vonericbonse 22.05.2017

Lost in EUrope

Eric Bonse, EU-Korrespondent der taz in Brüssel, schreibt hier all das über Europa und seine Krise(n), was die EU gerne verdrängen würde | Bild: dpa

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Griechenland hat geliefert – und das bisher härteste Kürzungs- und Reformpaket der achtjährigen Eurokrise beschlossen. Doch Deutschland will nicht liefern – und blockiert eine Einigung mit dem IWF. Wenn es nun wieder kracht, ist es Schäubles Schuld.

50:50. So schätzten Brüsseler EU-Experten noch Ende letzter Woche die Chance auf eine Einigung in der Eurogruppe am Montag. Doch seit Samstag sinkt diese Chance gegen Null.

Denn an diesem Tag ließ Bundesfinanzminister Schäuble (CDU) die Katze aus dem Sack. Im neuen Zentralorgan der Bundesregierung, der BILD-Zeitung, ließ er mitteilen (zit. nach n-tv):

Deutschland sei gegen längere Kredit-Laufzeiten und die Übernahme von Darlehen des IWF durch den Eur1o-Rettungsschirm ESM. “Solche wie auch andere Schuldenmaßnahmen stehen nicht an.”

Da Schäuble bei dieser harten Haltung geblieben ist, brach am Montagabend die nächste Schuldenkrise um Griechenland aus. Denn alle warten auf “Schuldenmaßnahmen”.

Das “Dorftheater” beenden

Der IWF fordert sie bereits seit der letzten großen Krise 2015. Und Brüssel will sie, um dem “Dorftheater” (NZZ) endlich zu schließen. Schäuble müsse sich bewegen, so das Schweizer Blatt:

Bis nach den deutschen Wahlen hinausschieben lässt sich der Entscheid kaum. Griechenland muss im Juli alte Schulden von über 7 Mrd. € zurückzahlen, was es aus eigener Kraft kaum schaffen dürfte. Und da die Europäer eine weitere ESM-Auszahlung ohne vorgängige Einigung mit dem IMF bis jetzt ausschliessen, nach einer Grundsatzeinigung aber noch einige Wochen für die nötigen Formalitäten benötigen, wird die Zeit allmählich knapp. Die anhaltende Unsicherheit ist nach Ansicht vieler Ökonomen bereits der Hauptgrund dafür, dass Griechenland in den letzten beiden Quartalen in eine Rezession zurückgefallen ist.

Richtig, doch was ist schon eine griechische Rezession gegen einen deutschen Wahlkampf? Und was zählt schon das Wort des IWF gegen ein Machtwort des Bundesfinanzministers?1

Am Montagabend werden wir es wissen. Wenn es dann kracht, so ist es Schäubles Schuld. Ausmachen dürfte ihm das wenig. Schließlich arbeitet er auf dieses Worst-Case-Szenario schon seit Monaten hin.

Gute Gelegenheit für den Grexit?

Und schließlich hatte er im Juli 2015, nach der (von Frankreich erzwungenen) Einigung mit Griechenland, noch tagelang behauptet, ein Grexit – der Rauswurf aus dem Euro – wäre die beste Lösung.

Fast könnte man meinen, er arbeitet schon wieder darauf hin. Die Gelegenheit wäre günstig – denn diesmal sind Schäubles  Gegenspieler noch schlechter vorbereitet als 2015.

Frankreichs neuer Finanzminister Le Maire wird sich kaum beim ersten Treffen mit ihm anlegen wollen. Und IWF-Chefin Lagarde ist vom unberechenbaren US-Präsidenten Trump abhängig…

Siehe auch “Schäuble nimmt Griechen als Geisel” 

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https://blogs.taz.de/lostineurope/2017/05/22/einer-gegen-alle/

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