vonChristian Ihle & Horst Motor 18.03.2008

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Es ist ein schlecht gehütetes Geheimnis: die beste Bar Berlins steht im Niemandsland zwischen Mitte und Prenzlauer Berg, ist von außen nicht zu erkennen, spielt innen tagein tagaus Jesus & The Mary Chain, Wire wie die Sonics und öffnet im Prinzip erst dann, wenn andere schon wieder schließen.
Die 8mmBar in Berlin verstand es in den letzten Jahren eine unangestrengte Lockerheit in die Berliner Barlandschaft einzubringen, die sich jedwedem Tattoo-, Neon- oder Illegalemkellergewölbeirrsinn einfach entsagte und dabei doch, ja genau, cooler war als alle anderen Möglichkeiten, in Berlin ein Bier, einen Schnaps und einen Longdrink zu bestellen.8mm Musik

Nun eröffnet die kleine Berliner Bar ihr eigenes Plattenlabel 8mm Musik, findet natürlich in der Garage ihre Heimat und veröffentlicht eine “8mmShots” benannte Compilation. Das Besondere und eben auch gerade typische an Bar wie Compilation ist, dass es nicht die bekannten Namen und Semi-Berühmtheiten wie Tarwater oder Julia Hummer sind, die dieses Ding so toll machen, sondern die nie vorher gehörten WG (wie die seligen PopTarts, die über Chlamydien singen und Typen namens “The Greek” und “Fisherman” als backing Band auffahren) oder die isländischen Singapore Sling (als würden Jesus & Mary Chain auf einem Geysir shoegazen). In der Mitte des Albums versteckt sich dann noch ein Solotrack von Josh T Pearson, dem Sänger der verblichenen amerikanischen Indie-Rock Band Lift To Experience: ein achtminütiges Gitarrengeschrammel das ganz offensichtlich vor einem Publikum von circa 4 Leuten mit einem Diktaophon aufgenommen wurde – und dabei nichts weniger als der vielleicht beste Song des jungen Jahres ist.
8mmShots ist nicht LoFi, sondern NoFi und passt zur Bar wie Faust auf Auge. Wunderbar.

(Christian Ihle)

Anhören!
* Josh T Pearson: THE CLASH
* The Boggs: Remember The Orphans
* WG: Blah Blah Blah
* Singapore Sling: Sugar (hier)

Im Netz:
* Labelhomepage
* MySpace

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https://blogs.taz.de/popblog/2008/03/18/album-des-monats-februar-platz-2-8mm-musik-8mm-shots/

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kommentare

  • […] Berlin wird in der Außenwahrnehmung ja vor allem mit Minimal, Techno und Electronica aller Art assoziiert. Im Schatten der erdrückenden elektronischen Übermacht hat sich aber ein kleines Biotop mit der 8mm Bar in der Schönhauser Allee als Mittelpunkt herausgebildet, in der eine neue Idee von Krautrock bis Neo-Psych gedeiht. Zum zehnjährigen Jubiläum des an die Bar angeschlossenen Plattenlabels 8mm Musik wird zum zweiten Mal eine Compilation veröffentlicht – und auch hieran sieht man, wie stark das Label in der Zwischenzeit eine eigene Identität gefunden hat, die aus mehr besteht, als die üblichen Verdächtigen und unverbesserlichen Barflys Songs aufnehmen zu lassen wie noch bei der zwar ebenfalls guten, aber eher hetereogenen Compilation zum Fünfjährigen, “8mm Shots“. […]

  • Die schönste Umschreibung des Jahrzehnts: “Also würden Jesus & The Mary Chain auf einem Geysir shoegazen”.

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