vonErnst Volland 23.04.2014

Vollands Blog

Normalerweise zeichnet, schneidet, klebt Ernst Volland, oder macht Bücher. Hier erzählt er Geschichten.

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Samstag, an einem Ostersamstagtag.
Kalenderblatt im Deutschlandfunk, wie immer 9:05. Heute Jean Ziegler.
Kaum zu glauben, Jean Ziegler, der schweizer Nestbeschmutzer (so sehen ihn viele, nicht nur in der Schweiz) wird heute 80 Jahre alt und der Deutschlandfunk würdigt dieses Datum historisch. Morgiges Kalenderblatt Shakespeare vor 450 Jahren geboren. Mein Kommentar: Glückwunsch Jean Ziegler, der nächste Friedensnobelpreis gehört Ihnen.
Heute morgen habe ich einen Apfel geschenkt bekommen. Markt Friedenau.
Ein Strauß Blumen mitgenommen. Freundliche Verkäuferin: Schöne Ostern. Der Apfel ist gratis.
Am Stand der Friedenauer Brücke gefragt, ob man die Bücher kaufen könnte. Verunsicherung. Rabatte? Ungewiss.
Sofort in den Apfel gebissen, herrlich.
Buchhandlung Der Zauberberg. Angenehm, Harald Loch wieder hinterm Ladentisch. Das Buch von Hermann Peter Piwitt- Lebenszeichen mit 14 Nothelfern, ist da.
Schmal 18 Euro.
Ich sage: Piwitt ist unterschätzt und meine eigentlich, der wird leider nicht so wahrgenommen, wie qualifiziert.
Loch: Es gibt ne Menge, die unterschätzt sind, aber auch ne Menge, die überschätzt sind.
Wohlwahr. Er nennt einen überschätzten: Thomas Mann.
Ich: Ein Thema für mehrere Stunden und aus dem Laden raus.
Radle am Flohmarkt Rathaus Schöneberg vorbei. Halt.
Ein Buch für 1 Euro erstanden: Vom Fliegen.
Dann zum Kollwitz Platz. Drei Stationen mit der S-Bahn, Ausstieg Brandenburger Tor. Ein einsamer Mann mit Koffern auf einem Treppenabsatz des S-Bahn. Er spricht drei Personen an, die ihm nicht sagen können, wie er fahren kann. Ich übernehme und zeige ihm den Weg zur Plattform Richtung Oranienburger Straße, nur 2 Stationen. Dankbares Lächeln, doch immer noch verunsichert. Da ich das Problem mit den Fahrkartenautomaten kenne, begleitete ich ihn und zeige, wies geht. Der Mann aus Oman wird denken, was sind doch die Berliner hilfsbereit. Soll er.
Am Kollwitz Platz nette Menschen getroffen, in einem Cafe die Berliner Zeitung und FAZ gelesen.
Wochenmarkt. Spreewalder Gurkenstand nicht da, schade. Stand mit fränkischem Brot ebenso, auch sehr Schade. Nichts gekauft.
Einem Fotografen, der auf dem Markt seine selbst fotografierten Fotos in selbst passpartourierten Folien anbietet, Farbe, Mut gemacht. Eigentlich aussichtslos.
Gegen 18 Uhr noch ein Cafe in Kreuzberg. Am Gemüsedöner neben der Curry 36 vorbei. Dort eine Schlange zum Döner von mindestens hundert (!) Menschen.
Im Cafe die Süddt. Zeitung gelesen. Blättere in dieser und entscheide mich, sie zu kaufen. Neben vielem Lesenswerten, ein Artikel über de Maiziere. Einer meiner politischen Lieblinge.
Der Mann hinter dem Tresen überrascht mich mit einem doppelten gut gepackten Schinkenbrötchen, obwohl ich nur eins bestellt habe.
„Weil Sie es sind. Frohe Ostern.“
Ich lese den Maiziere bis fast zum Ende, es bleibt bei meiner Antipathie, Hofbericht vom Feinsten.
Der Mann ist gerade 60 Jahre alt geworden, aktiver Christ, seit 30 Jahren in der Politik und er wird jetzt erst richtig freundlich, schüttelt wildfremden Menschen die Hände, fragt nach. Diese Art Infos mit großem Foto schätze ich ganz besonders. Innenminister, Lieblingsgerät als Verteidigungsminister: Drohnen.
Ich gehe aus dem Raum, vergesse zu zahlen, werde erinnert.
Sorry. Wirt erzählt:
Vor ein paar Tagen ist ein sehr bekannter Schauspieler hier rein gekommen, spät, hat was bestellt und ist ohne zu zahlen einfach raus auf die Straße. Ich hinter ihm her und erinnere ihn an die Zahlung. Er mit mir zurück, wirft das Geld auf den Tresen und sagt: Scheiß Laden hier. Ich komme nie wieder.“
Ich bin baff, habe den Mann mal vor Jahren in der Küche eines Freundes getroffen, zum Anfang seiner Karriere und sage: „Kann ich mir nicht vorstellen.“ „Ist aber so.“
Auf, in den Sattel und Richtung Friedenau, dorthin, wo heute morgen noch der Markt stand.
Der Kiosk ist manchmal bis 24 Uhr offen. Ich hole mir eine Süddt. Zeitung aus dem Regal, die 2,50 Euro kostet, lege aber nur 1,25 Euro auf den Tisch und sage: „Leider habe ich nicht mehr.”
Antwort: “Dann machen Sie doch ein Tänzchen.“ Ein kurzes Hüftwackeln, dann äußere ich Unvermögen.
„Bringen Sie doch einfach das Restgeld in der nächsten Stunde.„
„Geht nicht“, ich bin auf der Durchreise.“
„Dann bringen Sie das Restgeld irgendwann.“
Das gefällt mir. „Ach, sehe gerade, hier habe ich noch ein paar Münzen.“ Ich zahle den vollen Betrag von 2,50. „Vielen Dank.”
Abends gab es dann noch eine heiße Suppe beim Nachbarn. Köstlich.
Piwitt

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