vonWolfgang Koch 09.08.2014

Wolfgang Kochs Wienblog

Vom letzten Glanz der Märchenstadt oder wie es sich an der blauen Donau gerade lebt.

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Das Leben belästigt uns bekanntlich mit einer endlosen Reihe totalisierender Fragen: Gibt es Gott? Was ist Kunst? Was ist im Kühlschrank? Warum gibt es überhaupt etwas, und nicht vielmehr nichts? Was kommt danach? …

Sigmund Freud hat so eine besonders tiefschürfende Frage, die Frage nach dem Sinn des Lebens, mit dem Hinweis, sie sei doch für das menschliche Gehirn »unterkomplex«, zurückgewiesen. Ganz ähnlich verfuhren bereits vor tausenden Jahren der Hindugeist und Buddha mit der Frage nach dem tieferen Grund des Sterbens für das Leben.

Ja, darf man denn das, soviel Arroganz zeigen? Ist die Frage nach der Gottesinstanz nicht so eine Art Berufsrechtfertigung für Geistliche und Theologen? Und können Künstler ohne die Frage, was Kunst sei, auch nur ein einziges Werk hervorbringen? Halten sie, die Kreativen, mit einer durchschlagenden Definition von Kunst nicht das Ergebnis ihres Tuns schon fast in den Händen? Bestimmt der Künstler nicht mit seiner Antwort, wann ein Werkprozess angeschlossen ist?

Doch, so ist es! Genau das tut der Künstler; häufig allerdings, ohne die Sache wirklich verbalisieren zu können. Der unvergessliche Dauerplapperer Wolfgang Neuss war zeitlebens überzeugt davon, dass wirkliche Kommunikation schweigend funktioniert. Ihm schwirrte ständig die Frage durch den Kopf, ob man so geschickt schweigen kann, dass man verstanden wird.

Womit wir einen schönes Beispiel dafür haben, dass die Frage, ob etwas Kunst ist oder nicht, den meisten Künstlern unangenehm und lästig ist. Jeder in Federn und Zahnräder vertiefte Uhrmacher würde sofort aufbrausen, wenn man ihn bei der Arbeit um eine Definition der Zeit bitten würde. Jede Ärztin schüttelt heute den Kopf, wenn ihre Patienten unter Gesundheit nur den Konsum von Medizin verstehen.

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Warum also soll es KünstlerInnen anders ergehen als den Professionisten auf anderen Gebiete? Alexander Nickl versucht die lästige Frage an eine Maschine abzugeben – ohne allerdings dabei seine Verantwortung für den Geist, der sie programmiert hat, abzustreiten.

Das Kunsterkennungsprogramm des KD-L47 erscheint auf den ersten Blick wie eine konsequente Weiterentwicklung jener Bilderkennungsprogramme, die in den letzten Jahren den rapiden Wettlauf aus den Labors zum Nutzer digitaler Technologien angetreten haben.

Irritiert bleibt, dass Nickl den KD-L47 selbst aber nicht nur als ein weiteres Werkzeug im Atelier ansehen will, sondern das Gerät selbst für ein Kunstwerk hält. Der Beweis dafür ist allerdings schlagend:

Der findige Techhead aus Deutschland hat mit seinem Team bereits ein zweites Gerät hergestellt und die beiden Ausführungen des Prototyps am 16. Juli 2014 direkt aufeinander angesetzt. In einer erstmaligen Versuchsanordnung wurden an diesem Tag die Prüfstrahlen von Gerät A und Gerät B abwechselnd und gleichzeitig aufeinander gerichtet. Testergebnis jeweils nach nur acht Sekunden: positiv.

Der KD-L47 erkennt sich selbst als Kunstwerk.

© Wolfgang Koch 2014

 

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