vonErnst Volland 25.03.2015

Vollands Blog

Normalerweise zeichnet, schneidet, klebt Ernst Volland, oder macht Bücher. Hier erzählt er Geschichten.

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Vor ein paar Tagen gehe ich in eines der vielen Cafes in der Kollwitz Straße. Das Cafe nennt sich Meierei, wird von Schweizern betrieben, und der Capuccino schmeckt dort richtig gut. Da ich kein Handy habe, jedoch jemanden aus der nahegelegenen Wörtherstraße ins Cafe locken möchte, frage ich die freundliche blonde Bedienung hinter dem Selbstabholertresen, ob ich hier irgendwo telefonieren kann. Es existiert noch ein Festnetzt. Die Tresendame drückt mir den schmalen Telefonhörer in die Hand, mit der Bemerkung, “Das rauscht gewaltig. Versuchen Sie ihr Glück.“ Mein Blick fällt auf das große Fenster der Außenfassade. Dort sitzt allein ein schlanker Mann und liest Zeitung. „Ich werde es mal bei dem jungen Mann am Fenster probieren,“ antworte ich und gebe den Hörer zurück.
Vorsichtig stelle ich den Capucciono auf die Holzablage am Fenster, mustere den lindgrünen Pullover des Mannes und bemerke seine leicht zerzausten Haare. Das Handy liegt neben der Zeitung, die er eben noch gelesen hatte.
„Darf ich mal Ihr Handy benutzen?“ Der Mann schaut mich etwas irritiert an.
„Ja, nur nicht ins Ausland.“ „Ich möchte nur jemanden hier im Kiez anrufen. Wir waren verabredet, und die Person ist nicht gekommen.“
Das klare Tableau mit den Ziffern liegt in meiner Hand. Ich bekomme Kontakt und verabrede mich erneut.
Dann gebe ich dankend das Handy zurück. Der Mann hat inzwischen seinen Mantel angezogen. „Wollen Sie die FAZ haben, ich habe sie durch.“ Das Angebot gefällt mir. Ab und zu lese ich die Frankfurter Allgemeine, vorwiegend das Feuilleton. „Eine Frage bitte. Sie sehen so aus, als ob Sie bei der Zeitung arbeiten. Ich tippe mal auf TAZ. „
„Viel schlimmer, viel schlimmer. Fernsehen.“

Fortsetzung folgt

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