vonSchröder & Kalender 13.06.2009

Schröder & Kalender

Seit 2006 bloggen Schröder und Kalender nach dem Motto: Eine Ansicht, die nicht befremdet, ist falsch.

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Der Bär flattert in östlicher Richtung.
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Wladimir Korolenko (1853 bis 1921), Freund und Zeitgenosse von Gorki und Tolstoi hat als ›Geschichte meines Zeitgenossen‹ die lyrisch-distanzierte Autobiographie seiner Jugend geschrieben. Die Geschichte von der Erziehung im Elternhaus, den Lehrern im Privatinternat, springt von verinnerlichter Landschaftsbeschreibung zu ironischer Charakterschilderung und deutet bereits Korolenkos späteres Engagement für die Entrechteten und Unterdrückten an. Dem jungen Korolenko öffnen sich immer deutlicher Perspektiven der Befreiung von Provinzenge und zaristischem Beamtenklüngel. Rosa Luxemburg übersetzte das Buch 1918 im Gefängnis von Breslau.

Sechs Monate später wurden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht von Mitgliedern der Wilmersdorfer Bürgerwehr aus einer Wohnung in der Mannheimer Straße in das Stabsquartier der Garde-Kavallerie-Schützen-Division im Hotel Eden am Kurfürstendamm verschleppt. Der Generalstabsoffizier Hauptmann Waldemar Pabst hatte die ehemalige kaiserliche Division in ein Freikorps umgewandelt, das sich vor allem bei der Niederschlagung des Spartakusaufstandes hervortat. Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht wurden am 15. Januar 1919 vom Pabsts Männern ermordet. Rosa Luxemburgs Leiche warfen die Freikorpsverbrecher von der Brücke in der Budapester Straße in den Landwehrkanal. Der SPD-Reichswehrminister Gustav Noske war in das Mordkomplott eingeweiht.

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Rosa Luxemburg schrieb zur ›Die Geschichte meines Zeitgenossen‹ in ihrer Einleitung: »Die Grundzüge des Korolenkoschen Schaffens: zauberhafte Landschafts- und Stimmungsmalerei, liebenswürdige, frische Natürlichkeit und warmherziges Interesse für die ›Erniedrigten und Enterbten‹. Die starke soziale Note in Korolenkos Schriften hat jedoch gar nichts Lehrhaftes, Streitbares, Apostolisches an sich, wie etwa bei Tolstoi. Und er bleibt nicht bloß Beobachter wie Turgenjew, der feine, gepflegte Aristokrat. Korolenko kostet es gar keine Mühe, mit Leuten aus dem Volke nach wenigen Worten Fühlung zu bekommen, ihren Ton zu treffen, in der Menge unterzutauchen. Man findet hier keine Phrasen, kein lautes Pathos, keine Senitimentalität, nichts als größte Schlichtheit und Sachlichkeit.«
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Wladimir Korolenko, ›Die Geschichte meines Zeitgenossen‹. Aus dem Russischen übersetzt und eingeleitet von Rosa Luxemburg. Engl. Brosch, 456 Seiten. März Verlag, 1970 (nur noch antiquarisch erhältlich).

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Aus der Einleitung von Rosa Luxemburg:

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Aus Wladimir Korolenkos ›Die Geschichte meines Zeitgenossen‹:

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(WK / RL / BK / JS)

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https://blogs.taz.de/schroederkalender/2009/06/13/die_geschichte_meines_zeitgenossen/

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kommentare

  • […] Wir wollten gerade die ›Geschichte meines Zeitgenossen‹ von Wladimir Korolenko, das Rosa Luxemburg 1918 im Strafgefängnis Breslau aus dem Russischen übersetzte,für die MÄRZ-Zitate bloggen und stellten fest, dass wir es vor längerer Zeit schon getan hatten. […]

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