vonChristian Ihle 09.10.2013

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Arctic Monkeys – AM





Wer:
Lads aus Sheffield, die mit dem schnellstverkauften Debütalbum ever in England einst die Hochphase des Indierock krönten. Danach lange Haare und Josh-Homme-Kumpeleien, nun wieder zurück auf britischem Boden


Bisherige Glanzleistung:



Jenes erste Album, dessen Hitdichte auch heute noch verblüfft.


Jetzt:
Stilistisch hat sich einiges getan im Arctic-Monkeys-Camp: die Parka-Mod-Zeit ist lange vorbei, auch die langen Haare der Desert-Rock-Ära sind abgeschnitten – wie frische Rockabilly-Buben mit Tolle sehen die Jungs um Alex Turner nun aus. Doch bei aller äußerlicher Veränderung ist musikalisch Stillstand im Affenhaus zu vermelden. „AM“, das schlicht betitelte, fünfte Album schließt direkt an die Vorläuferplatte „Suck It & See“ an: trockene Riffs, gewohnt überzeugend platzierte Drums und durchaus kompetentes Songwriting. Aber wie „Suck It & See“ ist auch „AM“ ohne jeden Überraschungseffekt – nimmt man einmal den Ausflug in Richtung Funkyness inklusive Falsettgesang in „You Only Call Me When You Are High“ aus – und im Gegensatz zu den Vorgängerwerken ohne eine Killer-Single, ohne den einen Übersong, den die Arctic Monkeys bisher noch immer aus dem Handgelenk schüttelten. Nur der ruhigste Moment des Albums, „Party Anthem No 1“, sticht heraus und erinnert daran, dass Alex Turner vor gut zwei Jahren mit seiner Solo-EP zum Film „Submarine“ einmal erfolgreich einen anderen Weg eingeschlagen hatte.

Aber für die Hauptband wird es wohl dabei bleiben, dass sich ihre Auftritte weiterhin aus dem ersten Album speisen und alle danach geschriebenen Lieder nur wie Füllstoff im Vergleich zu jenem Hitfeuerwerk zu Beginn der Karriere wirken. Natürlich ist es ein hartes Los, so früh so gut zu sein – aber auch die Arctic Monkeys wissen nur als Antwort, solide Rockplatten und neue Frisuren abzuliefern.


Wertung: 6/10


Höhepunkt:


[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=_qkrhx9pULY[/youtube]


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Babyshambles – Sequel To The Prequel





Wer:
Einst mit den Libertines der Kickstarter des britischen Indierock der 00er-Jahre und für eine kurze Zeit sowas wie eine Hoffnung auf einen neuen Morrissey. Dann Drogen, Bling Bling, Kate Moss, Chaos, Drogen, Auflösung, Wiedervereinigung, Drogen, Chaos, dann und wann eine neue Platte.


Bisherige Glanzleistung:



Rein auf die Babyshambles bezogen sicher das Debütalbum “Down In Albion”, das sicherlich seine Fehler hat (“Pentonville”!), aber gerade in seiner Ungezügeltheit bis heute beeindruckt. Dort ist nichts safe, sondern der Abgrund, in den Doherty lange genug geschaut hat, der uns auf dieser Platte entgegenblickt. “Down In Albion” ist eine der Platten des Jahrzehnts – ja, da hab ich’s gesagt!


Jetzt:
Eine fast etwas überraschende Rückkehr, hatte man doch in jüngerer Vergangenheit nicht den Eindruck, der Wahlfranzose Doherty würde sich überhaupt noch mit Musik beschäftigen. Beinah folgerichtig dann auch, dass er bei keiner seiner bisherigen Platten so viel Songwriting-Aufgaben abgegeben hat, aber dennoch ist “Sequel To The Prequel” kein zynisches cash-in geworden, mit dem die Band halt noch ein bisschen Geld abgreifen will, solange noch nicht alle Fans davon gelaufen sind, sondern eine richtig gute Platte, besser als das Zweitwerk “Shotter’s Nation” oder Dohertys letztes Solo-Werk.

Natürlich gibt es auch auf “Sequel…” ein paar Ausfälle zu beklagen wie den Titeltrack, der klingt als würde eine zweitklassige Bistroband neben dem Croissanttisch vor sich hinklimpern – aber sonst klingt alles überraschend frisch, beschwingt, Pete recht gut bei Stimme.
Opener “Fireman” hat etwas libertines-esques in seiner kurzweiligen Rotzigkeit, “Dr. No” ist dagegen ein klassischer Ska-Song und “Fall From Grace” oder “Picture Me In A Hospital” erinnern an Dohertys Jingle-Jangle-Folk-Songs, die er in früheren Jahren gern als unfertige Demos ins Netz gestellt hatte. Vieles ist stark mit der Geschichte verwoben, so könnte man “Picture Me In A Hopsital” gut und gern auch als bessere Version von “Hooligans On E” aus den frühen Libertines-Tagen (von Doherty aber nie veröffentlicht) sehen, hat “New Pair” ein sehr deutliches Zitat von Bob Dylans “Maggies Farm” und müssten die Stone Roses eigentlich sogar songwriting credits für die Strophen von “Maybelline” bekommen, so groß ist die Nähe zu „Where Angels Play“ (b-Seite von „I Wanna Be Adored“).



“Sequel To The Prequel” ist randvoll mit schönen Songskizzen, die im besten Sinn keine *Hits* sind und bis auf ein, zwei Songs hat sich diesmal auch Knöpfchendreher Stephen Street zurückgehalten der noch „Shotter’s Nation“ in Grund und Boden produziert hatte.
Gerne mehr davon, Pete!



Wertung: 8/10


Höhepunkt:


[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=acpuOyZm7L0[/youtube]


“Fall From Grace”, “Fireman”, “Maybelline” oder “Picture Me In A Hospital”, das aber in seiner Demo-Version schon noch mal besser ist:


[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=b3MOhyEq6YQ[/youtube]

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