vonChristian Ihle 23.09.2009

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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We’ve Got A Fuzzbox And We’re Gonna Use It war einer der schönsten Bandnamen, den uns das C86-Movement einst bescherte. Seit jenem seligen Verzerrer-Jahr 1986 wurde nicht mehr so viel melodischer Krach gemacht wie derzeit – oder zumindest wurde dem Lärm nicht mehr so viel Aufmerksamkeit geschenkt.

ocdgogogo

Im Gegensatz zum zunächst von britischer Seite dominierten C86-Genre sind bisher aber die Kollegen von der anderen Seite des Teichs hauptsächlich am Pedalbedienen: Times New Viking, Wavves, No Age, Crystal Stilts und The Pains Of Being Pure At Heart haben in den letzten Monaten für enormes Rauschen im Blätterwald gesorgt. Schön, dass mit den Lovvers nun auch die Insel wieder auf den Plan tritt. Ähnlich wie Times New Viking – und im Gegensatz zu Wavves beispielsweise – versteckt sich bei den Lovvers in jedem Song eine Melodie, die ob ihrer Eingängigkeit den Einsatz von Verzerrern geradezu einfordert, um nicht zu ansteckend zu wirken. Die Lovvers gehen mit ihrer Vorliebe für Verzerrungen sogar so weit, dass sie auch den Gesang derart übersteuern, dass die Vocals mehr wie ein zusätzliches Instrument, wie eine weitere Gitarre im Mix wirken als dass Texte transportiert werden könnten. Shaun Hencher könnte auf Suaheli singen und man würde kaum ein Wort weniger verstehen…

So mag man den Lovvers vielleicht nicht unbedingt eine allzu große stilistische Vielfältigkeit bescheinigen, aber das Songwriting-Handwerk, das zwischen all dem Krach durchscheint, ist ohne Frage von hoher Güte.
Dass wir uns nicht falsch verstehen: selbstverständlich ist eine Platte, auf der so ziemlich keine einzige Textstelle überhaupt verständlich ist und die Regler brutal in den tiefroten Bereich geschoben werden, auf dass es jedem professionellen Studiotechniker Hören und Sehen verginge, ein Liebhaberobjekt und kaum für Massenverträglichkeit geeignet. Aber wer soll sonst eine Platte wie “OCD Go Go Go Girls” zum Album des Monats machen, wenn nicht der hiesige Popblog, dessen liebstes Album der letzten drei Jahre immer noch das – wohl einfach zu früh erschienene – Indiepopwahnsinnswerk “9 Times The Same Song” von Love Is All ist? (christian ihle)

Anhören!
* OCD GO GO GO Girls
* Human Hair

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=JykLP5tjDwM[/youtube]
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Lovvers im Popblog:
* I Predict A Riot 2009: Wilkommen im Untergrund

Im Netz:
* Indiepedia
* MySpace
* Blog

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https://blogs.taz.de/popblog/2009/09/23/album_des_monats_august_platz_1_lovvers_-_ocd_go_go_go_girls/

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kommentare

  • was für ein erschreckend kleiner kosmos, in den uns der musikred. ihle immer wieder einlädt, die alte bildungsbürger-indie-sonne immer noch im zentrum, als wäre nie etwas geschehen. musikalisch interessantes passiert anderswo. liebe taz, sonst seid ihr doch auch nicht so konservativ, warum bei der musik?

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