vonWolfgang Koch 30.03.2008

Wolfgang Kochs Wienblog

Vom letzten Glanz der Märchenstadt oder wie es sich an der blauen Donau gerade lebt.

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[ß = ss]. Mein Blogeintrag vom Anfang des Monats über die Initiative Volksgesetzgebung hat bei den Volksgesetzgeblern verständlicher Weise grosse Freude hervorgerufen. Die Bezeichung »Volkgesetzgebler«, die ich ihnen verpasst habe, allerdings nicht.

Nun, ich versichere den verehrten Damen und Herren Volksgesetzgeblern, dass das austriazistische »l« im Wort Volksgesetzgeber unbedingt notwendig ist, da ja das Staatsvolk unter dem Vorzeichen der Direkten Demokratie wohl der mächtige Souverän bleiben muss.

Das Staatsvolk, die Bevölkerung, darf kritisiert werden (eine Aufgabe, die heute vor allem KünstlerInnen wahrnehmen). Weil es dennoch das Wort behält, sollen ihm allein Ausdrücke wie »Volksgesetzgeber« oder »Gesetzgebervolk« vorbehalten bleiben.

Direkte Demokratie darf nicht missverstanden werden als schützende Hülle einer Fiktion absoluter Souveränität. Die Teilhabe des Einzelnen an der Macht findet in der modernen säkularen Welt ja auf immer stärker überlappenden Feldern statt.

Wie die neue Ausgabe der lesenswerten Zeitschrift datum errechnet, lässt sich kein demokratischer Staat der Welt seine Parteien so viel kosten wie Österreich. [Saskia Jungnikl und Thomas Trescher auf Geldsuche bei unseren Volksvertretern: http://www.datum.at/0408/stories/4815961]

Der Volksgesetzgeber ist ein Gesetzgeber, der sich durch seine Vertreter vertreten lässt. Volksgesetzgebler hingegen vertreten die Ansicht, dass das Staatsvolk sich ruhig mehr Gesetze selbst geben und sich weniger vertreten lassen soll. Hier stimme hundertprozentig ich zu.

Die Grundlinien der Initiative für die Regelung der Direkten Demokratie durch eine »Dreistufige Volksgesetzgebung« lauten:

1. Volksinitiative (1. Stufe): Mindestens 30.000 stimmberechtigte Bürgerinnen und Bürger können dem Nationalrat einen ausgearbeiteten Gesetzesentwurf oder eine bestimmte politische Richtlinie zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung vorlegen. Die Unterschriften zur Unterstützung der Volksinitiative werden frei gesammelt.

Der Nationalrat berät über durch Volksinitiative eingebrachte Anträge vordringlich und führt spätestens ein halbes Jahr nach Vorlage einen Beschluss herbei. Bei den Beratungen sind bis zu drei von den Initiativträgern bevollmächtigte Personen hinzuzuziehen.

2. Volksbegehrens (2. Stufe): Wird der Vorschlag der Initiative nicht unverändert beschlossen, haben die Initiativträger die Möglichkeit, für ihr Anliegen die Einleitung eines Volksbegehrens zum Volksentscheid zu verlangen. Die Unterschriften zur Unterstützung des Volksbegehrens werden während einer Eintragungswoche gesammelt. Im Vorfeld ergeht an jeden Haushalt eine rechtzeitige Verständigung mit dem Wortlaut des Begehrens.

3. Volksentscheid (3.Stufe): Ein Volksbegehren ist erfolgreich, wenn es durch mindestens 300.000 Stimmberechtigte unterstützt wurde. In diesem Fall kommt es frühestens nach drei, spätestens nach sechs Monaten zu einem Volksentscheid. Die Mehrheit der abgegebenen Stimmen entscheidet über Beschluss oder Ablehnung des Gesetzes bzw. der politischen Richtlinie.

4. Medienbedingung: In der Zeit von mindestens drei Monaten vor einem Volksentscheid findet in den Massenmedien zum Gegenstand des Entscheids die freie und gleichberechtigte Information und Diskussion über das Pro und Kontra statt. Ein Medienrat vermittelt und kontrolliert.

5. Das Nähere regelt das Gesetz.

© Wolfgang Koch 2008
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