vonSchröder & Kalender 21.01.2016

Schröder & Kalender

Seit 2006 bloggen Schröder und Kalender nach dem Motto: Eine Ansicht, die nicht befremdet, ist falsch.

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Es ist dunkel, wir sehen nicht, wie der Bär flattert.
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reading-company, Die Aktie der Reading Company, die eigentlich eine Eisenbahn-Gesellschaft war. Foto: Barbara Kalender
Die Aktie der Reading Company, die eigentlich eine Eisenbahn-Gesellschaft war, schenkte uns ein Freund.

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Gestern zog das Finanzam­t Charlott­enburg-Wilmersdorf per Lastschrift die Umsatzsteuer 2014 ein. Abends holten wir uns mal wieder ein Buch aus dem Stapel, dieses Mal Bert Brechts Briefe von 1913 bis 1956:

»An das Finanzamt Wilmersdorf-Nord, Wilmersdorf

Berlin W 50, Spichernstraße 16
16.12.1927

Betr.: 5/578, Zimmer 801

Sehr geehrter Herr,
ich erhielt eben Ihre nochmalige Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung und möchte Ihnen gerne eine Erklärung geben, weshalb ich mich für steuerfrei halte.
Ich schreibe Theaterstücke und lebe, von einigen kleinen äußerst schlecht bezahlten Nebenarbeiten abgesehen, ausschließlich von Vorschüssen der Verlage, die in der Form von Darlehn an mich gegeben werden. Da ich mit den Stücken vorläufig beinahe nichts einnehme, bin ich bis über den Hals meinen Verlagen gegenüber in Schulden geraten. Ich wohne in einem kleinen Atelier in der Spichernstraße 16 und bitte Sie, wenn Sie Reichtümer bei mir vermuten, mich zu besuchen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Bert Brecht.«
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Die Spichernstraße führt von der Nürnberger Straße bis zur Bundesallee und ist bei uns in der Nähe. Sie wurde 1888 nach der Erstürmung der Spicherner Höhen im Deutsch-Französischen Krieg 1870 benannt.

In der Spichernstraße 16 schrieb Brecht die ›Dreigroschenoper‹, er wohnte dort mit  Helene Weigel. Beide emigrierten 1933, 1948 kehrten sie nach Berlin (Ost) zurück und gründeten 1949 das ›Berliner Ensemble‹.

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Bertolt Brecht und Helene Weigel am 1. Mai 1954
Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-24300-0049 / Sturm, Horst / CC-BY-SA 3.0

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Bertolt Brecht: ›Briefe 1913 bis 1956. Herausgegeben und kommentiert von Günter Glaeser. 1. Auflage 1983. Unsere Ausgabe ist die des Aufbau Verlags Berlin und Weimar von 1983. 748 Seiten, Leinen. Lizenzausgabe mit freundlicher Genehmigung des Suhrkamp Verlags.

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Wir stellen sporadisch Fundstücke aus antiquarischen Büchern vor, die uns  gefallen oder zu aktuellen Anlässen passen.

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(BB /BK / JS)

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