vonChristian Ihle 18.02.2013

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

Mehr über diesen Blog




Frances Ha


1. Der Film in einem Satz:


“Oh Boy” in New York!


2. Darum geht‘s:





Die 27jährige Frances wohnt mit ihrer besten Freundin in Brooklyn und lebt das typische End20er-Leben: gern kreativ tätig (Tanzchoreographie!), gern rumhängen, gern Quatsch machen und gerade so genug Geld zum Wohnen & Auskommen haben. Doch als die beste Freundin auszieht und ihr Aushilfsjob als Tanzlehrerin gestrichen wird, fallen auch die letzten beiden Konstanten in Frances Leben weg: kein Geld mehr, dafür auch keine Wohnung, aber nun noch mehr Zeit zum Rumhängen.


[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=lppZIudsPWc[/youtube]


Was auch in eine öde wir-haben’s-so-schwer-im-kreativen-Prekariat-in-der-geilsten-Stadt-der-Welt-Story hätte enden können, wird in den Händen von Noah Baumbach (Regie) und Greta Gerwig (Drehbuch und Hauptrolle) zu einer lockeren, leichten, lustigen und aufrichtigen Studie der Orientierungslosigkeit, die nicht nur durch ihren schwarz-weiß-Look und offensichtliche Einflüsse der frühen Nouvelle Vague an das kleine deutsche Kinowunder “Oh Boy” erinnert.
Wie auch Tom Schilling in “Oh Boy” brillierte, spielt sich hier Greta Gerwig in alle Herzen (in denen sie nicht eh schon war). Das It-Girl der Mumblecore-Szene (SICR) hat sich mit diesem Lieblingsprojekt ein kleines Indie-Denkmal geschaffen. Wunderbar.



3. Der beste Moment:


Frances läuft durch die Straßen New Yorks und beginnt auf einmal zu tanzlaufen – aus dem Off kommt David Bowies “Modern Love” und Frances tanzt über Zebrastreifen, auf Bordsteinen, an Passanten vorbei. Tanzt, tanzt, tanzt. Und alles ist auf einmal leicht.


4. Diese Menschen mögen diesen Film:


Wer schrulligen Humor mag und sich an unbedeutenden, kleinen, aber schön erzählten Geschichtchen erfreuen kann.



* Regie: Noah Baumbach
* imdb


—-





Gloria


1. Der Film in einem Satz:


Weiblich, Single, alt sucht…


2. Darum geht‘s:


Gloria ist seit einem guten Jahrzehnt geschieden, hat zwei sie mehr oder weniger ignorierende erwachsene Kinder und wohnt allein. Abends geht sie gern auf Ü50-Partys – als sie bei einer davon Rudolfo kennenlernt scheint sie tatsächlich einen Glücksgriff getätigt zu haben. Doch während sich zwischen beiden statt nur einem Geflirte eine richtige Beziehung entwickelt, muss sie feststellen, dass der ebenfalls geschiedene Rudolfo bei weitem nicht ihre Selbstständigkeit hat: ständig ist er in Sorge um Kinder und Exfrau, die auch – bewusst oder unbewusst – Rudolfo nicht gehen lassen, sondern wegen jeder Petitesse anrufen, um Geld bitten, Probleme lösen lassen.

“Gloria” ist im besten Sinne ein Feelgood-Movie, das die in seiner Geschichte angelegten Probleme nicht einfach übertüncht, sondern offen ausstellt – aber dank seiner Hauptfigur (hervorragend und furchtlos gespielt von Paulina Garcia) einen aufrechten Weg zeigt, mit ihnen umzugehen. Gloria ist eine selbstbewusste und vor allem selbstständige Frau in den sogenannten “besten Jahren”, die sich nach Nähe sehnt, sich aber eben auch nicht alles bieten lässt, nur um die Frau an der Seite eines Mannes sein zu können. Feminismus für die Ü50-Generation.


3. Der beste Moment:


Als Gloria endgültig der Kragen platzt und Rudolfo noch einmal bereuen wird, dass er die Paintball-Kanonen einst in ihrem Kofferraum deponiert hatte.


4. Diese Menschen mögen diesen Film:


Wer gerne Filme über starke Frauen sieht.


* Regie: Sebastián Lelio
* imdb

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/popblog/2013/02/18/berlinale-9-frances-ha-von-und-mit-greta-gerwig-und-gloria-mit-paulina-garcia/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert