vonDetlef Berentzen 30.12.2014

Dr. Feelgood

Detlef Berentzen, Ex-tazler, Autor für Funk und Print, verbreitete hier „News“ der anderen Art. Gute zum Beispiel. Machte die Welt hör-und lesbar.

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Dann wurde ich zu meiner Überraschung als Maître de plaisir, wie man es nannte, ins Café umgesiedelt. Meine Aufgabe bestand darin, die hereinkommenden Gäste mit einem Lächeln zu begrüßen und, sagen wir, zwei Finger hebend, auszurufen: “Ja, einen Tisch für zwei.” …An diesem Punkt kamen sechs SA-Männer herein.”Guten Abend”, begrüßte ich sie. “Ein Tisch für sechs Personen? Hier entlang! Was darf ich Ihnen bringen?” Sie schienen überrascht ob meiner Begrüßung. Der Größte von ihnen sagte: ” Wir wollen Kaffee und Kuchen, ohne Bezahlung.” Ja, natürlich”, erwiderte ich. Später erfuhr ich, daß sie in alle Cafés am Kudamm gingen und die wenigen besorgten, dekadenten Demokraten terrorisierten. Ich ging in die Küche und rief Herrn Kretschmar. “Draußen sind sechs sehr große SA-Herren, sie möchten Kaffee und Kuchen ohne Bezahlung.” Er stürzte hinaus, das Gesicht zerfurchter denn je, mit wirrem Haar. “Raus!”, brüllte er sie an, “hinaus, hinaus!” Groß, wie sie waren, gehorchten sie und gingen. Das war meine erste Lektion in Widerstand. (George Tabori:”Autodafé”)

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