vonErnst Volland 25.06.2012

Vollands Blog

Normalerweise zeichnet, schneidet, klebt Ernst Volland, oder macht Bücher. Hier erzählt er Geschichten.

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Fortsetzung vom 20. Juni 2012.

Der ökologische Fußabdruck misst jene Fläche auf der Erde, die notwendig ist, um den Lebensstil und Lebensstandard dauerhaft zu gewährleisten. Wenn der Fußabdruck aller Erdbewohner zusammengenommen größer ist als die verfügbare Gesamtfläche an Produktivland, lebt das System Erde über seine Verhältnisse und gefährdet seine Zukunft.

Foto: Stan Fellerman

Das ist gegenwärtig der Fall. Von Land zu Land variiert dabei der Verbrauch an Raum und natürlichen Ressourcen, welche die Menschen im Alltag für Essen, Wohnen, Mobilität und Reisen sowie die Entsorgung der Abfälle beanspruchen. Während eine Person in Afghanistan für ihren Lebensstil nur gerade 0,1 Hektar Fläche benötigt, sind es in den USA 9,7 Hektar (ha), in Großbritannien 5,6 ha und in Deutschland 5,2 ha. In Brasilien sind es 2,1 ha, in der Volksrepublik China 1,6 ha und in Indien 0,7 ha für eine Person (2002). Südafrikas Fußabdruck 2010 ist 2,0 ha.

Mit dem ökologischen Fußabdruck ist nur ein Durchschnittswert pro Person zu ermitteln. Er weist kein spezifisches Profil auf. Dieses ist eher durch den „ökologischen Rucksack“ zu erkennen und deshalb ist dieser hier von Interesse. Der ökologische Rucksack ist die sinnbildliche Darstellung der Menge an Ressourcen, die bei der Herstellung, dem Gebrauch und der Entsorgung eines Produktes oder einer Dienstleistung verbraucht werden. Sie soll im Rahmen der Ökobilanz einen Vergleichsmaßstab bieten, mit dem verdeutlicht wird, welche ökologischen Folgen die Bereitstellung bestimmter Güter verursacht.
Das Kilo Erdbeeren, organisiert vom Unternehmer Hans Gerling, lag tonnenschwer in seinem ökologischen Rucksack. Völlig leer dagegen war der ökologische Rucksack des Pflückers (oder Bauern) auf der anderen Seite der Erdkugel auf einer Farm in Südafrika, der 24 Stunden zuvor die reifen Erdbeeren vom Strauch nahm.
Der Verzehr von Erdbeeren im Winter wird nicht der einzige Gourmetluxus des Versicherungsmillionärs Hans Gerling bis zu seinem Tod im Jahr 1991 gewesen sein. Sein ökologischer Rucksack könnte daher auf Heißluft-Ballongröße angeschwollen sein, ganz im Gegensatz zum Rucksack des südafrikanischen schwarzen Pflückers. Dessen Rucksack ist bis zu seinem Tod mit dem Gewicht von etwa einem Gramm zu veranschlagen.
Es ist mir nicht bekannt, wie viel Hans Gerling seinerzeit für ein Kilo Erdbeeren bezahlt hat, vielleicht umgerechnet1000 Euro, vielleicht, auf Grund seiner geschäftlichen Beziehungen, keinen Cent. Die Erdbeeren im Januar mussten ökologisch teuer von der Gemeinschaft bezahlt werden, bedenkt man allein den Transport mit einem Lastfahrzeug und Flugzeug vom Strauch der Plantage in Südafrika bis auf den Biedermeiertisch im Haus Parkstraße 55, Köln-Marienburg.

Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob die Erdbeeren wirklich geschmeckt haben. Vielleicht war der sicherlich ungewöhnliche Geschmack auch nur eingebildet. Auf jeden Fall haben mich die Existenz der roten Früchte und die Möglichkeit, sie im Winter essen zu können, sehr beeindruckt.
Heute fasse ich Erdbeeren, die auf Märkten oder in Kaufhäusern im Winter angeboten werden, nicht an. Es muss sich bei mir etwas verändert haben.

Die Erdbeeren aus dem Jahr 2011, importiert aus Spanien und aus anderen Ländern wie Chile, sind mit Vorsicht zu genießen oder besser überhaupt nicht. Sie tauchen schon ab Februar, also noch im Winter, auf Märkten und in Läden auf. In Südspanien sind ganze Landstriche mit weißen Folientunneln verhüllt. Darunter wachsen aber nicht nur die Erdbeeren besser, auch Schimmelpilze haben in dem feuchtwarmen Klima leichtes Spiel, außerdem Bakterien, Insekten, Käfer, Blattläuse und Erreger von Wurzel- und Fruchtfäulen.
„Um die Schädlinge in Schach zu halten, wird reichlich gespritzt. Vor allem Antipilzmittel (Fungizide) kommen zum Einsatz. Pestizide sollen die empfindlichen Früchte auch für die weite Reise nach Deutschland fit machen. Die Folgen: Wenn die Bauern zu viel spritzen oder die Wartezeiten nicht einhalten, bleiben Rückstände in den Früchten zurück – und das nicht zu knapp.“ Zitat
„Ökotest online“ untersuchte zwanzig verschiedene Erdbeeren aus Spanien und Marokko. Fast die Hälfte erhielt die Note ungenügend oder mangelhaft. Zusätzlich fanden die Tester heraus, dass vierzehn der fünfundzwanzig gefundenen Pestizide auf dem deutschen Markt verboten sind.

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