vonErnst Volland 10.11.2011

Vollands Blog

Normalerweise zeichnet, schneidet, klebt Ernst Volland, oder macht Bücher. Hier erzählt er Geschichten.

Mehr über diesen Blog

Eugen Ruges Roman „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ (Rowohlt, 2011), steht in der Spiegel- Bestsellerliste ganz oben auf Platz 1 (Amazon Platz 6). Peter O. Chotjewitz Buch „Mit Jünger ein’ Joint aufm Sofa, auf dem schon Goebbels saß“ (Verlag Büchse der Pandora, 2011), ist nicht auf der Spiegelliste zu finden.
In der Amazon Verkaufsrangliste befindet es sich in diesen Tagen auf Platz 46 287. Chotjewitzs Buch ist ein gesprochener Text für seine beiden jungen Töchter Uta und Lea, den er Jürgen Roth kurz vor seinem Tod über mehrere Tage erzählte, und den Roth aufgenommen, redigiert und herausgegeben hat. Chotjewitz gibt einen Rückblick auf sein Leben.

Das Buch von Eugen Ruge (Jahrgang 1954) ist ein Debüt und hat in den deutschen Feuilletons eine enorme Aufmerksamkeit erfahren. Kurzbeschreibung aus dem Klappentext:
„Von den fünfziger Jahren über das Wendejahr 1989 bis zum Beginn des neuen Jahrtausends reicht dieser Roman einer Familie. Im Mittelpunkt drei Generationen: Die Großeltern, noch überzeugte Kommunisten, kehren aus dem mexikanischen Exil in die junge DDR heim, um dort ihren Anteil am Aufbau der neuen Republik zu leisten. Ihr Sohn, als junger Mann nach Moskau emigriert und später in ein sibirisches Lager verschleppt, tritt die Reise vom anderen Ende der Welt, dem Ural, an. Er kehrt mit seiner russischen Frau zurück in eine Kleinbürgerrepublik, an deren Veränderbarkeit er weiterhin glauben will. Dem Enkel wird die Wahlheimat von Eltern und Großeltern indes zusehends zu eng wird, bis er, ausgerechnet am neunzigsten Geburtstag des Patriarchen, in den Westen geht. Die Strahlkraft der politischen Utopie scheint sich von Generation zu Generation zu verdunkeln: Es ist die Zeit des abnehmenden Lichts.“
Die Kritik ist unisono voll des Lobes: „Überragend“ FAZ; „Der große DDR-Buddenbrooks-Roman“ Zeit; „Die Zeit ist reif für diesen unverstellten, humorvollen, und einfühlsamen Blick“ Süddeutsche Zeitung; „Gelassen, umsichtig, souverän… ein Roman, der die DDR wirklich hinter sich lässt.“ TAZ.
Das Buch von Chotjewitz und Roth ist in 16 Kapitel aufgeteilt. Erstes Kapitel: „Man hat Krebs, man versucht, seine Lebenserinnerungen aufzuschreiben, man lebt in Berlin und anderswo, man mag Stuttgart, und alle malen Mao“. Zweites Kapitel: „Club Voltaire, Tschernobyl, politökonomische Topographie, Exkurs über Stalin, RAF, Eppenberg und andere Werke, der Satz vom Sitzfleisch“. Dreizehntes Kapitel: „Willy Brandt, Novemberverbrecher, Adorno, man entdeckt den Jazz, zwei Dynastien und ein Nazi,der Selbstmord als schwierige Kunst, vom Saufen“.
Hier berichtet ein linker deutscher Schriftsteller (Jahrgang 1934), warum er es kaum in der Bundesrepublik ausgehalten hat, warum er lange Zeit in Italien lebte und innerhalb Deutschlands oft umgezogen ist. Aufs Land, in die Stadt, Hamburg, Berlin, Köln, wieder aufs Land, Stuttgart. Chotjewitz ist bis zum Schluss ein Linker geblieben und man liest mit Respekt und Vergnügen sein prallgefülltes Leben.
Der mit vielen authentischen Versatzstücken komponierte Roman von Eugen Ruge, erzählt in knapper und humorvoller Weise vom Zerbröseln der DDR anhand einer Familiengeschichte.
Der Protagonist ist fertig mit dem ersten Deutschen Arbeiter und Bauernstaat. Er kehrt kurz vor der Wende 1989 dem Staat den Rücken und versucht sein Glück im Westen.
Chotjewitz lebte in der Bundesrepublik. Er ging sowohl mit seinen Texten als auch mit seinen Kontakten bis hin zu führenden Mitgliedern (Als Jurist vertrat er Andreas Baader) bis an die Grenze des Möglichen und mischte sich im linken Spektrum jenseits der SPD immer wieder in die Diskussionen ein. Sein Verhältnis zur DDR bleibt ambivalent, ist jedoch auch stets voller Sympathie.
Bisher konnte ich keine Rezension des Chotjewitz Buches finden.
Es ist der reine Zufall, dass ich beide Bücher nahezu gleichzeitig gelesen habe. Empfehle ebenso zu verfahren. Chotjewitz ist ebenfalls Platz 1 der Bestsellerliste zu wünschen.

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/vollandsblog/2011/11/10/eugen-ruge-versus-peter-o-chotjewitz/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert