vonSchröder & Kalender 03.02.2012

Schröder & Kalender

Seit 2006 bloggen Schröder und Kalender nach dem Motto: Eine Ansicht, die nicht befremdet, ist falsch.

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Es ist dunkel, wir sehen nicht, wie der Bär flattert.
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Im Kunstmuseum Bonn wurde soeben eine Ausstellung des belgischen Künstlers Kris Martin, ›Every Day of the Weak‹ eröffnet. Eines der interessantesten Exponate ist die Assemblage: »3.700 gefundene Granatenhülsen«.

Wir besitzen selbst solch eine zur Vase veredelte Granatenhülse und daran knüpft sich die folgende Geschichte:

Im Sommer 1977 fuhren Peter Kuper genannt Hamlet und ich nach La Rochelle, dort wollte er mir sein Leben erzählen und so ist es dann ja auch geschehen, ›Hamlet‹ erschien 1980.

Auf der Fahrt nach La Rochelle, bogen wir hinter Metz ab, denn ich wollte nach Verdun, das Fort Douaumont besichtigen und das Verdun-Museum auf dem Schlachtfeld bei Fleury besuchen. Keine Schlacht des ersten Weltkriegs ist so berühmt und berüchtigt. Am 21. Februar 1916 begann die Offensive der 5. Armee unter Kronprinz Wilhelm gegen Verdun.

Nie zuvor im I. Weltkrieg wurden von zwei Armeen um wenige Meter Boden und ein paar Forts gerungen wie im Jahr 1916 bei Verdun. Die für das Deutsche Kaiserreich verlorene Schlacht ist der Ursprung der Dolchstoßlegende, die Kunstfigur des ›unbekannten Soldaten‹ wurde geboren sowie der Glaube an die Überlegenheit der Soldatenmoral über Material und Waffen. Der Kampf um Verdun hatte mehr als 600.000 Tote gekostet.

In La Rochelle kaufte ich später in einem Trödelladen in einer Seitenstraße vom Place de Verdun eine Granatenhülse, die ein Soldat zu einer Vase umgearbeitet hatte. Damit beschäftigten sich die ›Poilus‹ und ›Feldgrauen‹, bevor sie starben oder mit Glück überlebten.


Die gepunzte Inschrift lautet: »Verdun 1916 1917«
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Wer wissen will, wie solche Granaten aus dem I. Weltkrieg ursprünglich aussahen, findet hier die Sammlerseite für Zünder, Bomben, Schnittmodelle und mehr (keine Naziseite!).

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1980 besuchte mich dann German Werth im Vogelsberg, um mich für den Deutschlandfunk über Bernward Vespers ›Reise‹ zu interviewen. Das Buch hatte ich im Juli 1977 herausgegeben, und gerade war die ›Ausgabe letzter Hand‹ erschienen. Wir setzten uns ins Wohnzimmer, da bemerkte German Werth die Granatenvase und sagte: »Seltsam, kürzlich ist von mir ein Buch erschienen mit dem Titel ›Verdun · Die Schlacht und der Mythos‹.

Wir redeten lange über Verdun. Anschließend schickte er mir sein Buch mit der folgenden Widmung: »Jörg Schröder, in Gedenken an unser Gespräch über Verdun, als wir eigentlich über Bernward Vesper sprechen sollten! Herzlich German Werth, Oktober ’80« Ich las es in einem Rutsch.

(GW / BK / JS)

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kommentare

  • diese vasen kunst hat 1nen namen:trenchart.1trend mit hohen preisen.a la longe lohnt krieg wem doch noch.gell?schönen abend auch….

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