vonSchröder & Kalender 14.01.2012

Schröder & Kalender

Seit 2006 bloggen Schröder und Kalender nach dem Motto: Eine Ansicht, die nicht befremdet, ist falsch.

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Der Bär flattert in südöstlicher Richtung.
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Es gibt nichts, was nicht irgendwer sammelt: Pistolen, Parteibücher oder Porzellan gehören noch zu den normalen Objekten der Begierden unter ›P‹, jedoch ›Prominentengräber‹, darauf wären wir nicht gekommen.

 

Neulich gingen wir spazieren auf dem Südwestkorso in Friedenau, an der Ecke Stubenrauchstraße liegt der Eingang zum Friedhof, auf dem Marlene Dietrich beerdigt wurde. Es war nieseliges kaltes Wetter, und nur ein Mensch war auf dem Friedhof zu sehen, ein Mann mit kurzgeschorenem Haar, Anfang 50, der fotografierte intensiv in sakraler Pose, dort musste das Grab sein. Wir näherten uns gemessenen Schrittes, und er sprach uns an: »Wollen Sie auch das Grab von Marlene sehen?«

Barbara antwortete: »Im neuen Jahr hat man bekanntlich gute Vorsätze, und seit vielen Jahren hatten wir uns vorgenommen, ihr Grab zu besuchen.« Jörg ergänzte: »Denn wir wohnen ja hier um die Ecke«, und so smalltalkmäßig, »ist ja ein schöner Friedhof.« Darauf er: »Ick kenn ’nen schöneren!« »Wie«, fragte ich, »finden Sie den hier nicht schön?« »Nee, der am Wannsee ist viel schöner, da liegt der Eiserne Justaf! Und Sie wissen ja, wer der Eiserne Justaf war?« »Ja«, sagten wir beide. Darauf er wieder: »Der Eiserne Justaf iss ja immer jefahren mit seiner Kutsche von Wannsee zum S-Bahnhof Wannsee, und darum hatte er jejen die Taxen protestiert. Aba die erste Taxe in Wannsee hat denn selber jefahren!« »So kann man es auch machen«, meinte Barbara. »Also der am Wannsee ist ein schöner Prominentenfriedhof, aba et jibt noch eenen an der Heerstraße, da liegt Bubi Scholz. Und dieser Waldfriedhof Zehlendorf ist ein wunderbarer Friedhof! Wissen Se, seine Frau Sabine war so clever und hat dafür jesorgt, dass er auf einen ordentlichen Friedhof kommt.« »Ja«, sagte ich, »aber seine erste Frau hat er im Suff durch die Badezimmertür erschossen und musste dafür nur drei Jahre brummen.« »Sie kenn’ sich ja jut aus«, meinte der Sammler. »Na ja, und in der BZ stand während des Prozesses: ›Alle wollen Bubi alle machen‹.«

Darauf wechselte er das Thema: »Es iss ja so, Marlene wollte auf diesen Friedhof, weil sie neben ihre Mutter liejen wollte. Aber det hamm se wohl nich jemacht, und nu liegt sie neben Helmut Newton. Wo iss denn nu det Jrab?« Kopfschüttelnd marschierte er los und suchte das Grab von Josefine von Losch.

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Marlene Dietrich: Ich bin von Kopf bis Fuss auf Liebe eingestellt (Der blaue Engel 1930)

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=GypU1kGTyZk&feature=related[/youtube]

(BK / JS)

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https://blogs.taz.de/schroederkalender/2012/01/14/ick-kenne-schonere/

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kommentare

  • […] Der Kollege Jörg Sundermeier berichtet auf  unterhaltsame Weise (tazleser kennen seine Kolumnen)  von ›11 Berliner Friedhöfen, die man gesehen haben muss, bevor man stirbt‹. Darin las ich (BK), besonders berührte mich die Geschichte über den ›Künstlerfriedhof Friedenau‹, der bei uns um die Ecke liegt, und den wir gut kennen. […]

  • als ich vor jahren in grunewald-forst das grab von nico =christa päffgen suchte ,hatte es zuvor leicht geschneit. während alle anderen gräber leicht gepudert waren, blieb nicos grab schneelos: war sie doch nicht so kühl, wie sie uns erschien? berühmte leute scheinen über ihren tod hinaus wärme auszusenden.

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