In Düsseldorf Hamm befasste sich der 6. Senat vorgestern mit der kriminalistischen Auswertung eines Buches, in dem es um den Putsch des Yagan-Flügels innerhalb der Dev Sol ging, der wohl die revolutionäre DevSol einigermaßen beschäftigte und sicherlich zu ihrem Ende beitrug. Die deutsche Übersetzung des Buchtitels lautet etwa: „Alles für unsere Zukunft, unsere Einheit und unseren Sieg“, Da keine Autoren genannt werden, wird es Dursun Karatas und der Führung der DHKP-C zugeschrieben. DerBKA- Beamte Tutz (Name phonetisch) hatte das Werk im Hinblick auf die Erwähnung eines „Malik“ hin ausgewertet. Hinter diesem Namen soll sich nach Ansicht der Anklage der Angeklagte verbergen. Der Zeuge übergab dem Gericht noch weitere Bücher, traf aber mit seiner Auswahl offenbar nicht so den Geschmack der Senatsvorsitzenden. Sie gab ihm die Asservatenbeutel wieder zurück. So bleibt es vorläufig Sache der BKA-Beamten, die weiteren Werke aus dem Hause DevSol zu lesen und ggf. auszuwerten. Im Revisions-Verfahren mit dem Aktenzeichen II-6 STS 3/12 steht weiterhin Faruk Ereren vor Gericht, der angeblich von seinen Genossen auch „Malik“ genannt wurde. Ereren wird vorgeworfen, im April 1993 telefonisch von seinem Unterschlupf in Deutschland aus seine Zustimmung zu einem Attentat auf Polizeibeamte gegeben zu haben, die in Istanbul eine Bank bewachten. Bei der nachfolgenden Schiesserei wurden zwei Polizeibeamte, aber auch drei Kommandomitglieder erschossen . E. wurde dafür in erster Instanz zu lebenslanger Haft verurteilt. Vergleiche: http://blogs.taz.de/terrorismusblog/2011/03/20/die_beweisaufnahme_im_fall_faruk_e_wurde_wieder_geoeffnet/
In dem Buch heißt es, Malik sei am 22. Oktober 1992 in die Hände der Polizei gefalle.Ein Jahr später, am 6. November 1993 ist die Rede davon ‚“Malik sei rübergekommen“. Bundesanwalt und Gericht gehen davon aus, dass damit die Ankunft Maliks in Deutschland gemeint sei. Bei „Malik“ handele es sich um Ereren. Der Beamte erzählt auch von einem anonymen Zeugen, der ausgesagt habe, Dursun Karatas habe sich ebenfalls in Deutschland aufgehalten. Oder wie es der Beamte formuliert: Der Aufenthalt des Karatas in Deutschland sei „beauskunftet“ worden.
Tutz sagte auch, was ihn bei seiner Auswertungsarbeit nicht so interessiert. Dazu gehören beispielsweise Filme, die der Inhaltsangabe zufolge von Folter in der Türkei handelten. In den Worten des Beamten klang das in etwa so: Der Film handelte von „Folter und Justizversäumnissen in der Türkei.“ Der Produzent habe „versucht, sich an dem Thema abzuarbeiten“. Nein, diesen Film habe er „nicht angesehen“. Denn so der Beamte, er habe nicht erwartet, darin Hinweise auf den Angeklagten zu finden. Mit den Zuständen in der Türkei befasste sich der Ermittler nicht. Stattdessen zieht er die „Dokumente“ der türkischen Ermittlungsbehörden zu Rate. Wie diese Dokumente und Aussagen zustande bekommen sind, interessiert weder das BKA, noch die Bundesanwälte oder das Gericht. Richterin Havliza kritisiert, nachdem dies von einem der Verteidiger, Rechtsanwalt Schmitt bemängelt wurde, dass etliche, der dem Gericht vorliegenden Übersetzungen keinen Stempel des Übersetzungsbüros tragen, somit nicht nachverfolgt werden kann, wer diese Übersetzung gefertigt hat und für deren Richtigkeit ggf. gerade steht. Der Sitzungsvertreter der Bundesanwaltschaft erklärte, möglicherweise sei die Übersetzung mit einem Anschreiben versehen gewesen, aus dem sich der Name des Übersetzungsbüros ergebe. Außerdem sei üblicherweise nicht auf jeder Seite einer Übersetzung ein Stempel.
Die Richterin entscheidet schließlich, dass die im Gericht anwesende Übersetzerin künftig die Richtigkeit der Übersetzungen an Hand der ihr vorliegenden türkischen Originaldokumente überprüft, in dem sie diese liest, während die deutsche Übersetzung im Gericht verlesen wird.
Bei dem im Mittelpunkt des Verfahrens stehenden Attentat auf drei Polizeibeamte vor einer Bank in Istanbul wurden dem BKA-Mann zufolge Waffen verwandt, die nach Angaben der türkischen Behörden bereits bei früheren politisch motivierten Anschlägen zum Einsatz gekommen seien.
In einer der nächsten Sitzungen soll ein Kollege des Herrn Tutz, ein Herr Burkhard, einen umfänglichen Vermerk fertiggestellt haben und dem Düsseldorfer Gericht zur Verfügungstellen. Darin geht es, wenn ich das richtig verstanden habe, wohl um die Struktur der DevSol in den Jahren 1992/93
Zum Weiterlesen:
Wikipedia zu Dursun Karatas und Faruk Ereren:
http://de.wikipedia.org/wiki/Dursun_Karata%C5%9F
Erklärung im Zusammenhang mit dem Putsch innerhalb der DevSol:http://www.nadir.org/nadir/initiativ/rev_linke/ds/trenn/zeugin.html
Spiegel online vorgelesen
Während im benachbarten Gerichtssaal ein Buch der DHKP-C ausgewertet wurde, wurden im Saal 2 des Düsseldorfer Spezialgebäudes ernsthaft im Prozess gegen den Deutsch-Libyer Ahmet K. (Aktenzeichen III-5 STS 1/13)verschiedene Artikel aus „Spiegel online“ verlesen. Es ging um Einschätzungen der IBU. Na, wenn es der Wahrheitsfindung dient… . Ihm wird vorgeworfen, er habe seinem Schwager Mounir Chouka, dem deutschen Sprachrohr der IBU, einen Spiegel-Online-Artikel gemailt, und diesem dadurch Informationen über die Reaktionen auf seine Videobotschaften verschafft. Als ob der Schwager nicht auch in Waziristan – wenn auch unter größeren technischen Schwierigkeiten – surfen könnte.