vonChristian Ihle 09.08.2017

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Wer NOFX nur als die lustigen Pop-Punk-Spaßvögel kennt, liegt natürlich weit daneben. Im Gegensatz zu Bands wie Blink182 sind NOFX schon eine Ewigkeit im Namen des Punk unterwegs und veröffentlichten bereits vor ihrem Mitt90ern-Durchbruch mit „Punk In Drublic“ etliche Alben. Die Bandbiographie ist demzufolge auch randvoll mit Geschichten aus der alten Zeit, was doch erheblich interessanter zu lesen ist, als nur die saturierte Erfolgsstory.

Wir spielten nie vor mehr als zehn Leuten und wir verdienten nie mehr als fünf Dollar. Außer einmal, als der Klub zu viele Bands gebucht hatte: Da bekamen wir dreizehn Dollar dafür, dass wir nicht spielten.

Wenngleich später der gestreckte Mittelfinger to “the man” (also MTV, Plattenfirmen und Co.) im Angesicht von Millionenverkäufen & Mainstreamisierung des US-Punks zu Zeiten von Green Day & Offspring auch eine erfrischende Perspektive bietet.

Sänger Fat Mike & Co sind die zweite Generation des Westcoast-Punks: alt genug, um selbst als Fan noch die wilden Ur-Zeiten erlebt zu haben und Frontberichte von den damaligen Konzerten zu liefern, aber zu jung, um zu jener Zeit schon selbst auf der Bühne zu stehen. Insbesondere dieses erste Drittel der Erzählungen ist faszinierend, gibt es doch einen Einblick in eine Punkszene, die offensichtlich zu recht berüchtigt war. Hatten die Ur-Punks in New York meist ihre Wurzeln in Art School, Poetry oder Warhol Factory, sind die Kollegen an der Westküste das Gegenteil: harte Prolls, die sich wie Gangs organisieren und deren Konzerte kleinen Bürgerkriegen ähneln (was wohl auch die Fixierung des 80er-Jahre-Kinos auf Punks als üble Gesellen erklärt, die dort in den meisten Hollywood-Filmen als dunkle Macht auftreten).

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Liest man NOFXs Geschichten aus der Szene der frühen 80er, dann erscheint Los Angeles als ein einziger Punkfriedhof. Fast keiner überlebt diese Ära, viele gehen an der Gewalt zu Grunde und wen die Schläge nicht treffen, der tritt mit einer Überdosis ab. Wer also von einer NOFX-Bandbiographie mit dem Titel „Die Hepatitis-Badewanne und andere Geschichten“ in erster Linie lustige Prank-Stories der Punk-Clowns erwartet, wird sich ganz schön schütteln müssen: Tod und Verderben lauern hier auf jeder Seite und der Kampf gegen Drogen zieht sich durch das gesamte Buch. Drogen machen neben Punkethos, Sex und Fäkalien auch den Großteil dieser Oral History der Bandmitglieder aus, aber aus sehr subjektiven Blickwinkeln und dadurch sich auch widersprechenden Sichtweisen. So ist Drummer Erik Sandin ein Junkie auf Entzug und beäugt Drogen dementsprechend kritisch, während Sänger Fat Mike in den ersten zwei Jahrzehnten Bandgeschichte drogenfrei war, aber nun in den letzten Jahren zum Chef-User der Band geworden ist und dem geübten Drogenmissbrauch positiv das Wort redet.

NOFX’ Bandbio hat aber natürlich auch unzählige amüsante Geschichten von räudigen Punkhunden auf ihrem Weg durch die Welt. “Die Hepatitis-Badewanne” ist die Punk-Entsprechung zu Mötley Crües Bio “The Dirt” – es zeichnet eine Art Exzess von unten nach. Rockstargehabe sucht man vergebens, selbst nach einer Million verkauften Platten klingen die Geschichten immer noch wie aus dem härtesten JUZ der Welt:
Sex & Drugs & Piss & Punk.

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https://blogs.taz.de/popblog/2017/08/09/bandbio-nofx-die-hepatitisbadewanne-und-andere-geschichten/

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kommentare

  • Schön in der TAZ etwas über meine favourite Band zu lesen. Es gibt halt in der TAZ immer wieder Artikel die anderswo nicht stehen, dewegen schaue ich immer wieder gerne hier vorbei.

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