vonSchröder & Kalender 04.02.2010

Schröder & Kalender

Seit 2006 bloggen Schröder und Kalender nach dem Motto: Eine Ansicht, die nicht befremdet, ist falsch.

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Es ist dunkel, wir sehen nicht, wie der Bär flattert.
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Bertelsmann feiert 175jähriges Jubiläum. In unserer heutigen Kolumne in der jungen Welt mit dem Titel ›Muttertürme‹ erinnern wir uns an einen Besuch in Gütersloher Parkhotel vor knapp dreißig Jahren, als Reinhard Mohn noch Herr im Hause Bertelsmann war. Und hier eine andere Geschichte zum Thema:

Moppel Claer verfolgte mich bis in die Achtziger wie der Loriotsche Spaghetti. Kaum dachte ich, ich wäre ihn los, schon klebte er wieder irgendwo anders, wenngleich das auch nur zur Hälfte an seiner ungebrochenen Autorenaufdringlichkeit lag. Ebenso sehr spielte die übliche Verlegergier nach Barem eine Rolle, die mich Ärger, Geschmack und Stilgefühl immer wieder vergessen ließ, denn mit diesem Urviech war immer ein bißchen Geld zu machen. Bis hin zur letzten Reise nach Gütersloh 1985 zum Bertelsmann Buchclub, bei dem Matthias Wegner als neuer Besen kehren sollte. Vorbei die Zeiten, in denen wir dem guten Hans Arnold pro Besuch zwei bis drei Lizenzen verkaufen konnten. Wegner hatte sich aus Rache an Holtzbrincks Rowohlt, die ihn als Verlagsleiter geschasst hatten, gänzlich mit dem Mohn-Imperium identifiziert, so sehr, daß er allen Alsterdünkel fahren ließ und uns, ganz unhanseatisch begeistert, die Qualitäten eines grauslichen Bertelsmann-Club-Bikes anpries, mit dem er die Wiesen um Gütersloh angeblich lustvoll beradelte.

Nach der Lizenzbesprechung saßen wir enttäuscht in der Kantine — ›Manchmal ein großes Verlangen‹ war nicht gewünscht, Upton Sinclairs ›No Pasarán!‹ wollte er auch nicht, ebensowenig ›Wir hielten die Vernichtung an‹ von Andreas Biss, ›Die weisen Frauen‹ waren angeblich  nicht mehr aktuell und ›Unsichtbar‹ von Ralph Ellison zu dick. Schon ging ich zum Entsetzen der umsitzenden Mohn-Menschen dazu über, mich lauthals über die Goldklumpenskulpturen im Innenhof und vor dem Verwaltungsgebäude lustig zu machen, was denn wäre, wenn Reinhard Mohn die Dinger nicht aus Bronze, sondern wirklich in purem Gold, sozusagen als Dagobertsche Hortung, habe anfertigen lassen … Tödliche Stille um uns herum, nur Hans Arnold — Kunststück, er war im Betriebsrat und somit unkündbar — und Barbara lachten über meine faulen Witze. In die verbale Entweihung des Mohn-Tempels hinein aber sprach Matthias Wegner die erlösenden Worte: »Was ist denn eigentlich mit ›Laß jucken Kumpel‹?«

(BK / JS)

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