vonChristian Ihle 14.10.2014

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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(Die Nerven: Alles wird in Flammen stehen)

Es ist schon ein paar Tage her, aber das Entscheidende am Reeperbahnfestival in Hamburg sind ja sowieso die Bands, die man erst in der Zukunft so richtig kennenlernen wird. Immer noch ist das Reeperbahnfestival mit seinen gewachsenen Clubs und Konzertlocations in Laufnähe der heimliche Festivalhöhepunkt des Jahres für viele, die lieber Neues entdecken als Altes wiedergekaut zu bekommen – und die vor allem zu schätzen wissen, dass die jungen Bands hier eine geeignete Bühne finden.


[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=Im66neu0mZI[/youtube]


So spielen Die Nerven, die wohl beste deutsche Band dieser Tage, im (Exil-)Molotow zur Festival-Prime-Time vor vollem Haus – bei einem regulären Feld-Wald-Wiesen- oder Flugzeughangar-Festival hätten die Stuttgarter ihr formidables Set wahrscheinlich am Spätnachmittag vor 200 ausnüchternd Interessierten auf einem Riesenfeld abliefern müssen. Keine Frage, wo diese Band ein besseres Zuhause findet und ihre Songs die angemessene Intensität aufbauen können.

Neben den Nerven die Höhepunkte und/oder Neuentdeckungen des Festivals:


1. The Wytches


[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=W9FQ7eMV-CQ[/youtube]


Psych-Rock, Black Sabbath, Goth: junge Jahre, lange Haare. The Wytches stammen grob aus dem gleichen Genpool wie die ebenfalls hervorragenden Hookworms (deren gleichfalls empfehlenswertes neues Album auch in Bälde erscheinen wird), sind aber dabei noch deutlich stärker in den frühen Black Sabbath verankert, die sie meisterhaft mit Psych-Rock-Ausflügen der Marke Tame Impala kreuzen und dazu den frühen Post Punk von The Cure circa “Killing An Arab” in den Melodien berücksichtigen. Ein hervorragendes Konzert und ein nicht minder gutes, jüngst erschienenes Debütalbum, das hiermit wärmstens empfohlen sei.

…und, sagt es leise: wenn die Wytches ihren Pop-Knopf entdecken, dann klingen sie tatsächlich manchmal wie die ewig unterschätzten JJ72, die damals die besseren Coldplay waren. Aber psst, das hört die Band bestimmt nicht gern:


[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=jz4_5GPu1BE[/youtube]


2. Ezra Furman & The Boyfriends


[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=96X8ud9dDVY[/youtube]


Weirdo-Alarm, aber hallo! Schon sein Auftritt in der jeden Tag das Reeperbahnfestival eröffnenden Ray Cokes Show war angenehm verwirrt und verwirrend. Furman ist natürlich kein new kid on the block, aber hat erst im letzen Jahr sein erstes Album unter dem Namen “Ezra Furman & The Boy-Friends” veröffentlicht. Die Wurzeln liegen im Anti-Folk wie bei Jonathan Richman und mit voller Bandbesetzung wird alles zu herrlichem Garagenrock.


3. Superfood


[vimeo]http://vimeo.com/80929292[/vimeo]


Oh, hello! It’s 1995 all over again! Like Brit-Pop never died! Superfood aus, natürlich, England spielen jene Art von Indie-Pop, die aus C86 entstand und Mitte der 90er auf einmal begann, auch tatsächlich Platten zu verkaufen und bewegen sich so folgerichtig zwischen den frühen Blur, Supergrass, Ash oder Sleeper – also bevor die Gallagher alles mit Lad Rock zuplanierten. Angenehm naiv und überraschend unangstrengt.


4. Kadavar


[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=prahqr9ICZc[/youtube]


Natürlich sind Kadavar keine neue Band mehr und die kolportierten Plattenverkäufe dürften vielen etablierten hiesigen Gitarrenbands die Kinnlade herunterklappen lassen – aber seltsamerweise fliegen Kadavar in der medialen Wahrnehmung immer noch etwas unter dem Radar.
Wenn wir oben The Wytches als auf Black Sabbath gründend angekündigt haben, dann gilt das für Kadavar natürlich nur umso mehr. Ein beeindruckender Liveauftritt in einer berstend vollen Halle lassen erahnen, welches Potential in Kadavar trotz der schon erstaunlichen Erfolge steckt.

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