vonImma Luise Harms 17.03.2017

Land Weg

Das Land ist Ressource und Erweiterungsgebiet für die Stadt, aber auch ihre bestimmte Negation. Grund zum Beobachten, Experimentieren und Nachdenken.

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Bäume schneiden, Sträucher schneiden. Das ist nicht wegwerfen? Doch, das ist ein schwieriger Akt des Verwerfens. Nicht wie Haare schneiden oder Fingernägel schneiden. Die wachsen ja wieder; sie sind nur in ihrer Quantität gemindert, nicht in der Substanz berührt. Anders so ein Ast im Apfelbaum. Er will wachsen, hat bereits Knospen, er steht schön da, stark, erwartungsvoll. Aber der Baum muss ausgedünnt, das Innere der Krone licht gemacht werden. Dieser Ast oder der daneben? Einer von beiden muss raus, sie nehmen sich den Raum, scheuern aneinander. Die Entscheidung fällt, vielleicht ein wenig willkürlich; die Kriterien, warum dieser und nicht der andere, wirken konstruiert. Nachdem der Schritt getan ist, der Schnitt angesetzt wird, erscheint der betroffene Ast immer entbehrlicher, geradezu eine Belastung für die ganze Astgemeinschaft, schlecht gewachsen, eigentlich ohne Perspektive.
Da fällt er durchs Geäst auf den Boden. Blick in die Krone. Nein, er fehlt nicht. Alles luftig und leicht jetzt. Erleichterung. Die anderen Äste werden neue Kospen treiben und die Lücke füllen.

Beim Zerschneiden des verworfenen Astes streift der Blick die kleinen braunen Knospen. Ein Anflug von Schuldbewusstsein und Trauer, vielmehr eine kurze innere Prüfung, ob so etwas zu spüren ist.
Ist schon vorüber. Man kann ja noch ein paar Zweige davon in die Vase stellen.

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