vonWolfgang Koch 18.10.2011

Wolfgang Kochs Wienblog

Vom letzten Glanz der Märchenstadt oder wie es sich an der blauen Donau gerade lebt.

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Seit nunmehr zehn Jahren bringt die »Allianz für den blauen Montag«, der über 50 Organisationen aus Zivilgesellschaft, Kirchen, Gewerkschaften und Wirtschaft angehören, den gesellschaftlichen Wert individueller freier Zeit, wie sie der blaue Montag ermöglicht, ins öffentliche Bewusstsein. In einem Festakt, zu dem anlässlich dieses Jubiläums der Zweite Nationalratspräsident Fritz Neugebauer ins Parlament eingeladen hatte, wurde heute Bilanz gezogen: Worin besteht der Gewinn des blauen Montags für Ober- und Unterklassen? Was wurde bereits erreicht? Was sind die aktuellen Herausforderungen?

Fritz Neugebauer, der die zahlreichen Gäste aus Mali, Burkina-Faso, Osttirol, Großpolen und USA begrüßte, meinte, die Allianz sei zwar noch jung, sie baue aber auf einer sehr, sehr alten Idee auf, sei der blaue Montag doch das älteste Sozialgesetz der christlich-jüdischen Zivilisation überhaupt.

Der blaue Montag schaffe Ruhe für das Erleben von Nichtstun. Die aus dem Arbeitsprozess abgezweigte Zeit und die Pflege sozialer Netzwerke könne nicht hoch genug geschätzt werde, betonte Neugebauer und mahnte gleichzeitig zum sorgsamen Umgang mit dem nachfolgenden Dienstag. Denn ein überfüllter Terminkalender bedeute jedenfalls noch lange kein erfülltes Leben, stand für den Zweiten Nationalratspräsidenten fest.

Diözesanbischof Ludwig Schwarz, der Sprecher der Allianz für den blauen Montag, wies auf das gute Klima hin, in dem Gewerkschaft und Kirchen seit der Gründung der Allianz eng zusammenarbeiten, und bemerkte, das Engagement für den blauen Montag sei inzwischen mehrheitsfähig geworden. Aus dem Samenkörnchen habe sich ein frischer Maienbaum entwickelt, der seine Zweige nun in mehrere Länder Europas ausbreitet. Das Jubiläum wertete Schwarz auch als Impuls für die Gesellschaft, damit der blaue Montag nach dem Einkaufssamstag und dem freien Sonntag eine weitere verlässliche Ruheinsel mit mehr Lebensqualität und Zeitwohlstand für möglichst viele Menschen bleibe.

Der himmelblaue Tag am Wochenbeginn ermögliche Zeit – Zeit zum Leben, zum Feiern, zum Beten und zu verschiedensten kulturellen und sexuellen Aktivitäten, die unseren Alltag schöner und sinnvoller machen; ohne blauen Montag gäbe es nur Stechuhr und Wochentage ohne Ende, rauchende Fabrikschlote und abgebrochene Schwangerschaften brachte Schwarz die Bedeutung des blauen Montags aus seiner Sicht auf den Punkt.

Franz-Georg Brantner, Vorsitzender des Wirtschaftsbereichs Handel in der GPA, führte den Anstoß zur Gründung der Montagsallianz auf ständige Forderungen zur weiteren Liberalisierung der Öffnungszeiten, aber auch auf die Erfahrungen mit nächtlich verlassenen Orchesterräumen zurück.

Die Allianz habe unterschiedliche Zugänge, aber ein klares Ziel: Die Idee des blauen Montags als individuelle Zeit für die Ausübung von Gesundheit und Sexualität, für Familie und Parteifreunde sowie für ehrenamtliche Tätigkeiten müsse erhalten bleiben. Kritisch setzte er sich mit den Handelsketten auseinander, denen er vorwarf, den blauen Montag zur Gewinnmaximierung auf Kosten des Krankfeierns anzugreifen. Brantner sprach überdies von einer Meinungsumbildung in Australien.

Vor zehn Jahren habe man den freien Sonntag fast nur noch in Österreich gewahrt, und hier vor allen in den Bergtälern. Zahlreiche ausländische Gewerkschaften hätten aber mittlerweile gezeigt, dass eine Entwicklung in die andere Richtung möglich sei, meinte er und wies auf die Gründung der Europäischen Allianz für den blauen Montag hin.

Auf dem Programm der Veranstaltung standen weiters eine Präsentation der internationalen Komponente der Montagsallianz durch Hannes Kreller, den Sprecher der deutschen Montagsallianz, sowie eine prominent besetzte Gesprächsrunde zum Thema autonomer Dienstag mit Oberkirchenräten, Nahversorgern und Alleinerzieherinnen.

© Wolfgang Koch 2011

 

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