vonErnst Volland 21.02.2007

Vollands Blog

Normalerweise zeichnet, schneidet, klebt Ernst Volland, oder macht Bücher. Hier erzählt er Geschichten.

Mehr über diesen Blog

Mit dem Rad sind es nur drei Minuten zu Peter B.’s Parterrewohnung, die an einer
der meist befahrenen Straßen von Steglitz, einer Stadtautobahnzubringerstraße liegt.
Das ganze Jahr über sind auf dieser Strecke in den Schaufenstern links und rechts der Wohnung von Peter B. grelle Schilder mit der Beschriftung „ Zu vermieten“ oder „Neue Bewirtschaftung“ zu sehen.
„Komm mir nicht ohne eine Flasche Weißwein“, bellt mich Peter B. am Telefon
an und legt auf. Seine Laune ist nicht immer die beste.

Als ich abends an seiner Tür klingele, öffnet  er nicht.
Ich schwinge mich auf mein Fahrrad und kehre um.
Peter B. war und ist Fotograf. Er lebt allein, war immer allein.
In den 60er und 70er Jahren fotografierte er sehr attraktive Frauen und Mädchen
für die Zeitschrift „Twen“. B. verschweigt auch nicht seine
Arbeit bei Quick, Bunte und Neuer Revue. Nachts sortiert er sein Archiv, stellt
Themenblöcke zusammen, überlegt, wie er neue Kunden findet, um an Geld zu
kommen für seine Miete.
Polanski, Sharon Tate, Mastroianni, Romy Schneider, Faye Dunaway liegen
verstreut auf dem Sofa. Das Deutsche Historische Museum hat 50 Abzüge zu
kleinem Preis gekauft und in einem Jahreskalender abgedruckt. Deutsche
Filmstars: Hardy Krüger 1960, Horst Buchholz, Hildegard Knef und
Ruth Leuwerik. Hier, in der dunklen Wohnung mit der brüllenden
vierspurigen Straße vor dem Fenster ist das ganze Lebenswerk eines
bedeutenden Chronisten zu sehen. Er hat nicht nur die Stars fotografiert,
auch die DDR, Kinder, Architektur. Dieses Jahr wird er fünfundsiebzig Jahre alt.

In den nächsten Tagen bin ich bei Peter B. zum Essen eingeladen.
„Ich geh mit ner dicken Jacke durch den Supermarkt, da bleibt was hängen“,
sagt Peter und schmunzelt.  „Auf was hast du denn Appetit und vergiss
die Flasche Weißwein nicht.“
Wie heißt der Bürgermeister von Steglitz und könnte dieser nicht mindestens
eine Flasche zum 75ten Geburtstag des bedeutenden Fotografen
vorbei bringen lassen? Wir sind gespannt.

Come to Steglitz have a look.

 

 17030.jpg13998.jpg13992.jpg13991.jpg13988.jpg13984.jpg13980.jpg13973.jpg13971.jpg

 

 

 

 

 

 

 

 

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/vollandsblog/2007/02/21/der-fotograf/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert