vonWolfgang Koch 30.11.2008

Wolfgang Kochs Wienblog

Vom letzten Glanz der Märchenstadt oder wie es sich an der blauen Donau gerade lebt.

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29~11~08
In der Woche der Regierungsbildung durch die Grosse Koalition aus SPÖ-ÖVP zeichnet die Wirtschaftsuniversität Wien ihren ao. Professor Ulrich BERGER mit dem »Best-Paper-Award 2008« für den mathematischen Beweis einer Spieltheorie aus. Berger kann mit abstrakten Formeln zeigen, was wir auch so schon wissen: warum zwei Parteien mit ähnlich gelagerten Interessen in einem strategischen Konflikt durch wechselseitige Anpassung relativ rasch zu einem Gleichgewichtszustand finden.

Hitler-Blog aufgepasst! Der serbische Hotelier Dušan ZOBUNOVIC betreibt in der Belgrader Innenstadt das sogenannte Designhotel Mr. President, indem es aus historischem Interesse u.a. ein Stalin-Zimmer und eine Hitler-Suite gibt. Nun plant der Unternehmer, der sein Haus bedenkenlos mit negativen Schlagzeilen pusht, ebensolche Themenhotels in Dubrovnik und Wien.

Der Psychoanalytiker Otto FENICHEL führte von seinem 14. Lebensjahr bis zu seinem Lebensende unkommentierte Listen über Wanderungen, Korrespondenzen, Kino- und Theaterbesuche. So wissen wir zwar, was er getan, wenn er getroffen hat oder wem er geschrieben hat – aber nichts darüber, was er dabei gesagt oder empfunden hat (Alfred PFABIGAN).

Dietmar STEINER, neuer Vorsitzender des Grundstückbeirats der Gemeinde Wien: »Der Wiener Wohnbau hat unbestritten ein hohes, international herzeigbares Niveau. Im überwiegenden Teil der Welt hat Wohnbau mit Architektur absolut nichts mehr zu tun, da erfolgt reine Bedarfsdeckung«. – Selbstverständlich wohnt dieser oberste Fan des Wiener Wohnbaus nicht in einem von befreundeten Star-Architekten designten Domizil im Grünen, sondern auf achtzig finsteren Quadratmetern in der citynahen Vorgartenstrasse.

»Christenverfolgung« nennt der VP-Politiker und EU-Euphoriker Erhard BUSEK die Kommentare der Neuen Kronenzeitung zum Abgang der VP-Politikerin und EU-Euphorikerin Waltraud PLASSNIK (Der Standard). Die Ministerin gehört dem neuen Regierungsteam freiwillig nicht mehr an.

30~11~08
Pünktlich zum 1. Adventsfeiertag überführt das Investigationsblatt Krone bunt (auf Seite 3 prangt das Sonntagsevangelium des römisch-katholischen Kardinals Christoph SCHÖNBORN) den deutschen Reformator Martin LUTHER anhand entdeckter Fäkalreste seiner Familie der Lüge, des Betruges und der schweren Täuschung. – Fällt das auch unter Christenverfolgung, Herr Busek?

Seite 20 desselben Volksaufklärungsorgans: »Der Mangel an Lust auf Sex ist zu einer neuen Volkskrankheit geworden«.

Das Konkurrenzblatt Österreich wehrt sich gegen diese gefährliche Seuche mit der präventiven Sex-Beichte von Medienbaumeister Richard LUGNER. Dieser erstebeste aller Prominenten des Landes sorgt wieder mal für viel Schreibstoff (dass er irgendwo auch Gesprächsstoff sein könnte, halte ich für ein Gerücht): Lugner will in einer Sendung des ORF herumalbern, Lugner wird von Frauen verfolgt, Lugner hat sich mit anderen Adabeis verkracht, und Lugner hält eine »weltberühmte US-Schauspielerin« als nächsten Operballgast im Ärmel. Aha. Bemerkenswert ist eigentlich nur das Gesundheitrezept des 76jährigen: »Ich rede nie über Wehwehchen wie Gleichaltrige. Das macht nur trübsinnig«.

Die Republik Österreich hat immer noch kein Endlager für den radioaktiven Müll der Zwischenlagerstätten in Seibersdorf gefunden. Die Kapazitäten für das strahlende Zeug aus medizinischen Labors und Forschungsstätten sind erschöpft.

Das Schauspiel-As Nicolas CAGE und der österreichische Theaterpädagoge Volker WALDEGG quetschen ihre Nasen auf die Society-Seiten. Der eine als Theater- und Museumsbesucher, der andere als Nikolaus.

© Wolfgang Koch 2008
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