vonSchröder & Kalender 29.11.2014

Schröder & Kalender

Seit 2006 bloggen Schröder und Kalender nach dem Motto: Eine Ansicht, die nicht befremdet, ist falsch.

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Es ist dunkel, wir sehen nicht, wie der Bär flattert.

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Das Bikini-Haus war Mitte der Fünfziger Jahre ein Symbol des Wirtschaftswunders und des Wiederaufbaus für West-Berlin und Deutschland. Jetzt ist es als Kronjuwel der revitalisierten City West – ein paar Schritte vom Bahnhof Zoo, also quasi gleich um die Ecke zum Kurfürstendamm und schräg gegenüber vom KaDeWe – neu entstanden. Der ›Neue Westen‹ war einst der Treffpunkt von Künstlern und Intellektuellen, zum Beispiel im Romanischen Café und der Brennpunkt des Remmidemmis der Berliner ›Roaring Twenties‹. Hunderte von Büchern künden davon, eines der uns liebsten ist ›Goodby to Berlin‹ von Christopher Isherwood, das kürzlich in neuer Übersetzung von Kathrin Passig und Gerhard Henschel erschienen ist.

Kleine Abschweifung. Zurück zum Bikini-Haus: Wenn man sonst die fürchterlichen Berliner Bausünden – mal abgesehen vom Filz und Asbest, mit denen sie kontaminiert sind – beklagen und verachten muss, hier ist eine Architektur gelungen, die wegen ihres ästhetischen Augenmaßes ihresgleichen sucht.

Wir hatten uns das neue Bikini-Haus, das im April wieder eröffnet wurde, natürlich damals angesehen und dabei gedacht, warten wir mal bis zum Winter, was es dort für Weihnachtsbeleuchtung geben wird. Und wir wurden nicht enttäuscht. Wir fanden eine weiße Dekoration, die als Anspielung auf die Lage des Ensembles am Zoo Tierinstallationen präsentiert.

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Bikini-Haus Berlin, tazblog Schröder & Kalender, Foto: Barbara Kalender

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Bevor wir weiter über das neue Bikini-Haus weiter berichten, noch etwas Historie: Der Name des Gebäudes stammt aus seiner Entstehungszeit und Gestalt. Das mittlere Geschoß war als offener Laubengang konzipiert, was eben wie bei einem Bikini den Mittelkörper des Baues frei ließ. So ist es auch nach dem Umbau geblieben. Tatsächlich haben das Münchner Architekturbüro Hild und K dieses Konzept sogar noch verbessert, was selten gelingt. Denn eine Faustregel künstlerischer Arbeit lautet: Wenn etwas perfekt ist, dann bitte keine Retusche mehr!

Hier ist das Highlight des Entwurfs die sage und schreibe siebentausend Quadratmeter große, frei zugängliche Dachterrasse auf einem zweistöckigen zum Zoologischen Garten hin gelegenen Neubau. Von dieser Dachterrasse aus beobachteten wir das Geschehen im Tiergarten und die Paviane, die auf dem Kunstfelsen herumturnten oder diesen im Rudel umkreisten. Ihre roten Hinterteile, die »Sitzschwielen«, schützen die Tiere vor kaltem Boden und Nässe.

Uns wurde es langsam auch kühl und wir gingen in die wohltemperierte Shopping Mall mit ihren Flagship Stores, den Retail- und Gastronomiebetrieben. Uns beeindruckte am meisten der One-Piece-Shop, besonders die einteilig gestrickten bunten Norweger-Overalls.

In dieser »Concept Mall« gibt es modulare Boxen auf einer Etage und darunter eine freie Halle mit einer Fensterfront bis zum Boden, die einen spektakulären Panoramablick zum Tiergarten bietet. Man kann sich auf den Sitzecken niederlassen und ungestört aufwärmen, so lange man will. In der Halle steht natürlich das größte Tierensemble mit dem unvermeidlichen weihnachtlichen Elch.

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Bikini-Haus Berlin, tazblog Schröder & Kalender, Foto: Barbara Kalender

Halle mit Fenster zum Zoo. Alle Fotos: Barbara Kalender

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Bis zum 31. Dezember findet übrigens an der Westfassade des Bikini-Hauses eine »Winterinszenierung« statt. Die Website spricht von einem »komplexen Zusammenspiel aus Licht, Musik und Animation« von Künstlern der Barthelmess Group und der Urban Screen. Die Kunstprojektion wird bis zum 31. Dezember täglich von 17 bis 22 Uhr, mit vier Aufführungen pro Stunde, zu sehen sein.

Vielleicht sehen wir uns diese demnächst auch mal an.

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(BK / JS)

 

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