vonDetlef Berentzen 12.06.2014

Dr. Feelgood

Detlef Berentzen, Ex-tazler, Autor für Funk und Print, verbreitete hier „News“ der anderen Art. Gute zum Beispiel. Machte die Welt hör-und lesbar.

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“Das WM-Trikot der deutschen Nationalmannschaft ist, finde ich, sowieso das Hässlichste, was jemals eine deutsche Nationalelf getragen hat, und dass man dann auch noch ziemlich unbedarft oder taktlos mit den Farben Schwarz-Weiß-Rot hantiert, finde ich eine ganz symptomatische Fehlleistung. Ähnlich wie bei dem Überkommerz, der von dieser WM Besitz ergreift, wo es auch immer wieder zu so Auswüchsen kommt, wie dass eine Reinigungsmittelfirma ihr Produkt zum ‘Spülführer’ ernennt, oder dass ein in braunes Papier verpackter Schokoriegel dann für die Dauer der Fußballfestspiele plötzlich ‘Stürmer’ heißt, oder dieses Mal der Fall mit ‘Ariel 88’, dass das Waschmittel plötzlich eine 88 drauf hat, was ja als rechtsradikaler Code für “Heil Hitler” ziemlich bekannt ist – und dann steht da noch “neu konzentriert” oder so was drauf. Da wird irgendwie ganz wüst herumassoziiert und immer zwanghaft zurückgegriffen auf ein Wort oder auch Bild und Gedankeninventar des deutschen Nationalismus oder gar Nationalsozialismus”. (Michael Ebmeyer im Deutschlandradio Kultur)

Gestern noch saß Autor Michael Ebmeyer (s. Foto, links) als “Gastspieler” mit einigen aus Brasilien retournierten Spielern der Autoren-Nationalmannschaft auf dem Berliner Podium, stellte en passant sein neues Buch “Über Fußball und Flaggenfieber” vor (immer das weißblaue Elend seines Heimatvereins Arminia Bielefeld  im Nacken) und heute morgen hörte man ihn schon wieder ziemlich ausgeschlafen und frisch “gefönt” im Deutschlandradio Kultur (DLR), jede Menge interessanter Assoziationen zu all dem aktuellen schwarz-rot-goldenen Getöse im Gepäck. Besonders scharf seine Analyse zum Aufgehen der WM in einem Bedürfnis nach gemeinsamen Rauscherlebnissen(!), das trifft es tatsächlich sehr genau und hat Tradition, denn schon die Hohen Priester der frühen Jahre sorgten für Rausch und  Entspannung des Volkes mit Hilfe von Drogen und Spielen – Woodstock war eben auch WM! Smoke it, baby!

Es hat sich also nicht viel geändert, nur sind die Fahnen inzwischen andere, und man  kann sie über den motorisierten Außenspiegel seines navigationsgesteuerten Hybridfahrrads drappieren. Sorry, Fans,  aber “Ariel 88”  (s.o.) ist natürlich längst nicht mehr zu haben, alles ein Versehen, “dumm” gelaufen:  “Wir wollten werben für 83 plus 5, für 5 zusätzliche Waschladungen zu den üblichen 83 in der Packungsgröße”, sagte eine Procter-Sprecherin in Schwalbach am Taunus den Herrn von Spiegel-Online. Ist das so? Oder ist das ganz anders?

Nachdem nun auch das Nazi-Waschmittel vom Tisch ist, aber  die Parole “Jedes Gramm Material für die deutsche Fahnenproduktion” den Rausch einmal mehr  anheizen wird, muß zur momentanen Beruhigung aller aufrechten Antifas gesagt werden, daß Ebmeyer einen durchaus mulitkulturellen Grund ausmacht, auf dem alle diese Fahnen gehisst werden: “Einen erfreulich hohen Anteil an der Ausgestaltung dieser Fußballparties haben die die Migranten oder Deutschen mit Migrationshintergrund, wie es immer so schön heißt. Es gibt ja durchaus die These, dass die angefangen hätten mit dem sogenannten unbefangenen Flagge zeigen zu den Fußballfesten und dass die sozusagen den immer etwas verklemmten deutschen Kartoffeln erst beigebracht haben, wie man mit der eigenen Flagge fröhlich feiern kann, ohne dass danach das ganze Land in einen nationalistischen Rausch verfällt!” So könnte es gewesen sein. Just click, read or listen!

tunes

 

 

 

 

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