vonChristian Ihle 14.10.2010

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Wie wir ja kürzlich bereits semiamüsiert berichteten, hat sich ein kleiner Kampf zwischen Die Welt und Moritz von Uslar entsponnen. Um all das Gezetere über hässliche Eierköpfe, Droh-SMS und Metajournalismus nicht noch einmal in Gänze neu auffächern zu müssen, verweise ich: hier hin.

Nun würde es in den Feuilletonstuben ja langweilig werden, kommentierte man sich nicht ständig gegenseitig und so springt ungefragt die Frankfurter Allgemeine Zeitung Herrn von Uslar bei und tritt dem Welt-Feuilleton-Chef Cornelius Titel auf den eh schon beschmutzten Eierkopf, unterstreicht & verstärkt noch einmal die schon ursprünglich unnötige persönliche Beleidigung und erfindet im Handumdrehen, Kopfabwischen gleich noch ein neues Genre: den Gouvernanten-Journalismus.

“Moritz von Uslar (…) schrieb dem Kulturchef der Zeitung „Die Welt“ ein paar deutliche Textnachrichten, die dieser teilweise veröffentlichte. Die SMS-Schnipsel betrafen einen Artikel des Springer-Blatts, der – man muss das mit neidvollem Schaudern zugestehen – ein neues Genre begründet: den Gouvernanten-Journalismus. Der geht so: Ein Autor (von Uslar) nistet sich drei Monate in einem ostdeutschen Kaff ein, lernt die Einheimischen als ebenso kurioses wie lebenskluges Gemeinwesen kennen und schreibt darüber eine exzellente Mentalitätsgeschichte für das wiedervereinigte Deutschland (“Deutschboden – Eine teilnehmende Beobachtung“). Dann kommt der „Welt-Reporter“ und klappert die Orte noch mal ab, präsentiert den Protagonisten des Buches aus dem Zusammenhang gerissene Textauszüge, nötigt sie zu Stellungnahmen und kommt schließlich zum Resümee: Der Schriftsteller hat die armen Ossis missbraucht und nur seinen „eklatanten Berlinozentrismus“ zur Schau gestellt. (…)

Ist das jetzt die Ultima Ratio journalistischer Arbeit? Muss jetzt jedem Chronisten, dem sich zur literarischen Geste Bekennenden allemal, ein Aufpasser hinterherreisen, der die Wirklichkeit auf Belegstellen für das Kunstwerk abklopft?
Wirklich unerhört ist nur eine Veröffentlichungspraxis: die von SMS-Nachrichten, die eine Person sendet, im Vertrauen darauf, dass Diskretion, zumal im professionellen Austausch, die Kommunikation bestimmt. Dass von Uslar seinem Gegenüber entnervt „Du hässlicher Eierkopf“ schrieb, ist für den „Welt“-Chef Zeichen von Paranoia und Peinlichkeit. Dabei liegt darin womöglich nur eine große Beschreibungsgenauigkeit. Und außerdem der Hinweis, dass im runden Kopf die Gedanken die Richtung wechseln können, das gestauchte Hirn aber nur eine Orientierung kennt: die falsche.”

(Daniel Haas in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung)

Wir halten fest:
– von Uslar beleidigt Glatzköpfe: rules ok.
– von Uslar stimmt einer Veröffentlichung zu, droht aber danach dennoch mit dem Rechtsanwalt: rules ok.
– der Welt-Feuilleton-Chef gibt den Sigmar Gabriel und veröffentlicht Merkel von Uslars SMS: geht gar nicht.

Gespannt warten wir nun auf den Beitrag der Süddeutschen Zeitung zum gleichen Thema. (Christian Ihle)

Willkommen im Metajournalismus:

Das Buch: hier

Der Text über das Buch: hier

Der Text über die SMS-Kanonade zum Text über das Buch: hier

Der Popblogtext über den Text über die SMS-Kanonade zum Text über das Buch: hier

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kommentare

  • Schade nur, dass der Autor die Zehdenicker Lokalpolitik aussen vorgelassen hat. Bis auf einen kurzen Abschnitt wird hier nichts erwähnt. Ein Kapitel, welches von den Politikpossen, des unsäglichen Kleingeistes der Zehdenicker Stadtverordneten und der Naivität dieser Leute berichtet hätte, stünde dem Buch gut.

    Ansonsten ist das Buch wie ein Spiegel für Zehdenick. Ich glaube, nur Zehdenicker können damit etwas anfangen.

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