

Ende der 80er Jahre beginnt Ludwig, Werke von bis dato unbekannten Künstler der damaligen Sowjetunion oder Rumäniens zu kaufen – zum Unmut seiner Mitarbeiter. “Das hat mir schon schlaflose Nächte bereitet und zu sehr vielen Diskussionen geführt,” erinnert sich Evelyn Weiss. Viele der Werke stammten aus Ländern, in denen Diktatur herrschte. “Das konnte ich einfach nicht gut heißen.” Ludwig kauft die Werke zwar, an die Wände des Kölner Museums, in die ständige Sammlung aber gelangen diese Bilder nie. Ebenso scheitert Ludwigs Plan einer Ausstellung mit Werken Arno Brekers, dem gefeierten Auftragsbildhauer der Nationalsozialisten, am Widerstand seiner Mitarbeiter.

Als Peter Ludwig 1996 völlig unerwartet an den Folgen einer Blinddarmentzündung stirbt, besitzt Köln längst ein Museum mit Weltruf. Sein Tod war – trotz aller Machtbesessenheit – für Köln als Kulturstadt ein Verlust, sagt Evelyn Weiss, die als Vizedirektorin inzwischen im Ruhestand ist, heute. “Es ist eine Stimme verloren gegangen, auch für anderen Museen, die in der Politik gehört wurde: manchmal unbequem, aber sehr engagiert.” Dass Köln inzwischen als Kunststadt international an Bedeutung verloren hat, sagt sie, könne auch daran liegen, “dass diese Stimme sich nicht mehr erhebt.”

(P.S.: das Museum Ludwig Budapest zählt neben der Kunsthalle zu den wichtigsten ungarischen Institutionen für zeitgenössische Kunst)

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