vonHelmut Höge 20.08.2008

Hier spricht der Aushilfshausmeister!

Helmut Höge, taz-Kolumnist und Aushilfshausmeister, bloggt aus dem Biotop, dem die tägliche taz entspringt.

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Heute bekam ich als Aushilfshausmeister einen Autorenauftrag: Ich soll von der 2. Berliner Hausmeisterkonferenz berichten, die am 16.September stattfindet. Ihr Motto lautet: “Zwischen Umwelt und Umfeld – Der Hausmeister als Schnittstelle.”

Das erzählte ich vorhin Ralph von der Telefonzentrale, er war früher Rinderpfleger auf Schiffen, die von Marseille nach Ägypten fuhren. Ralph meinte, mit den Schnittstellen sei das so eine Sache. Als Beispiel erwähnte er die zwei Kaffeemaschinen neben dem Konferenzsaal, für die er zuständig ist. Das war mal ganz anders geregelt, nämlich so, dass jeder taz-mitarbeiter Kaffee gekocht hat, wenn die vier Kannen fast leer waren. Ralph konnte sich noch daran erinnern. Als er das erst Mal in der taz war und sich einen Kaffee einschenken wollte, sagte die Leserbriefredakteurin laut zu den um die Kaffeemaschinen stehenden: “Könnt ihr nicht mal Kaffee machen?!” Ralph fand das völlig in Ordnung. Aber dann wurde er in der Telefonzentrale der Abo-Abteilung zugeordnet und der neue Abteilungsleiter fragte ihn eines Tages: “Willst du zwischendurch Abo-Telefonate annehmen oder auf die Kaffeemaschinen achten?” Ralph wollte letzteres. Als er dann im Urlaub war, schrieb der Abteilungsleiter in einer Intranet-Mail “Für die Kaffeemaschinen ist Ralph verantwortlich” Zack hatte er eine erweiterte Arbeitsplatzbeschreibung. Die Folge war, dass mit der Zeit immer mehr Redakteure an die Kaffeemaschinen kamen, um sich eine Tasse einzuschenken – und wenn der Kaffee alle war, riefen sie – mehr oder weniger erbost – in Richtung Telefonzentrale/Ralph: “Es ist kein Kaffee mehr da!” Den Anfang dazu machte eine Kulturredakteurin. Eine Weile setzte außer Ralph niemand mehr neuen Kaffee auf, jetzt finden sich jedoch immer öfter Praktikanten, die das tun, weil sie noch nicht wissen, dass das Kaffeeaufsetzen zu Ralphs Aufgabenbereich  gehört.

Als Erwiderung auf diese interessante Geschichte über die schleichende Trennung von Hand- und Kopfarbeit und die damit einhergehende Verblödung auf beiden Seiten sowie die wachsende Distinktion auf einer, erzählte ich Ralph von einem sechsstöckigen Mathematik-Institut an einer englischen Universität, wo die Angestellten unten in der Kaffeeküche eine Videokamera installierten. Bevor sie nun runtergehen, um sich eine Tasse Kaffee zu holen, klicken sie sich erst einmal ins Internet und kucken auf ihrer Webpage, ob überhaupt noch Kaffee in den Kannen ist. Das System ist nicht schlecht, allein, das Problem, wer setzt neuen Kaffee auf, wenn alle Kannen leer sind, ist damit noch nicht gelöst.

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https://blogs.taz.de/hausmeisterblog/2008/08/20/die_schleichende_trennung_von_hand-_und_kopfarbeit/

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