vonDetlef Berentzen 04.04.2014

Dr. Feelgood

Detlef Berentzen, Ex-tazler, Autor für Funk und Print, verbreitete hier „News“ der anderen Art. Gute zum Beispiel. Machte die Welt hör-und lesbar.

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“Im April 1974 wurde die Edition Nautilus ins Register der Hamburger Handelskammer eingetragen und begann den ernsthaften und steinigen Weg eines kleinen Buchverlags, der bis heute über 900 Titel und genau 220 Nummern der Verlagszeitschrift »Die Aktion« publiziert hat und sich nun voller Zuversicht und mit Unternehmungslust für die nächsten Jahrzehnte rüstet. “

Times are a’changin’…und doch nicht ganz. Es gibt Dinge, die bleiben, wichtige Dinge, Menschen, Bücher, deren Verlust nicht zu ertragen wäre. Vor allem bei einem Verlag, wie dem von Lutz und Hanna, die mich schon kurz nach Verlagsgründung mit einem offenen Brief  (“…an das Komitee der Wütenden”) erfreuten: “Im Meer des allgemeinen Stillstands in allen und allem, was die Szene des linken Theaters bietet, ist Euer Auftauchen eine begrüssenswerte Neuigkeit!” Hört, hört!, dachte ich, die “Subrealisten” aus Hamburg-Bergedorf haben dich am Wickel und sie warnen dich und dein Komitee nicht zu einem “KaDeWe für linksradikale Spontis” zu werden!” Hugh, Attila Eisenherz und Clara Diabolis hatten gesprochen.

Subrealisten, Situationisten, Anarchisten, Ismen hin und her, alle waren wir auf der Suche und fanden mitunter. Immer wieder auch die nötigen Nautilus-Bücher: Der kommende Aufstand, ha! Das große Spiel!…. Auch Zeitschriften: Die Revolte, die Aktion. Und als ich neulich loszog, um für mein nächstes Hörstück (“Geschmack radikaler Lust”) bei Nautilus nachzufragen, wer noch in puncto Situationisten unterwegs  ist oder sein wird, war Lutz schon gegangen. Weit fort, in irgendein Nirwana. Und sollte doch bleiben!! Also Hanna zu den Anfängen des Verlags:

“Das “Gewinde” war so eine linke, anarchistisch, subkulturelle Kneipe im damals sehr verwahrlosten Karolinenviertel. Dort im Keller hatten die Anarchisten ihre Versammlungsräume und da haben Lutz und ich uns kennen gelernt.”

Lutz Schulenburg hatte schon zuvor mit Freunden ein kleines Redaktionskollektiv gegründet: Bakunin und Marx Hand in Hand mit Guy Debord und mächtigen Orgasmen im Schlepptau. MaD-Hefte, Flugschriften (zB zu den Entdeckungen der Venus und den Abenteuern des Phallus), was auch immer: glühende Worte zur Welt hin.

“Da war dieser Inder, der für die jungen Anarchisten immer tolle Reistafeln kochte. Lutz saß eines Tages auf dem Küchenherd und diskutierte. Ja, wir waren dann ein Paar, gleichzeitig kam ich auch in dieses kleine Redaktionskollektiv rein.”

Zum MaD gesellte sich im Jahre 1974 die Edition Nautilus und das Kollektiv (s. Foto) samt Autoren blieb bis heute und den Anfängen treu, was selten ist und besonders. Was übrigens auch für den täglichen gemeinsamen Mittagstisch (lecker!) gilt, Redaktionskatze inklusive. Der ganze Laden schnurrt und hat auch Krallen. Immer noch. Und soll bitte weiter die nötige Unruhe stiften. Gratulazione!

P.S.: Ich hoffe mal, das Fest zum Jubiläum (gestern im Hamburger “Golem”) war als Grande Fête ein Stück jener “Poesie des Lebens”, die Eisenherz und Diabolis einst in ihrem Brief an mich einforderten, der nicht ohne das (obligatorische) grandiose Finale daherkam: “In Erwartung, daß das Komitee der Wütenden sich seinen Namensgebern von 1789 und 1968 als gleichrangig erweist…!” Schau’n wir mal!

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