vonErnst Volland 08.12.2008

Vollands Blog

Normalerweise zeichnet, schneidet, klebt Ernst Volland, oder macht Bücher. Hier erzählt er Geschichten.

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Volland an Tomayer

Lieber Horst,

vor genau vier Jahren habe ich dir in einer Kneipe next door in Hamburg meine Ergebnisse des Fakes „Gott“ gezeigt, nebst anderen gefakten Themen. Ich hatte von Dir eine Einschätzung des Materials erbeten, da du ja ein Experte in der Sache bist und mit deinen gefakten Telefongesprächen seinerzeit einer der ersten überhaupt gewesen bist, der diese Arbeitsmethode angewandt hatte.

Dir sagte das gesamte vorgelegte Material sofort zu und jetzt wiederhole ich meine Bitte schriftlich. Was sagt der Fachmann?

Gute Grüße

Ernst

Tomayer an Volland

Ernstl, griaßde! Die Durchführung der Idee, der adulten Priesterschaft des hiesigen Religionsbetriebs deren Bild von einem Gott über die Vorlage des Gottesgemäldes

eines Achtjährigen abzuluchsen, find ich persönlich prima. Gell, man möchte meinen, dass, seit Walter Benjamin den Kapitalismus als den wahren, wenn auch nicht „erlösenden“ Gott entdeckt hat, der olle Gottesunfug doch ziemlich abgewirtschaftet habe, zumal man neuerdings zuschauen kann, wie die Milliarden Galaxien die Räume weit machen und die klitzekleine Stammzelle in sich reinkucken läßt. Man möchte meinen, dass der Krempel gut daran täte, sich in einem Showprozess selber anzuklagen, und, mit beispielloser Kühnheit des ‚errare humanum est‘ sich bedienend, zu verurteilen: Zu menschheitslebenslanger Bewährung beim Verstand. Das tut er aber nicht der Hunzbua, sondern er beharrt, zu faul arbeiten zu gehen, auf seiner Kaffeefahrtrheumadeckenphilosophie: Gott, Muttergottes, Gottessohn, und dass man dem Ausbeuter seins und dem Trostmichel Gott seins geben solle, auf dass ees im Drüben weitergehen möge, möglichst im Karachostile des Hüben. Und das Ganze, Ernstl, ist ausgedacht von gradmal einem Karlheinz wie Du und ich beziehungsweise von nebenan. Wie der EKDPfaffe Huber den Tsunami auf Gottes Reihe bringt und wie der Rosamunde Ratzinger zu Auschwitz seine mistigen Girlanden dreht (alles nachlesbar!) „it pulls me the shoes out“, wie Louis de Funès in „Brust oder Keule“ bei der Verkostung eines Verschnitts sagt. Ein deutscher Büchnerpreisträger hat nix anders im Schäadl, als dass dem rönischkatholischen Ritus aufs mittelalterlichste gehuldigt werde. Ich habs in einem Offnen Fax an die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung, Sektion Büchner-Gesellschaft, aktenkundig gemacht. Aber das intressiert die nicht. Ende 2006 hatte ich mein persönliches Lourdes, da schickte mir das „Rosarium Mariae Virginis“, vulgo „Deutsche Gesellschaft zur Verteidigung von Tradition, Familie und Privateigentum e.V.“ unverlangt ein Päckchen mit einem Rosenkranz plus Gebrauchsanweisung drin:

„Sehr geehrter Herr Tomayer! Oremus Rosarium Virginis Mariae! Stellen Sie sich vor, die Heilige Jungfrau Maria steht plötzlich vor Ihnen und fragt Sie: Möchtest Du am Ende Deines Lebens in den Himmel kommen? Und Sie antworten: Ja, das möchte ich gern. Daraufhin die Muttergottes: Dann bete von nun an täglich den Rosenkranz, und ich werde mich selbst um Dich sorgen…“ In KONKRET 02/2007 habe ich die Korrespondenz mit der Verteidigerin des „Privateigentums in Christo per Mariam“, der famosen Pilar von Oldenburg zu Bad Homburg bei Frankfurt, die in mich die Hoffnung setzte, „daß Sie uns mit z.B, 20, 30 , 50 oder 80 Euro helfen werden, sodaß die segensreiche Arbeit fortgesetzt werden kann“, dokumentiert. Im Oktoberheft 2007, mir war ein Foto in der Bild am Sonntag untergekommen, zeigend den Gangster Bush wie er dem Rosamunde in Rom einen bemalten Knüppel überreicht (Bildunterschrift: „Gastgeschenk – Auf dem Stab sind kunstvoll die Zehn Gebote aufgemalt“) faxte ich an die „Embassy of the United States of Amerika: „Dear Mister Ambassador! When President Bush was before a couple of months in Rome, he made the Holy Father a present. It was a stick, painted with the ten Commandments. ‘Who is the painter’ asked the Holy Father. And Mister President answered: ‘He is a Homeless’. May we, dear Mister Ambassador, ask you: How got Mister President the connection to the homeless Painter? And: Has the painter meanwhile an address? Because we, three devoutly Catholics in Hamburg, want to have such a nicefull stick too. Thank you very much…

Yours Kevin, Susi and Hotte.

Natürlich kam, trotz Abmahnung, nix vom Botschafter. Ich vermisse aber weitaus dringender einen soliden TVdokuFünfundvierzigminüter über diesen wohnungslosen Baseballschlägerverzierer. Im April 2008 entdeckte ich in der FAZ eine Todesanzeige: FORTEM FORTUNA ADJUVAT – Wir suchen Dich nicht/ Wir finden Dich nicht/ Du suchst und findest uns/ Ewiges Licht“, drunter: Der allmächtige Gott rief heute in seine Herrlichkeit […] Rechtsanwalt/ […]der Varta AG und der Altana AG i.R./ Weltkriegsteilnehmer 1939-1945/ Zuletzt Hauptmann und Regimentsadjutant im […] (EK 2. Kl. , EK 1. Kl., Allgemein. Sturmabzeichen/ […]/ Er besaß die Kardinaltugenden: Prudentia, Fortitudo, Temperentia, Justitia und er war ein glücklicher Mensch. Er ruht nun im Frieden Gottes und harrt gemäß seinem Glauben einer fröhlichen Auferstehung und des Eingangs in das ewige Licht“.

Ich erlaubte mir in KONKRET (Mai 2008) anzumerken: „Dieser Fall/ gehört nicht nur in den Pitaval (EK gut, EK sehr gut, Sturmabzeichen befriedigend) sondern auch in den Pschyrembel, Stichwort Hypertonie post mortem, vulgo rasende Aufgeblasenheit in stabiler lateinischer Rückenlage mit irreversiblem Realitätsverlust. Ees ist doch immer wieder dulce, wie sie das dekorierte Abschlachten unterm Hakenkreuz zur Weltkriegsteilnahme verzärteln, während hinwiederum nicht weniger zum Schießen ist, wie sie da, bewaffnet mit der vartabatteriebetriebenen Taschenlampe im Dunkel des ewigen Nichts als wie nicht ganz dicht/ Her sind hinter der Aktienmehrheit des Energiegiganten Ewiges Licht// Ich schreibe Dir dies, Ernstl, am Eingangtischchen von Schweinske in der Grindelallee zu Hamburg, wo wir uns das letzte Mal begegneten und wo ees heute, am 7. Oktober 2008, den „Monatsknaller“ giebt: „Putencurrywurst XXXL mit Pommes und Salatbeilage nur Euro 6,20“. So. Ich dreh jetzt meine Flughafenrunde mim Karren. Lieben Gruß: Dein Hotte.

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