vonHelmut Höge 28.11.2011

Hier spricht der Aushilfshausmeister!

Helmut Höge, taz-Kolumnist und Aushilfshausmeister, bloggt aus dem Biotop, dem die tägliche taz entspringt.

Mehr über diesen Blog

Nach den schrecklichen Bildern des letzten blog-eintrags nun die schönen – aus Arabien, voller Urlaubsfreuden, Romantik, Zwischenmenschlichkeit, Frohsinn und Wellness:

Tunesien – zufällige Begegnung

Marokko – im Strandcafé

Marokko – mit einheimischem Führer

 

Algerien – mit Kamelführer

 

Beirut – mit den freundlichen Zimmermädchen

 

Tunesien – auf weißem Kamel mit schwarzem Kamelführer

 

Ägypten – lustiges Strandleben zu dritt

 

Ägypten – fröhliches Strandleben zu zweit

 

Ägypten – ausgelassenes Strandleben zu dritt, einmal andersherum

 

Algerien – im Kreis lebensbejahender  Berberfrauen

 

Saudi-Arabien – Freundschaftsbesuch von vier südasiatischen  Gastarbeitern

 

Nordsudan – angeregtes Feilschen um den Preis eines Kamelritts

 

Oberägypten – aufregende Vorstellung mit Giftschlangen

 

Bahrain  – eine Begegnung am Rande der Wüste und des Meeres

 

Libyen – exotische Einblicke in das Leben von Beduinen

 

Ägypten – zu lange in der Sonne gelegen

 

Libanon – hilfreiche Hände gerade dann, wenn man sie braucht

 

Libanon – Antike Sehenswürdigkeiten in Hülle und Fülle

 

Ägypten – Nahezu unverfälschte Kamelmärkte

 

Ägypten – Und abends eine nette Begegnung in der Hotel-Tiefgarage

 

Ägypten – Oder eine freundliche Einladung ins Offizierkasino

 

Sinai – bei den gastfreundschaftlichen  Beduinen

 

Libanon – bequemer geht der Aufstieg  kaum noch

 

Marokko – Kamele auf dem Bürgersteig, bei uns undenkbar

 

Dubai – Esel zum Anfassen, auch das war im Preis inbegriffen

 

Tunesien – pittoresker Schafsmarkt, durch Zufall entdeckt

 

Tunesien – eine Bande Jugendlicher, die uns durch Zufall entdeckten

 

Rotes Meer  – arabische Male-Revue auf dem Kreuzschiff

 

Ägypten – gelungene Krokodil-Performance

 

Ägypten – ein Photo von unseren zwei Boys zum Abschied

 

Marokko – Ich, ein letzte Mal auf “meinem” Lieblingskamel

 

Tunesien – der Strandwächter versucht uns zuliebe ein altes deutsches Herrschsftszeichen nachzustellen

 

Ägypten – stolz führte die Spezialeinheit der Polizei uns ihre deutschen Schäferhunde vor

 

Marokko – der alte Mann blieb extra stehen, damit wir ihn photographieren konnten

 

Israel – Badefreuden im Schwimmbecken eines Kibbuz

 

Jemen – Zufallsbegegnung im Basar der Hauptstadt

 

Israel – Exkursion durchs Heilige Land

 

Ägypten – modernste Behandlung im Amerikanischen Krankenhaus

 

Marokko – kompetente Beratung, auf Deutsch sogar

 

Junge-Welt-Rezension eines Buches von  Bernhard Schmid über die Arabischen Aufstände:

Die vor nunmehr fast einem Jahr überraschend losgebrochenen Revolten in verschiedenen arabischen Ländern sind keineswegs beendet. Was auch nicht verwundern kann – sind die Ursachen der Erhebungen doch in keinem dieser Staaten beseitigt. Die bürgerliche Presse schwankt nach wie vor zwischen Revolutionseuphorie und der Angst vor einem letztlichen Sieg islamistischer Gruppen.

Der kürzlich erschienene Band »Die arabische Revolution? Soziale Elemente und Jugendprotest in den nordafrikanischen Revolten« des in Frankreich lebenden Rechtsanwalts Bernhard Schmid vermittelt zahlreiche wenig bekannte Hintergrundinformationen zur Situation in verschiedenen Staaten Nordafrikas und Vorderasiens. Gleichzeitig stellt er schon im Titel das von den bürgerlichen Medien einseitig kolportierte Bild von einer »arabischen Revolution« zwecks Herstellung einer bürgerlichen parlamentarischen Demokratie in Frage.

Schmid charakterisiert die Machtverhältnisse in den arabischen Ländern als durchgehend undemokratisch und repressiv, unabhängig davon, ob es sich um überkommene Feudalherrschaften wie zum Beispiel in Saudi-Arabien oder um vergleichsweise moderne Präsidialdiktaturen handelt. Die politische Parteienlandschaft, soweit überhaupt vorhanden, differenziert er in bürgerlich-nationalistische, konservativ-islamische oder prowestlich-liberale Strömungen. Wobei er vor allem die verschiedenen islamistischen Gruppen und Strömungen einer gründlichen Analyse unterzieht. Die Linke ist in all diesen Ländern sehr schwach, zum Teil überhaupt nicht vorhanden. Infolge der Bevorzugung bestimmter Bevölkerungsgruppen durch das jeweilige Regime werden soziale Proteste häufig entlang ethnischer und religiöser Trennlinien ausgetragen.

Im Buch wird mit der Legendenbildung um die sogenannten Facebook-Revolutionen gründlich aufgeräumt. Schmid schreibt, daß die moderne Infrastruktur über Internet und Mobiltelefone bei der Organisierung der Oppositionsgruppen im Vorfeld der Revolten zwar benutzt wurde, aber keineswegs ausschlaggebend war. Als verschiedene Regierungen per Zensurakt den Internetzugang abschalteten, hatte das auf den Fortgang der Proteste faktisch keinen Einfluß. In Tunesien hätte die Benutzung der neuen Medien durch die Opposition beinahe ein böses Ende genommen: Da Providerfirmen sich im Besitz des Regimes befanden, hatten Informationsministerium und Geheimdienst ungehinderten Zugriff auf sämtliche übermittelten Nachrichten und kannten daher die Identität der Nutzer. Nur die Fülle der auszuwertenden Daten und der schnelle Zusammenbruch des Regimes hat damals eine Verhaftungswelle verhindert.

Die Ursache für die Revolten überwiegend städtischer Jugendlicher sieht Schmid in der zunehmenden wirtschaftlichen Verknüpfung arabischer Länder mit den entwickelten westlichen Industriestaaten. Als Folge unterlag die (ohnehin schwache) einheimische Industrie der Konkurrenz importierter Billigwaren. Es folgte zwar ein begrenzter wirtschaftlicher Aufschwung durch die Umgestaltung einheimischer Produktionsstandorte als Zulieferer für westliche Großunternehmen. Diese beschäftigten aber vorwiegend schlecht ausgebildete Hilfskräfte als Billigarbeiter; die akademisch ausgebildete Jugend war faktisch ohne Erwerbsmöglichkeit. Die Alternativen waren Auswanderung (was durch die Kumpanei ihrer Regierungen mit der westeuropäischen Grenzschutzagentur Frontex weitgehend verbaut war) oder prekäre Beschäftigung in der (bei Schmid als »informeller Wirtschaftssektor« bezeichneten) halblegalen Schattenwirtschaft. Mehrere repressive, aber erdölreiche Regimes, wie beispielsweise Saudi-Arabien, beeilten sich daher auch nach dem Losbrechen der Revolten in den Nachbarstaaten, durch Erhöhung von Sozialleistungen einem befürchteten Überschwappen der Proteste im Vorfeld das Wasser abzugraben. Bisher mit Erfolg.Schmid listet in seinem Buch zahlreiche Menschenrechtsverletzungen arabischer Regimes auf, die zur Wucht der plötzlichen Revolten beitrugen. Er schreibt aber auch, daß eine grundsätzliche Änderung der Verhältnisse mit dem Sturz des tunesischen und des ägyptischen Diktators nicht erreicht wurde. In tunesischen Polizeistationen wird inzwischen weiter gefoltert. Und die ägyptische Armeeführung ist offensichtlich nicht gewillt, ihre bisher herausragende Stellung in der Gesellschaft freiwillig zugunsten eines Demokratisierungsprozesses aufzugeben. Was nicht verwunderlich erscheint – wie Schmid schreibt, ist das Militär größter Bodenbesitzer des Landes; zahlreiche Generäle sind gleichzeitig Unternehmer.

Redaktionsschluß für das Buch war im August 2011. Die Schilderung der Ereignisse bricht zu diesem Zeitpunkt ab. Zum Verständnis der aktuellen Entwicklung liefert es dennoch eine Fülle von nützlichen Informationen, die in der Tagespresse kaum zu finden sind.

Bernhard Schmid: Die arabische Revolution? – Soziale Elemente und Jugendprotest in den nordafrikanischen Revolten. Edition Assemblage, Münster 2011, 118 Seiten, 12,80 Euro

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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