vonSigrid Deitelhoff 20.09.2006

Prinzenbad-Blog

Freibad-Wetter, gefühlte Wassertemperatur, Gespräche und Gedanken unter der Dusche – der Blog über Deutschlands berühmteste Badeanstalt.

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Vor ein paar Tagen bin ich also auch zum Badeschiff geradelt – wie meine Blogkollegin. Der Weg ist ja um einiges weiter als zum Prinzenbad, dafür erlebt man auf der Radstrecke aber auch viel mehr.

Schulklassen zum Beispiel – die scheinen neuerdings im Sportunterricht zum Joggen an die Spree geschickt zu werden. Zumindest sind mir drei Klassen kurz hintereinander begegnet. Bei den mangelhaften Schwimmfertigkeiten dieser Jahrgänge viellleicht auch eine Methode mit Pisa umzugehen. Es gibt aber auch viele erwachsene Einzeljogger am Spreeufer. Zu denken gibt mir, daß zwei doch tatsächlich schneller joggen als ich Fahrrad fahr.

Die Zeitungsverkäuferin, die während der Schwimmsaison vor dem Prinzenbad steht, verkauft nun ihre Tageszeitungen auf der Admiralbrücke.

Und leider habe ich auf dem Weg zum Badeschiff auch schon die ersten Kastanien auf dem Boden gesichtet. Ja, ja – ich weiß…jede Jahreszeit hat ihre schönen Seiten…

Am Badeschiff angekommen, mußte ich mich erstmal orientieren – das ist hier schon ein ganz anderer Schnack als im Prinzenbad. Aber dieser Ort hat schon seinen eigenen Reiz, insbesondere bei diesem schönen Wetter. Der Eintritt muß an der Cafe-Bar bezahlt werden, es gibt zwei Umkleidekabinen, die aber nicht so ohne weiteres als solche identifiziert werden können. Und auch ansonsten ist alles doch recht provisorisch – wenn auch funktional eingerichtet. Die zwei Duschen die es gibt sind kalt. Seife, Schampoo etc. dürfen nicht benutzt werden, da das Duschwasser in die Spree abgeleitet wird.

Das ca. 32 Meter lange und 8 Meter breite Schwimmbecken ist mit Süßwasser gefüllt und in die Spree eingelassen. Grundidee war wohl, an die Flussschwimmbad-Tradition anzuknüpfen.

Witzig ist die gesamte Steganlage, die als Liegeplatz fungiert. Podeste sind aufgebaut, die schon früh morgens mit kleinen Matrazen von den kette-rauchenden weiblichen Stammgästen reserviert werden. Schöne, schwule Männer, die sich hier unten auf dem Steg in fließendem amerikanisch unterhalten, sprechen an der Cafe-Bar fließend deutsch. In welcher Sprache sie sich wohl außerhalb des Badeschiffs unterhalten?

Hin und wieder tauchen Touristen auf, die ein paar Berlin-Fotos machen und dann schnell wieder verschwinden.

Das Schwimmbecken eignet sich nicht wirklich zum Schwimmen. Die Wassertemperatur ist schon okay, aber niemand scheint so etwas wie “Bahnen schwimmen” zu kennen. Aber der Blick während des Planschens auf die Oberbaumbrücke, die Treptowers und die Osthafenspeicher ist schon super cool. Schaut man über das Ablaufbecken, sieht man dicke Fische in der Spree schwimmen.

An der Cafe-Bar liegen Flyer aus, die darauf hinweisen, daß an bestimmten Tagen der Woche Qi Gong- und Yoga-Kurse auf dem Areal des Badeschiffs angeboten werden. Massagen kann man sich auch geben lassen. Na, das wären doch auch brauchbare Ideen für die nächste Prinzenbadsaison.

Beim Hinausgehen sehe ich eine Schlange geduldig am Eingang stehen. Das liegt wohl daran, daß irgendein Witzbold einige Worte auf dem Eingangsschild ausgewischt hat. Heute morgen stand da noch: “Eintritt an der Cafe-bar bezahlen”. Und nun heißt es: “Eintritt bar bezahlen”.

Im Winter übrigens verwandelt sich das Badeschiff in ein Saunaschiff, in dem man dann außer dem Saunieren auch schwimmen kann. Dann wird die Steganlage inklusive des Schwimmbeckens ummantelt. Super ist der Blick durch eine durchsichtige Plane aus der Sauna auf die Spree, insbesondere auf die treibenden Eischollen, sofern es diesen Winter wieder welche geben sollte. Na ja, wie schon erwähnt – jede Jahreszeit hat ihre schönen Seiten…

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https://blogs.taz.de/prinzenbad/2006/09/20/qi-gong-dicke-fische-und-schone-manner/

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