vontazpanterstiftung 05.10.2017

taz Panter Stiftung

Die taz Panter Stiftung fördert seit ihrer Gründung 2008 kritische Nachwuchsjournalist*innen, ehrenamtliches Engagement und die Pressefreiheit weltweit.

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Der zweite Tag des Seminars der taz Panter Stiftung in Sarajevo stand ganz im Zeichen eines Treffens mit dem bosnischen Journalisten Boro Kontic. Seine Berufserfahrung verdient Respekt: Seit mehr als 20 Jahren arbeitet er im „Mediencenter Sarajevo“, das die Entwicklung eines unabhängigen und professionellen Journalismus in Bosnien und Herzegowina unterstützt.

von Ksenia Schasnaya (Weißrussland)

Der heutige Direktor gilt als Veteran dieser Institution. Außerdem unterrichtet er im Rahmen von Ausbildungsprogrammen für Journalisten und an der Schule für Strategische Studien. Boro ist Autor und Producer solcher Dokumentarfilme wie „Ohne Bezeichnung“ (2011) und „Ausstellung“ (2012). Seine Erfahrungen konnte der ehemalige Rundfunkjournalist in die Arbeit als Gründer des Radioprogramms „Primus“ (1979 -1985) als Redakteur beim Jugendprogramm (1987) und beim zweiten Programm von Radio Sarajevo (1990 -1992) einfließen lassen. Von Mai bis Dezember 1992 war er Mitglied des Aufsichtsrats von RTV und während des Krieges in Bosnien und Herzegowina Kriegsberichterstatter für die „Stimme Amerikas“. Von 1994 bis 2003 war Kontic Präsident des unabhängigen Journalistengewerkschaft.

Zunächst gab er uns einen Überblick über die Medienlandschaft in Bosnien-Herzegowina. Dann ging es um unser Handwerk.

„Wer über Konfliktsituationen berichtet, muss verstehen: Wer sind deine Leser oder Zuhörer und was ist eigentlich die Aufgabe eines Journalisten: Deine Leser, Zuhörer oder Zuschauer das ältere Menschen und andere gefährdete Menschen – diejenigen, die vor allem Nahrung, Wasser, Medikamente und objektive Informationen brauchen“, sagt Boro.

Boro ist auch der Ansicht, dass „Frieden eine Erinnerung an den Krieg“ ist. Es gibt immer Provokateure einerseits sowie objektive Berichterstatter andererseits. So wie auch eine Medaille zwei Seiten hat, kann man auf eine Situation auch ganz unterschiedlich blicken. Zur Anschauung hat er einen Videofilm mitgebracht und die Szene in drei Bilder zerschnitten. Auf dem ersten Bild sieht man einen Mann, der offenbar flieht vor einem Auto – ein Opfer. Auf dem zweiten Bild sieht es aus, als stürze der Mann auf einen Alten, um ihn anzugreifen – nun erscheint derselbe Mann .als Aggressor. Auf dem dritten Bild ist die ganze Szene zu beobachten: der Mann stürzt auf den Alten zu, reißt ihn an sich, und schützt ihn so vor den herabdonnernden Dachziegeln – nun sehen wir einen Helden. – Bilder, die den Zusammenhang, das Ganze zerschneiden, ergeben unterschiedliche Wahrheiten.
Auf die Frage, ob es ein allgemeines Konzept für die Berichterstattung über Konflikte , antwortet Boro: „Nein, ich habe nur verbreitet, was ich mit eigenen Augen gesehen und eigenen Ohren gehört habe.“
Daher ist es nicht verwunderlich, weshalb Boro Kontic für seine Radio- und Fernsehdokumentationen einige internationale Auszeichnungen erhalten hat.

Am Ende des Treffens gab Boro Ratschläge, wie ein vollständiges und klares Bild der Vorgänge in Kriegs- und Krisenzeiten zu zeichnen sei.
– Machen Sie sich Notizen und bewahren Sie sie sicher auf
-Bringen Sie wichtige Fakten und Argumente in Erfahrung
-Verifizieren Sie immer wieder die Fakten
-Fügen Sie nichts zu Informationen in offiziellen Erklärungen hinzu, aber kürzen Sie sie auch nicht
-Führen Sie über die Erzählungen der Helden Ihrer Geschichten Tagebuch
-Bewahren Sie eine Kopie Ihrer Kontakte auf
-Erstellen Sie ein eigenes Archiv Ihrer Kontakte und Aussagen
-Bewahren Sie alles für immer auf.

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https://blogs.taz.de/tazpanterstiftung/2017/10/05/osteuropa-workshop-05-09-2017-ein-konzept-fuer-die-berichterstattung-ueber-konflikte/

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