vonErnst Volland 07.10.2015

Vollands Blog

Normalerweise zeichnet, schneidet, klebt Ernst Volland, oder macht Bücher. Hier erzählt er Geschichten.

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Pina Bausch

Pina Bauch und Walter Vogel, 1965

Walter Vogel

1. Walter Vogel ist ein Einzelgänger
2. Vogel fotografierte zuerst seine Familie und sich selbst unterwegs. Dann Düsseldorf, das Ruhrgebiet, Deutschland, Paris, Italien, New York, Afrika, Indien, Asien.
3. Er gab mit 30 Jahren einen relativ gut bezahlten, sicheren Arbeitsplatz als Maschinenbauingenieur auf und ging an die Essener Folkwang Schule, um bei Otto Steinert, einem der bedeutendsten Nachkriegsfotografen und außergewöhnlichen Lehrer zu studieren. Außergewöhnlich deshalb, weil in den Jahrgängen 1963- 68 neben Vogel auch andere wichtige Fotografen dort studierten.
4. In die Zeit des Studiums machte er die Bekanntschaft mit der später weltberühmten Tänzerin und Choreografin Pina Bausch. Sehr frühe wunderbare Einzelportraits entstehen.
5. Vogel kennt sich aus in der Fotografie, aber auch mit Kameras. Leica, Nicon, Hasselblatt und anderen. Ich kenne keinen Fotografen, der noch nach über 60 Jahren Fotografie genau benennen kann, wann er welche Kamera für welches Foto benutzt hat. Es ist alles dokumentiert.
6. Walter Vogel ist ein s/w Fotograf, er ist der s/w Fotograf schlechthin, weil er nicht nur sehr viel Energie in das Motiv steckt. So fuhr er oft ohne Auftrag mit einem alten VW nach Italien, zeltete dort, fotografierte, und war froh, auch nur mit einem einzigen sehr guten s/w Foto nach Hause zufahren. Doch das war nur die halbe Miete. Jetzt hieß es, in die Dunkelkammer zu gehen und einen perfekten Abzug herzustellen. Ich kenne keinen Fotografen, der so viel Wert auf einen brillianten Abzug legt.
7. Bei Vogel gibt es den besten Espresso. Die Zubereitung ist mehr als ein Ritual. Sie zeugt von Kultur und Genuss, und die Vorbereitung wird akribisch durchgeführt. Beste Bohnen vom Einkäufer, für jede Tasse frisch gemahlen, Tasse angewärmt. Gemahlen seit Jahrzehnten in einer kleinen handgroßen Kaffeemaschine, gemessen mit einer Stoppuhr. Ein Doppio hat mehr Wucht als ein einzelner Espresso. Ergebnis: Die Crema liegt satt auf der Oberfläche und bildet einen braunen, 3-4 millimeterbreiten Rand in der Tasse. Der Zucker bleibt kurz auf der Oberfläche liegen, bevor er abtaucht. Perfekt.
8. Vogel ist der Schrecken der Verleger. Weil er seine eigenen Texte schreibt, weil er weiß, wie seine Fotos in einem Buch wirken können, wenn man sie gut komponiert, weil er Ahnung vom Layout hat, und weil er ein unerschütterliches Selbstvertrauen besitzt. Letztendlich gibt ihm das Ergebnis recht. Und alle fragen der Persönlichkeitsrechte und des Copyrights sind natürlich vorab geklärt. Der Name des Baristo in der italienischen Bar in Genua 1973 ist für immer registriert. Das Foto mit ihm wird niemals für Werbezwecke verwendet, sondern als Dokument in einem der grandiosen Bücher über Cafes und Bars veröffentlicht, die inzwischen in einer Handvoll entstanden sind. Hier ist Vogel stilbildend und er wird bereits kopiert.
9. Vogels Vor-und Nachlass wird in die Stiftung Preussischer Kulturbesitz, Berlin eingehen. Ich war selbst an diesem Akt beteiligt und es war nicht notwendig, ihn mit der Aussage dort zu locken, dass er zum Beispiel neben der Originalpartitur der 9. Sinfonie von Beethoven plaziert ist.
10. Ich schätze die Arbeit von Walter Vogel seit Jahrzehnten, halte ich ihn für einen der wichtigsten Fotografen der Nachkriegszeit und ich bin, solange ich denken kann, sein Couisin. Walter Vogel ist ein Einzelgänger, aber nicht allein.

Ausstellung Stiftung Gerhart- Hauptmann- Haus
Bismarckstraße 90
40210 Düsseldorf
Bis 11.11.2015

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https://blogs.taz.de/vollandsblog/2015/10/07/walter-vogel-fotografie/

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kommentare

  • kugelfisch sei gesagt, dass es sich um einen Vortrag handelte, der in Punkten aufgezeichnet wurde. Nichtsdestotrotz müssten solche Fehler vermieden werden, und ich bedanke mich für die Korrektur.

  • *Nikon *Hasselblad *Barista *Cousin

    In einem Text über einen Fotografen/Fotografie sollten doch wenigstens die Markennamen korrekt sein, wenn man sie schon nennt.
    Welches Gehäuse Vogel für eine Aufnahme benutzt hat ist eher uninteressant, entscheidend sind Objektiv, Blende und Verschlusszeit und eher das hat er wohl festgehalten.
    Und wenn man schon einen ganzen Punkt seinem Espresso widmet, sollte man wissen, dass der Mann an der Maschine Barista heißt und dass in einer Kaffeemaschine Kaffee gebrüht und nicht gemahlen wird.

    Wäre der Text ein Foto, wäre es leicht verwackelt…

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